Es war schon dunkel in Sölden, und bei der Siegerehrung im Ortskern drängten sich weit über 1000 Menschen vor der Bühne, als Viktoria Rebensburg doch noch die "Becker-Faust" auspackte.
Es war die Geste, die sie nach ihrem Olympiasieg im Februar immer wieder gezeigt hatte, im Überschwang, glückstrunken. Und auch, wenn der Erfolg zum Saisonstart in Österreich in seiner Wirkung nicht mit einer Goldmedaille vergleichbar ist: für Rebensburg war er ein ganz besonderer - das machte nicht nur die "Becker-Faust" deutlich.
Rebensburg total erleichtert
"Ich genieße es total", sagte Rebensburg, "und ich bin erleichtert." Denn vor dem ersten Rennen des Winters war sie doch "für meine Verhältnisse recht nervös" gewesen. Sie startete mit der Nummer 1, aber das war nicht der Hauptgrund für ihre Aufregung. Die 21-Jährige hatte sich selbst unter Druck gesetzt, weil sie in Whistler auf den Olymp gefahren war, ohne zuvor ein Weltcup-Rennen gewonnen zu haben. Diesen "Makel", wie sie selbst es nannte, hat sie nun auf dem Rettenbachgletscher getilgt.
"Wahnsinn! Ich bin total froh, dass ich jetzt meinen ersten Weltcup-Sieg eingefahren und bewiesen habe, dass Olympia keine Eintagsfliege war", sagte sie nach dem Sieg, den sie vor ihrer Teamkollegin, der Weltmeisterin Kathrin Hölzl, errungen hatte. Maria Riesch als Fünfte komplettierte das deutsche Glück und machte den Traum-Einstand für den neuen Cheftrainer Thomas Stauffer perfekt. Wie das gesamte Team freute sich der Schweizer "besonders" für Rebensburg.
Die wurde bei der Pokalübergabe von ihren Teamkolleginnen Hölzl und Riesch umarmt und geherzt. Als die deutsche Nationalhymne eingespielt wurde, schaute Riesch immer wieder lächelnd hoch zu Rebensburg, die Doppel-Olympiasiegerin gönnte der Jüngeren den Erfolg und die rund 23.000 Euro Preisgeld sichtlich. "Wir haben so ein gutes Verhältnis im Team. Die Katy, die Maria und ich, wir pushen uns immer gegenseitig. Das motiviert extrem", sagte Rebensburg.
Erster deutscher Sieg in Sölden seit Martina Ertl
Die "Viki", wie Rebensburg in der Mannschaft genannt wird, ließ sich so zum ersten deutschen Sieg in Sölden seit Martina Ertl 2003 treiben. Ertl spielt im Leben von Viktoria Rebensburg aber auch noch eine andere, wichtigere Rolle. Die frühere Weltklasse-Fahrerin sei "der aussschlaggebende Moment" dafür gewesen, "dass ich meinen Manager gewechselt habe", berichtete Rebensburg. Sie ist jetzt beim ehemaligen Fußball-Profi Roman Grill unter Vertrag, will die Beziehung "aber nicht auf das Finanzielle reduzieren. Es passt einfach sehr gut."
Grill soll Rebensburg, die aus Kreuth am Tegernsee stammt, besonders in der bayerischen Heimat noch stärker positionieren. "Erkannt werde ich schon", sagte Rebensburg über ihren durch Olympia gemehrten Ruhm, "aber ich hoffe schon, dass es noch ein bisschen mehr wird." Anders als etwa Maria Riesch meidet sie jedoch das Rampenlicht.
Ein Auftritt in einer Fernsehshow hier, ein Interview im Aktuellen Sportstudio da - viel mehr ist da nicht. Ihr Privatleben hält sie privat, "das ist mein Rückzugsgebiet, und das soll auch so bleiben".
Ziel ist nun Medaille in Garmisch
Rebensburg konzentriert sich lieber aufs Sportliche, schließlich "gibt es noch so viele Dinge zu gewinnen". Nach dem ersten Weltcup-Coup will sie "eine Medaille" bei der Heim-WM in Garmisch "und die Kugel" für die Disziplinbeste des Winters, die im Vorjahr Hölzl gewann.Dass sie nebenbei Sportmanagement studiert, behindert sie auf dem Weg nach oben nicht, sagt sie. Im deutschen Team gilt sie ohnehin längst als potenzielle Seriensiegerin. "Sie hat sicher das Zeug dazu", sagte Alpindirektor Wolfgang Maier.
Die "Becker-Faust" a la Rebensburg wird wohl noch häufiger zu sehen sein.