Cathleen Martini holte sich einen Belohnungskuss von ihrem Freund ab, Sandra Kiriasis nickte ihrer Teamkollegin anerkennend zu: Zum Auftakt der Bob-WM in Königssee haben die beiden deutschen Top-Pilotinnen die Rollen getauscht. Während Titelfavoritin Kiriasis als Vierte nach zwei Läufen die hohen Erwartungen noch nicht erfüllen konnte, liegt ausgerechnet die in diesem Winter nur selten überzeugende Martini auf Gold-Kurs. Die Entscheidung fällt am Samstag in zwei weiteren Durchgängen.
"Die Führung fühlt sich gut an, setzt mich aber nicht unter Druck. Alles kann, nichts muss", sagte eine sichtlich entspannte Martini. Nicht so sehr der Vorsprung auf die Amerikanerin Shauna Rohbock (+0,11 Sekunden), die kanadische Olympiasiegerin Kaillie Humphries (+0,18) und Weltcupgesamtsiegerin Kiriasis (+0,19) war der Grund für ihre Gelassenheit. "Die kurze Pause vor der WM hat uns gut getan. Wir haben wieder Spaß am Bobfahren", sagte die 28-Jährige aus Oberbärenburg.
In der Weltcupsaison hatte die Europameisterin von 2010 trotz ihres zweiten Platzes in der Gesamtwertung alles andere als geglänzt. Nur ein einziger Sieg im zweiten Rennen in Calgary ging auf ihr Konto - und das auch noch ohne ihre Stammanschieberin Romy Logsch. Die Sächsin stieg nach ihrem Sturz bei Olympia in Vancouver verletzungsbedingt erst im Januar wieder in Martinis Bob.
Martini hat Konkurrenz noch nicht abgeschrieben
"Wir haben uns erst wieder finden müssen", sagte Martini. Die WM-Zweite von 2008 hat die Konkurrenz aber noch lange nicht abgeschrieben, zumal sie selbst auf der für 22 Millionen Euro modernisierten ältesten Kunsteisbahn der Welt in beiden Läufen nicht fehlerfrei war. "Diejenige, die die wenigsten Fehler macht, steht hier am Ende ganz oben. Ich hoffe, das bin ich", sagte Martini.
Die mit Goldambitionen angereiste Kiriasis verspielte eine bessere Platzierung zur Halbzeit im ersten Durchgang, als sie große Probleme mit den Kurvenausfahrten hatte. Dank Bestzeit und Bahnrekord im zweiten Durchgang sind die Podestplätze aber wieder in Reichweite. "Aufgeben gibt es bei mir nicht", sagte die Olympiasiegerin von 2006.
Anja Schneiderheinze-Stöckel (Winterberg) beendete bei ihrem WM-Debüt als Pilotin die ersten beiden Durchgänge als Sechste (+0,74).
Männer starten am Samstag
Am Samstag steigen auch die Männer mit den ersten beiden Läufen im Zweier ins Wettkampfgeschehen ein. Vierer-Weltcupgesamtsieger Manuel Machata (Potsdam) werden bei seinem WM-Debüt ebenso Siegchancen eingeräumt wie dem Olympia-Zweiten Thomas Florschütz (Riesa). Karl Angerer aus Königssee und Junioren-Weltmeister Francesco Friedrich (Oberbärenburg) komplettieren das deutsche Teilnehmerfeld.
Am Donnerstagabend war die Bob- und Skeleton-WM mit einem Einmarsch der teilnehmenden Athleten und einem Feuerwerk feierlich eröffnet worden. Thomas Bach, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), wies auf den enormen Stellenwert der Titelkämpfe für die Münchner Bewerbung zur Austragung der Olympischen Winterspiele 2018 hin.
"Zeigen Sie, dass die Gäste und Athleten hier willkommen sind. Zeigen Sie, dass Sie diese Spiele wirklich wollen, denn nur dann können wir auch andere überzeugen", sagte Bach an die Zuschauer gerichtet.