Nach dem olympischen Fehlstart suchte Florian Wellbrock noch nach Erklärungen, als Lukas Märtens seinem historischen Goldcoup gleich das nächste starke Finale folgen ließ.
Der Shootingstar aus Magdeburg kraulte vor 17.000 Zuschauern im Rugbystadion La Defense zwei Tage nach seinem Triumph über 400 m über die halbe Distanz bis zur letzten Wende auf Siegkurs - und deutete damit bei den deutschen Schwimmern eine Wachablösung an, auch wenn es nicht ganz zur zweiten Medaille reichte.
"Es war ein sehr mutiges Rennen, ich hatte Bock zu fighten und habe bis zum Schluss gekämpft", sagte der 22-Jährige, der am Ende in 1:45,46 Minuten Fünfter wurde: "Ich wollte eine Medaille, aber bin es zu schnell angegangen. Viel zu schnell."
Neun Stunden zuvor hatte sein prominenter Trainingskollege Wellbrock, vor drei Jahren in Tokio noch mit Gold und Bronze der Retter seiner kriselnden Sportart, ein bitteres Deja-vu erlebt: Wie schon bei den letzten beiden Weltmeisterschaften schied der Freiwasser-Olympiasieger über 800 m im Vorlauf aus - diesmal mit riesigem Abstand zur Weltspitze.
Die Zweifel sind vor seinen Paradedisziplinen 1500 m und zehn Kilometer wieder da, auch wenn er sagte: "Beunruhigen tut mich das nicht."
Märtens: Erst auf der letzten Bahn zieht die Konkurrenz vorbei
Märtens, vier Jahre jünger, bewies am Montagabend über 200 m erneut, dass er trotz einer schwierigen Saison mit vielen gesundheitlichen Problemen derzeit der stärkste deutsche Schwimmer ist.
Erst auf der letzten Bahn zog die Konkurrenz mit dem rumänischen Doppel-Europameister David Popovici an der Spitze vorbei. Märtens, der sich am Samstagabend zum ersten deutschen Schwimm-Olympiasieger im Becken seit 1988 gekrönt hatte, musste sich nach 1:45,46 mit Rang fünf begnügen.
Zeit zum Durchpusten hat Märtens wieder nicht, denn schon am Dienstagmorgen steht der Vorlauf mit der 4x200-m-Staffel auf dem Programm. Bereits nach seinem Goldrennen hatte er nur wenig Schlaf gefunden, trotzdem spulte er am nächsten Tag souverän die beiden ersten Durchgänge über 200 m ab.
Wellbrock "doch ein bisschen überrascht"
Wellbrock war nach dem enttäuschenden zwölften Platz am Vormittag in schwachen 7:47,91 Minuten "doch ein bisschen überrascht". Denn eigentlich hatte er sich gut gefühlt - bereit, nach sich häufenden Rückschlägen in den letzten beiden Jahren seinen Platz in der Weltspitze wieder einzunehmen.
Eigentlich hatte sich der sechsmalige Weltmeister gar nicht für die 800 m qualifiziert. Weil aber sein Trainingskollege Oliver Klemet verzichtete, rückte er nach. "Durch einen glücklichen Zufall habe ich die Strecke bekommen und konnte sie als Einstieg nutzen. Für meine beiden Topstrecken, die jetzt noch kommen, war das wichtig", meinte Wellbrock, der vor den Spielen als Medaillenkandidat über 1500 m und im Freiwasser galt. "Deswegen: Augen nach vorne, zwei Rennen kommen noch."
Doch der Trend ist nicht positiv: 2021 hatte Wellbrock über 800 m noch lange auf Goldkurs gelegen und am Ende knapp eine Medaille verpasst, jetzt war auch der WM-Vierte Sven Schwarz, der in 7:43,67 als Sechster in den Endlauf am Dienstag einzog, vier Sekunden schneller.
Nach der WM 2022 mit fünf Medaillen bei fünf Starts häuften sich die Enttäuschungen: Ein Jahr später in Japan scheiterte Wellbrock nach dem Doppeltriumph im Freiwasser in beiden Beckenvorläufen, im Februar in Katar schwamm er im Meer deutlich hinterher.