Jutta Müller mit 94 Jahren gestorben: Die Frau, die Kati Witt erschuf

SID
Jutta Müller (r.) und Katarina Witt 1994 bei den Olympischen Spielen in Lillehammer.
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Jutta Müller ist tot. Die erfolgreichste Eiskunstlauf-Trainerin der Geschichte formte Katarina Witt zu einer unsterblichen Legende des Sports. Am Donnerstag starb sie mit 94 Jahren in einem Pflegeheim in der Nähe von Berlin.

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Viele Jahre später konnte Katarina Witt herzlich über die kleine Anekdote lachen. Sie habe nach langem Training in der kalten Halle einfach keine Lust mehr gehabt, diesen verdammten Flip dreifach zu springen, erzählte Deutschlands Eiskönigin einst dem MDR. Aber da stand diese kleine energische Frau mit ihrer übergroßen Präsenz und ließ nicht locker: "Frau Müller hat gesagt, du bleibst jetzt solange auf dem Eis, bis du dreifach gesprungen bist. Ist mir egal, ob du hinfällst oder nicht, aber ich will den Dreifachen sehen."

Jutta Müller, die Frau im legendären Nerzmantel, behängt mit Goldschmuck und stets perfekt geschminkt, die Frau, die Katarina Witt zu einer unsterblichen Legende des Sports formte, ist tot. Sie starb am Donnerstag mit 94 Jahren in einem Pflegeheim in Bernau in der Nähe von Berlin. Vor einem Jahr hatte ihre Tochter Gaby Seyfert die Mutter in ihre Nähe geholt, bis dahin hatte Jutta Müller in ihrer geliebten Heimatstadt Chemnitz gelebt.

Dort kommt sie im Dezember 1928 zur Welt. Sie ist ein kleines schmächtiges Kind, das schon mit drei Jahren Ballett-Unterricht nimmt und nach dem Zweiten Weltkrieg als Eis- und Rollkunstläuferin in der DDR beachtliche Erfolge feiert. Doch Jutta Müller verfolgt nicht unbedingt die eigene Karriere auf Rollen und Kufen, mit 26 Jahren beginnt sie ihr Trainerstudium in Leipzig und steigt ein Jahr später als Eiskunstlauftrainerin beim SC Wismut Karl-Marx-Stadt ein. Von dort aus erobern ihre Schützlinge in den folgenden Jahrzehnten im wahrsten Sinne des Wortes den Olymp.

Jutta Müller nimmt Kati Witt 1977 unter ihre Fittiche

Der große Erfolg kommt mit der eigenen Tochter. 1969 wird Gaby Seyfert Europameisterin auf dem Eis, die erste aus der DDR. Ihr Verhältnis zur strengen Mutter ist nicht unbelastet, Jutta Müller rebelliert geradezu, als ein potenzieller Schwiegersohn auftaucht. Der Bruch mit der Tochter untermauert den Ruf, der ihr vorauseilt: unnachgiebig, knallhart, ehrgeizig, diszipliniert bis hin zur Selbstaufgabe. "Über eine einzige Praline zu viel konnte man den größten Ärger mit ihr kriegen", erinnerte sich Katarina Witt.

Nach Gaby Seyfert schickt Jutta Müller viele große Namen auf das Eis. Günter Zöller, Jan Hoffmann, Sonja Morgenstern, Marion Weber, Anett Pötzsch, um nur einige von ihnen zu nennen. Hinter vorgehaltener Hand wird stets über die Strenge und die Auftritte von Jutta Müller bei internationalen Wettbewerben gelästert und getratscht, doch alle Kritik prallt an der Frau mit dem strengen Haarknoten und dem stoischen Gesichtsausdruck ab. "Sie war in meinem ganzen Leben die einzige, die mich anschreien durfte", sagte Katarina Witt in der MDR-Sendung zum 90. Geburtstag ihrer Entdeckerin: "Und das war nicht so selten."

Ja, Katarina Witt. 1977 nimmt Jutta Müller die "Kati" unter ihre Fittiche. Einfach und harmonisch ist diese Kombination aus strenger Trainerin und einer bockigen Zwölfjährigen nicht. Aber die Geschichte wird zu einer Legende, zu einer Saga des Sports, nicht nur des deutschen Sports. Jutta Müller musste bei aller Ernsthaftigkeit immer ein bisschen schmunzeln, wenn sie über die junge Katarina Witt erzählte. Türen seien da schon mal etwas lauter zugeknallt worden, aber letztlich habe der Erfolg ihnen ja recht gegeben.

Calgary 1988: Das zweite gemeinsame Gold

1988 zum Beispiel, an einem kalten kanadischen Februartag im riesigen Saddledome von Calgary. Katarina Witt zappelt ein bisschen hin und her, unruhig, angespannt, sichtlich nervös tritt sie von einem Bein auf das andere. Vor ihr steht Jutta Müller, eine Hand auf Katarinas Arm, leise auf sie einsprechend. Dann klopft Jutta Müller zweimal auf die Bande, das tut sie immer, wenn Katarina Witt auf das Eis gleitet. Das Ende ist bekannt, zweites olympisches Gold nach Sarajevo 1984.

Auch bei ihrem dritten Olympia 1994 in Lillehammer hat "La Witt" Jutta Müller an ihrer Seite. Mit dem immer wieder aktuellen "Sag mir, wo die Blumen sind", wird sie mit 28 Jahren und nach langer Pause noch einmal Siebte. Nach der Wende verzichtet die Deutsche Eislauf-Union auf die Dienste von Jutta Müller, zu umstritten und überholt seien ihre Trainingsmethoden gewesen, heißt es damals höchst inoffiziell.

Ach so: Hat Katarina Witt eigentlich damals diesen verdammten dreifachen Flip hingekriegt? "Ja, bin auf dem Hintern gelandet." Und Jutta Müller? "Die war schon längst wieder ganz woanders."

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