Abfahren, aussteigen, abhauen - sein Ritual ändert Bob-König Andre Lange auch vor dem letzten Rennen seiner glanzvollen Karriere nicht mehr.
Gespräche mit Konkurrenten oder Interviews sind für den erfolgreichsten Piloten aller Zeiten vor dem Wettkampf tabu.
Anschieber Kevin Kuske wird vorgeschickt, um alle Fragen nach dem Training zu beantworten. Lange befindet sich schon im Tunnel. Er analysiert die Läufe, tüftelt am Schlitten und will sich durch nichts von seinen Zielen abbringen lassen.
Ziel: erfolgreichster deutscher Mann
So hat er es in seiner 17-jährigen Laufbahn immer gemacht, so zieht er es auch vor dem olympischen Vierer-Wettbewerb im Whistler Sliding Centre durch. Der Oberhofer will ein letztes Kapitel Bob-Geschichte schreiben und sich zum erfolgreichsten deutschen Mann bei Winterspielen krönen.
"Es geht noch einmal um die Wurst. Wenn man seine Ziele erreicht, ist das super. Wenn sie so golden glänzen besonders schön", sagte Lange schon nach seinem Olympiasieg im Zweier.
Bis nach dem entscheidenden vierten Lauf am Samstag schweigt der viermalige Olympiasieger. Bei seiner "letzten Ausfahrt Whistler" will Lange mit der Konkurrenz noch einmal Schlitten fahren und seinen fünften Olympiasieg holen.
Drei Rekorde sind möglich
Damit würde der 36-Jährige gleich mehrere Bestmarken aufstellen. Nach seinen Goldfahrten 2002 in Salt Lake City und 2006 in Turin kann Lange als erster Pilot den olympischen Hattrick mit dem großen Schlitten schaffen. Zudem ist es noch keinem Fahrer gelungen, bei zwei aufeinanderfolgenden Winterspielen die Titel im Zweier und Vierer zu gewinnen. Fünfmal Gold hat zudem noch kein deutscher Sportler bei Winterspielen geholt.
Neben Lange feierten bisher nur die Biathleten Ricco Groß und Sven Fischer vier Olympiasiege. Doch diese Zahlenspiele interessieren ihn nicht. Konzentriert geht Lange den letzten Wettkampf an.
"Vierer eine besondere Herausforderung"
"Der Vierer wird eine besondere Herausforderung werden", meinte der deutsche Fahnenträger und ergänzte: "Nach dem Sieg im Zweier haben wir noch nicht viel gefeiert."
Die große Sause soll am Samstagabend in Whistler steigen. Doch trotz seines neuen "407er"-FES-Schlittens ist die Konkurrenz groß.
Besonders Weltmeister Steven Holcomb (USA) wird hoch gehandelt. Aber auch aus dem eigenen Lager droht Konkurrenz. "Wir wollen Andre noch einmal einen harten Kampf liefern", sagte Thomas Florschütz, der Olympiazweite mit dem kleinen Schlitten.
Als dritter deutscher Pilot geht Karl Angerer am Freitag um 13.00 Uhr Ortszeit (22.00 Uhr MEZ) in den Wettbewerb.
Entschärfte Bahn
Insgesamt gibt es vier Läufe auf der Hochgeschwindigkeitsbahn, die durch Eisabbau weiter entschärft wurde. Andre Lange musste im Vorfeld allerdings einen Rückschlag verkraften.
Anschieber Rene Hoppe trat die Reise wegen einer Wadenverletzung nicht an. Für ihn rückte Alexander Rödiger vom Angerer-Team in Bob Deutschland I.
Trotz des Ausfalls gilt Lange als Favorit. Davon ist auch Michael Vesper überzeugt. Andre werde auch im Vierer keine Ruhe geben. Schon jetzt habe er sich aber ein wenig unsterblich gemacht, meinte der Generalsekretär des Deutschen Olympischen Sportbundes.