Nach Wochen der Vorbereitung gab es für Ralph Denk keine Zeit mehr zu verlieren. Kaum hatte er Platz genommen, schleuderte der Manager seine Neuigkeit auch schon in die Radsportwelt. "Der Deal ist durch", sagte Denk - und meinte damit die Mehrheitsübernahme von seinem Herzensprojekt, dem deutschen Radrennstall Bora-hansgrohe, durch Red Bull: "Viel Papierkram liegt hinter uns, jetzt können wir nach vorne schauen."
Monatelang war im Hintergrund an den Details gefeilt worden, nun, wenige Tage vor Beginn des Giro d'Italia in der Nähe von Turin, herrscht also Klarheit. Auch, was das zukünftige Branding des Teams angeht. Bereits zur Tour de France (ab 29. Juni) wird der neue Sponsor deutlich präsent sein, wie Denk erklärte. Der Name des Teams werde sich bis zu diesem Zeitpunkt in Red Bull-Bora-hansgrohe geändert haben, die Trikots, Helme und Räderdesigns werden angepasst.
"Wir werden ein komplett neues Branding haben. Da liegt noch eine Menge Arbeit vor mir und dem ganzen Team", sagte Denk. "Aber es ist auch eine aufregende Zeit, weil jeder sieht, dass das Projekt immer größer und größer wird."
Bereits Ende Januar hatte die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde Grünes Licht für die Mehrheitsübernahme der Betreibergesellschaft von Bora-hansgrohe durch den Getränkeriesen gegeben. "Wir sind superglücklich über dieses Joint Venture", sagte Denk und sprach von einem "großen Add-On für unsere Zukunft".
Die sieht nun tatsächlich rosig aus beim ehemals zweitklassigen Rennstall aus Raubling. Auch die bisherigen Branchenführer dürften am frühen Donnerstagabend eine Erschütterung der Macht vernommen haben. Ob Ineos Grenadiers, das UAE-Team Emirats oder Visma-Lease a bike, sie alle müssen sich auf einen weiteren großen Konkurrenten an der Spitze einstellen. Mit dem neuen Budget dürfte das künftige Red Bull-Bora-hansgrohe-Team sich fortan in ähnlichen finanziellen Sphären bewegen, auch wenn Denk genaue Zahlen am Donnerstag nicht benennen wollte.
"Große Siege treiben mich an", sagte der Manager, der inzwischen ganz offen Ziele formuliert. Das Team habe nun definitiv das Potenzial, mit einem Fahrer die Tour de France zu gewinnen, sagte er: "Doch nicht nur das, wir wollen auch die Marke Nummer eins im ganzen Radsport werden."
Große Transfers von Topfahrern, wie zuletzt der des slowenischen Giro-Siegers Primoz Roglic, sollen dabei aber nicht die Hauptrolle spielen. "Jeder, der in der Vergangenheit mal eine Dose Red Bull getrunken hat, wurde zuletzt mit uns in Verbindung gebracht", scherzte Denk, stellte aber klar: "Unser Ziel ist es nicht, von Team zu Team zu gehen und nach Ausstiegsklauseln zu fragen."
Vielmehr sei das Projekt auf nachhaltigen Erfolg ausgerichtet. So soll zum Beispiel Anfang 2025 ein neues U23-Team an den Start gehen - ein großer Teil des Budgets ist für die Nachwuchsarbeit, ein weiterer für strukturelle Verbesserungen eingeplant. "Wir wollen die künftigen Topfahrer aus unserem eigenen Talentpool heraus ausbilden", sagte Denk, der als Teamchef auf seinem vorläufigen Zenit angekommen ist.
Sein Rennstall, 2010 als Team NetApp mit kleinem Budget an den Start gegangen, spielt nun endgültig im Konzert der Radsport-Größen mit.