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Khabib Nurmagomedov vor UFC 229 im Porträt: Der mit dem Bären ringt

Von Ben Barthmann
Khabib Nurmagomedov trifft am 7. Oktober auf Conor McGregor.
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Am 7. Oktober trifft Khabib Nurmagomedov in Las Vegas auf Conor McGregor (So., 4 Uhr live auf DAZN). Wer ist der 30-jährige Russe, der sich in Abwesenheit McGregors den Titel im Leichtgewicht gesichert hat und ihn bei UFC 229 verteidigen will?

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Dagestan ist ein unbarmherziges Stück Land. Die Republik im russischen Nordkaukasus ist felsig, rau und unnahbar. Im Sommer flimmern 40 Grad Celsius über die Steppe, im Winter durchqueren Wölfe die dichte Schneedecke. Khabib Nurmagomedov ist hier aufgewachsen.

Vor den Türen tobte der erste Tschetschenien-Krieg, während Vater Abdulmanap Nurmagomedov Khabib und seinen Bruder im Kampfsport unterrichtete. Nicht untypisch für diese Gegend begannen beide im Alter von rund drei Jahren mit dem Wrestling.

Der Familienvater betrieb im Erdgeschoss seines Hauses ein eigenes Trainingszentrum, in dem er Kindern seine Erfahrung aus vielen Jahren beim Militär vermittelte. Khabib stand mit fünf Jahren zum ersten Mal im Ring, mit 15 Jahren waren seine größten Aufgaben die Schule und das Zufriedenstellen seines strengen Vaters.

Khabib mit Vergangenheit im Sambo

Knapp zwei Jahrzehnte später ist aus dem Jungen aus Sildi der - das legen seine 5,5 Millionen Instagram-Follower nahe - bekannteste russische Athlet geworden. 26-0 lautet seine Bilanz, am 7. Oktober trifft er in Las Vegas im Main Event von UFC 229 auf Conor McGregor.

Es war ein langer Weg bis dorthin, gezeichnet von vielen Erfolgen. Die Vergangenheit in Dagestan bestimmt aber noch immer den Charakter Khabibs. 2009 und 2010 gewann er die Weltmeisterschaft in der russischen Kampfsportart Sambo, 2018 wurde er zum ersten muslimischen und ersten russischen Titelträger der UFC.

Das Training seines Vaters hat den mittlerweile 30-Jährigen an die Spitze der Leichtgewicht-Division getrieben. Hervorragende Takedowns zwingen seine Gegner auf den Boden, wo Khabib bislang jedem überlegen schien.

Die UFC-Kämpfe von Khabib Nurmagomedov

ErgebnisProfi-RekordWettbewerbGegnerDatum
Sieg (Submission)17-0UFC on FXKamal Shalorus20. Januar 2012
Sieg (Punktentscheidung)18-0UFC 148Gleison Tibau7. Juli 2012
Sieg (KO)19-0UFC on FThiago Tavares19. Januar 2013
Sieg (Punktentscheidung)20-0UFC 160Abel Trujillo25. Mai 2013
Sieg (Punktentscheidung)21-0UFC 165Pat Healy21. September 2013
Sieg (Punktentscheidung)22-0UFC on FOXRafael dos Anjos19. April 2014
Sieg (TKO)23-0UFC on FOXDarrell Horcher16. April 2016
Sieg (Submission)24-0UFC 205Michael Johnson12. November 2016
Sieg (Punktentscheidung)25-0UFC 219Edson Barboza30. Dezember 2017
Sieg (Punktentscheidung)26-0UFC 223AI laquinta7. April 2018

"Wir haben eine andere Mentalität"

Zwischendrin bezeichnet er sich gerne als "humble" (engl.: demütig). Er ist kein Lautsprecher, kein Selbstdarsteller. Das mag daran liegen, dass Khabib noch immer eine Sprachbarriere vor sich herträgt, aber auch an seiner Vergangenheit.

Für ihn gibt es nur den Kampf. Er hat in seinem Leben bislang noch nicht viele andere Dinge gemacht. Während seine Frau in den Wehen lag und sein zweites Kind gebar, stand Khabib gegen Edson Barboza im Octagon.

Auf die Frage hin, warum er seiner Frau nicht beistehen wollte, hatte der Russe keine Antwort: "Warum? Warum hätte man mich dort gebraucht? Wir haben eine andere Mentalität." Gott habe ihr geholfen, mehr sei nicht nötig gewesen.

Khabib, der Sonderling

Khabib ist ein Sonderling in einem Sport, der ohnehin schon überdurchschnittlich viele Sonderlinge anzieht. Das mag ein Handicap sein im Wortgefecht mit dem eloquenten McGregor, trägt aber auch seinen Teil zum Image des Leichtgewichts bei.

Er ist anders, ein Außenseiter mit einer Vergangenheit, die sich der durchschnittliche westliche Mensch kaum vorstellen kann. Sie verstehen Khabib nicht. Seine Treue zum strengen Vater, seine Ansichten, seine teils - für westliche Ohren - verqueren Promos.

Das hat sich McGregor bislang zu Eigen gemacht und seinen Gegner in den letzten Jahren, so lange zieht sich der Trashtalk schon, immer mehr in die Randrolle des komischen Russen gedrängt. Khabib befeuert das, ob aus Absicht oder Unwissenheit.

Die Kopfbedeckung von Khabib Nurmagomedov ist ein Symbol für Dagestan.
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Die Kopfbedeckung von Khabib Nurmagomedov ist ein Symbol für Dagestan.

