Angelique Kerber hat in den vergangenen Monaten einige attraktive Ausflüge unternommen. Erst der Urlaub auf Mauritius, dann eine coole Geburtstagsparty im noblen Monaco. Und das alles zusammen mit der weltbesten Tennisspielerin, Caroline Wozniacki, die zu den engsten Freundinnen von Kerber zählt.
Kerber denkt gerne daran zurück, doch in den Tagen der US Open in New York hat sie statt Glanz und Glamour die knallharte Maloche schätzen gelernt.
"Die Fitness ist der entscheidende Schlüssel für meinen Erfolg. Aber ich hätte nicht gedacht, dass sich die guten Ergebnisse so schnell einstellen", sagte die Kielerin, die am Dienstag im ersten Grand-Slam-Viertelfinale ihres Lebens auf Scharapowa-Bezwingerin Flavia Pennetta (Italien) trifft.
Getreu ihrem Lebensmotto "Lebe deinen Traum" hat die deutsche Nummer fünf die Runde der letzten Vier ins Visier genommen. Das hätte die 23-Jährige vor Monaten noch für undenkbar gehalten. "Jetzt weiß ich aber", sagt Kerber, "dass ich oben mitspielen kann."
"Habe nicht an mich geglaubt"
Spät, aber noch nicht zu spät scheint Kerber die Kurve gekriegt zu haben. Nach Jahren zwischen Lust und Frust, mit Höhen und Tiefen, aber ohne den entscheidenden Durchbruch. "Ich habe nicht wirklich an mich geglaubt und hatte Zweifel", sagte die Linkshänderin im Rückblick auf viel verschenkte Zeit.
Erst nach zehn Erstrundenpleiten und dem Absturz von Rang 45 bis auf Platz 107 in diesem Jahr zog Kerber vor der Hartplatzsaison die Reißleine: "Ich wusste, dass sich etwas ändern muss." Zusammen mit Andrea Petkovic absolvierte sie in der Academy der beiden Profis Rainer Schüttler und Alexander Waske in Offenbach ein dreiwöchiges Intensivtraining mit Schwerpunkt Fitness. "Schon da habe ich gemerkt, dass Angie bald die Top 30 knacken wird", erzählte Petkovic.
Kerber übte zudem Verzicht, stellte die Ernährung um und ließ unter anderem die Süßigkeiten weg. "Da muss man stark sein. Aber ich sehe ja die Erfolge, da fällt es leichter", sagte die introvertierte Norddeutsche mit den polnischen Wurzeln.
Kerber schon in Dallas im Halbfinale
Bereits beim Turnier in Dallas vor zwei Wochen zahlte sich die Schinderei aus. Kerber kam bis ins Halbfinale und zeigte selbst bei texanischer Gluthitze von bis zu 45 Grad Celsius keine Ermüdungserscheinungen. "Da wäre ich früher auf dem Platz gestorben. Aber jetzt bin ich eben fit", sagte die Kielerin, die von Benjamin Ebrahimzadeh betreut wird - einem Trainer der Offenbacher Academy.
Und Kerber hat Lunte gerochen. Sogar den zweiten Einzelplatz im Fed-Cup-Team hat sie ins Visier genommen, dabei war der Mannschafts-Wettbewerb zuletzt der wunde Punkt. Kerber nahm Teamchefin Barbara Rittner lange die Nichtnominierung für das Heimspiel gegen die USA (5:0) im April übel.
Der polnische Verband roch den Braten und buhlte um Kerber, doch die will für Deutschland spielen. "Ich stehe bereit", betonte der Blondschopf. Und da greift Kerbers zweites Lebensmotto, das da heißt: "Immer nach vorne schauen, nie zurück."
Lisicki ohne Rhythmus
Sabine Lisicki dagegen blieb im Rampenlicht von New York eine weitere Sternstunde verwehrt: Ausgerechnet bei ihrem ersten Abendspiel im größten Tennisstadion der Welt versagte die stärkste Waffe der 21-Jährigen.
"Vom Anfang bis zum Ende habe ich keinen Rhythmus bei meinem Aufschlag gefunden. Das ist umso enttäuschender, weil die Atmosphäre einfach toll war", sagte Lisicki nach ihrer 2:6, 3:6-Niederlage gegen die Weltranglistenzweite Wera Swonarewa (Russland) im Achtelfinale.
Doch bereits kurz vor Mitternacht ging für Sabine Lisicki die Sonne wieder auf. "Ich kann schon stolz auf das sein, was ich in den letzten Monaten erreicht habe", sagte die Nummer 18 der Welt selbstbewusst. Und schickte gleich noch eine deutliche Ansage hinterher: "Ich werde weiter hart arbeiten, meine Zeit wird noch kommen."
Die WTA-Weltrangliste