Erst wenige Wochen ist es her, dass Angelique Kerber ihrem Idol zum ersten Mal gegenüber stand. Steffi Graf besuchte den neuen deutschen Tennisstar in der Umkleidekabine in Wimbledon.
Olympia kompakt: Ein Achter für die Ewigkeit
"Das war ein unglaubliches Gefühl. Aber wir haben ganz normal geredet und es war so, als wenn wir uns schon zehn Jahre kennen. Sie hat mir auch einige Tipps gegeben. Ich hatte Gänsehaut", sagte Kerber in einem Interview mit "Focus online" und gab zu: "Danach bin ich aus der Umkleide wieder hoch gesprintet und habe mich gefreut wie ein kleines Kind."
Viertelfinale am Donnerstag gegen Azarenka
Nun wird wieder in Wimbledon Tennis gespielt und Kerber ist nach einem Mittwoch der Schlachten die letzte deutsche Spielerin im Einzel, die eine Medaille holen kann. Die erste seit der silbernen von Graf in Barcelona 1992.
Und Kerber geht gestählt in das Duell mit der Weltranglisten-Ersten Victoria Azarenka am Donnerstag um 13 Uhr. Denn ihr Achtelfinale gegen Venus Williams (7:6, 7:6) war ein echter Krimi auf höchstem Niveau.
"Sie spielt auf Rasen unmenschlich. Gegen sie mit ihren harten Schlägen habe ich nie meinen Rhythmus gefunden. Umso erleichterter bin ich, dass ich doch noch gewonnen habe. Das Match war auch vom Kopf her sehr schwierig", sagte Kerber.
Sicher konnte die Deutsche das Match nicht so dominieren, wie sie das sonst gerne tut, dafür war die fünfmalige Wimbledon-Siegerin aber schlichtweg zu stark. Dass Kerber trotzdem die Nerven behalten und beide Sätze im Tiebreak - den ersten sogar nach 1:5-Rückstand - gewonnen hat, macht Mut für den weiteren Turnierverlauf.
Im Halbfinale droht Kerber die nächste Williams
Aber die 24-Jährige hütet sich, das böse Wort mit "M" allzu laut auszusprechen. Einmal tut sie es dennoch, und zwar um klarzustellen: "Über eine Medaille denke ich gar nicht nach. Ich konzentriere mich nur auf das nächste Match gegen Azarenka."
Sie tut gut daran, sich an dieser Floskel festzuhalten, denn der Weg bis zur Medaille ist noch sehr steinig. Selbst wenn Kerber Azarenka schlagen sollte, würde im Halbfinale die haushohe Favoritin Serena Williams warten. Die Wimbledon-Siegerin scheint im Moment auf Rasen nahezu unbesiegbar zu sein. Und zwei Bronzemedaillen gibt es nicht, die einzige wird im Spiel um Platz drei vergeben.
Lisicki verliert mitreißende Schlacht gegen Scharapowa
Bereits vorbei ist der Traum von der Einzelmedaille für Sabine Lisicki und Julia Görges. Sie verloren ihre Achtelfinals. Görges relativ glatt gegen Maria Kirilenko, Lisicki nach einer unglaublichen Schlacht gegen Maria Scharapowa (7:6, 4:6, 3:6).2 Stunden und 47 Minuten prügelten Lisicki und Scharapowa sich gegenseitig die Bälle um die Ohren. Lisicki gewann einen dramatischen Tiebreak im ersten Satz mit 10:8. Im zweiten lag sie 4:3 und 40:30 vorne, als sie zwei Doppelfehler hintereinander servierte. Der Bruch im Satz, Scharapowa holte das 6:4.
Im dritten gelang Lisicki zwar ein frühes Break, aber wie in jedem Satz gab sie es postwendend wieder her. So führte Scharapowa stetig, bekam das Geschehen von Minute zu Minute besser in den Griff und gewann am Ende folgerichtig mit 6:3.
Lisicki bleibt eine Hintertür zur Medaille
"Ich wollte unbedingt eine Medaille holen, aber es hat leider nicht geklappt", bekannte Lisicki ihren großen Ehrgeiz. "Ich habe mir jedoch nichts vorzuwerfen, denn ich habe attackiert, gekämpft, alles gegeben. Es war ein super Match. Ich habe gut gespielt, so gehe ich wenigstens mit einem guten Gefühl aus dem Turnier raus."
Ganz ausgeträumt ist ihr Traum vom Edelmetall übrigens noch nicht. Am Donnerstag tritt sie an der Seite von Christopher Kas im Mixed an. Eine Hintertür zu Edelmetall? "Wie im Einzel ist auch da die Auslosung schwer, aber wir versuchen, Spaß zu haben", sagte Lisicki.
Görges: Bester Sieg der Karriere bleibt
Görges hatte bei ihrer 6:7, 4:6-Pleite gegen Kirilenko wenig Spaß. Sie spielte zeitweise das für sie typische Power-Tennis, machte aber zu viele Fehler. "Sie hat verdient gewonnen, weil sie die Fehler nicht gemacht habe, die mir unterlaufen sind", gab sich Görges selbstkritisch.
Die 23-Jährige hatte sich das Olympia-Turnier schon in der ersten Runde durch den Sieg gegen Wimbledon-Finalistin Agnieszka Radwanska selbst zu einem Erfolg gemacht.
Ihr Fazit: "Sehr positiv. All die Erfahrung, die ich dabei gemacht habe, hier für Deutschland zu spielen, wird mir in der Zukunft bestimmt weiterhelfen. Immerhin kann ich aber jetzt sagen, dass ich schon einmal bei Olympischen Spielen dabei war und versucht habe, Deutschland mit allen Kräften zu vertreten. Außerdem habe ich gegen Radwanska den besten Sieg meiner Karriere gefeiert."
Olympia macht auch im Tennis einen Unterschied
Gemeinsam für Deutschland sind die drei angetreten, alle im weißen Oberteil mit dem Bundesadler über der Brust. Den richtigen Spirit hatten sie, auch wenn nur noch eine übrig ist.
"Es ist schon ein anderes Gefühl, für dein Land zu spielen, obwohl die Abläufe mit den Trainern und alle anderen Dinge auf dem Platz eigentlich genauso sind wie immer. Ich zum Beispiel war in diesem Olympia-Turnier viel entspannter als sonst und habe alles genossen. Das erlebt man eben nur alle vier Jahre, nicht jede Woche aufs Neue, wie das sonst bei uns der Fall ist", beschrieb Görges die Gemütslage der deutschen Damen am eigenen Beispiel.
Sie fliegt schon am Donnerstag zurück in die Heimat, weil die Vorbereitung auf die US Open vor der Tür steht. Das heißt aber natürlich nicht, dass sie Kerber nicht die Daumen drücken würde.
"Es ist ein langer Weg, hier eine Medaille zu gewinnen. Auch wenn ich von denen keine bekommen werde, nehme ich persönlich wahnsinnig viel mit. Und ich freue mich umso mehr, wenn eine andere Deutsche die Medaille holt."