Khabib-Perücke als Zeichen Dagestans

Seine weiße Perücke ist eigentlich ein Hut, den die Soldaten Dagestans tragen. Schon darüber machte sich McGregor lustig. Auf der großen Pressekonferenz vor UFC 229 präsentierte sich der Ire großzügig und reichte seinem muslimischen Gegenüber irischen Whiskey.

Die besten Angriffsmöglichkeiten liegen in der Vergangenheit von Khabib. Auf dem Weg zu einem Kampfsport-Profi hat er viel Geld gebraucht und dafür Pakte mit umstrittenen Personen geschlossen.

Seine enge Beziehung zu Geschäftsmann Ziyavudin Magomedov, der in Russland kürzlich zu einer Haftstrafe bis Ende 2018 verurteilt wurde, wurde Ziel einer McGregor-Tirade. Ebenso wie der fragwürdige Kontakt zu Ramzan Kadyrov.

Der Einfluss von Diktator Kadyrov

Der Präsident Tschetscheniens würde von den meisten wohl eher als Diktator bezeichnet werden. Ihm werden Mord, Folter und Korruption vorgeworfen, auf einem Foto mit Khabibs Vater grinst er über beide Backen. Bildunterschrift: "Zusammen sind wir stärker."

Kadyrov gilt als einer der größeren Förderer hinter der Karriere von Khabib, hält allerdings allgemein engen Kontakt zu aktuellen und Ex-Stars der UFC.

Gleiches galt für Khabibs ehemaligen Berater Ali Abdelaziz, der seit langer Zeit mit Kadyrov sowie Scheich Khalid aus Bahrain zusammenarbeitet. Abdelaziz' Vergangenheit als geschasster Informant des FBI ist düster und undurchschaubar, was McGregor zur Aussage trieb, er sei ein "Terroristischer Spitzel".

Zwischen Exot und goldener Eintrittskarte

Mit diesen Verbindungen im Hinterkopf bleibt die Frage, wie diese in Bezug auf Khabib zu beurteilen sind. Das Geld aus der Politik hat ihm zumindest die große Karriere ermöglicht, die er gerade erlebt. Sie haben ihm ein Leben für den Kampf ermöglicht.

Khabib ist aber gleichermaßen für Kadyrov, Magomedov oder Sheikh Khalid das große Ass im Ärmel, um sich Zutritt in die UFC zu verschaffen. Sie haben es auch schon mit anderen Kämpfern versucht, aber der "Adler" ist das große Zugpferd.

Dass sein Gegenüber aus harten Zeiten auf den irischen Straßen Verbindungen zu mindestens Kleinkriminellen hält, wurde im Vorfeld geschickt unter den Tisch gekehrt. Wenn Khabib in Las Vegas das Octagon betritt, wird er der Exot sein, fast schon ein Staatsfeind.

27 Jahre Wrestling und Grappling

Rein sportlich gesehen wartet auf McGregor eine enorme Herausforderung. Khabib ist schnell, unglaublich zäh und im Nahkampf bislang nicht aufzuhalten gewesen. Sein Wrestling ist in 27 Jahren perfektioniert worden, daran besteht kein Zweifel.

Entsprechend verwunderte Striking-Trainer Javier Mendez vor dem Kampf mit der Aussage, Khabib würde mit McGregor auch nicht das Duell im Stehen meiden: "Viele Leute unterschätzen sein Standup. Conor sollte sich nicht darauf verlassen, dass er nur wrestlen muss."

Artem Lobov aus dem McGregor-Team sah das anders: "Khabib hat kein Striking." Es wird einer der Schlüsselfaktoren des Kampfes werden, wie sich Khabib und McGregor begegnen. Zumal der Ire durch seinen Ausflug ins Boxen nochmals Fortschritte gemacht hat.

Khabib dachte ans Karriereende

Khabibs 26-0-Karriere basiert auf einer Menge Aufgaben, wohl hat er aber auch einige TKOs verbucht. Tatsächlich hat Khabib gar noch nie eine Runde verloren. Wurde der Kampf nach Zeit gewertet, war der Russe stets klar vorne.

2012 gelang ihm gegen Gleison Tibau kein einziger Takedown, bisher sein schwierigster Kampf. Dass Khabib per Unanimous Decision dennoch zum Sieger erklärt wurde, ist vielen Kritikern bis heute ein Rätsel.

Wohl aber hat Khabib nicht immer nur Erfolge gefeiert. Zwischen April 2014 und April 2016 warfen ihn Verletzungen immer wieder zurück, sogar ein Karriereende stand im Raum. Doch er kehrte auf Drängen seines Vaters zurück und gewann zwei Jahre später den ersten Titel.

Die Rolle von AI laquinta

Diesen Titel wird er bei UFC 229 zum ersten Mal verteidigen - ohne ihn jemals einem Titelträger abgenommen zu haben. Khabib erhielt den Titel im Leichtgewicht aufgrund der Inaktivität von McGregor sowie den Verletzungen von Interimschampion Tony Ferguson, dessen Ersatz Max Holloway und einem letztlichen Sieg über die Nummer elf der Rangliste AI laquinta.

Ein Novum in der UFC, das dem Russen bis heute eine Menge Kritik einbringt. Der Kampf gegen McGregor wird zur Bestätigung seiner Leistungen stilisiert, wird Khabib doch auch als Champion vorgeworfen, den wirklich schweren Gegner stets entkommen zu sein.

Es wird sich zeigen, was härter schleift: Die kalte Berglandschaft Dagestans oder die irischen Straßen von Dublin. Wer in seiner Jugend Bären niedergerungen hat, wie es Khabib angeblich mehrfach getan hat, wird wohl auch McGregor auf den Boden zwingen können. Was Khabib daraus macht, bleibt abzuwarten.

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