Außerdem sprach der aktuelle Europameister (EBU) im Schwergewicht über sein anstehendes Debüt in den USA und die Probleme von deutschen Boxern.
Agit Kabayel über ...
... Joshuas Fehler im ersten Kampf gegen Andy Ruiz: "Deontay Wilder war zu sehr in seinem Kopf drin. Er hat schon zu weit gedacht."
... Anthony Joshuas Schwäche: "Wenn man AJ unter Druck setzt und ihn beschäftigt, hat er keine Lust mehr, mitzumachen. Er ist groß und hat viele Muskeln, die brauchen viel Sauerstoff. Gegen Ruiz hat man gesehen, dass er plötzlich keine Luft mehr hatte. Jetzt trainiert er mehr seine Ausdauer und ich hoffe, das hilft. Denn ich gönne ihm von ganzem Herzen, dass er wieder Weltmeister wird. Er ist trotz seiner Erfolge ein sehr bodenständiger Typ."
... Joshuas angeblichen Versuch des Trainerwechsels: "Er hat mit seinem Trainer (Rob McCracken; Anm. d. Red.) seit Amateurzeiten so viele Jungs geschlagen und wurde Weltmeister. Jetzt, weil er gegen Ruiz verloren hat, soll er den wechseln? Das würde für mich Charakterschwäche zeigen. Einen Mann dazu holen, würde mehr Sinn machen."
... Andy Ruiz: "Man stellt sich einen Boxer groß und athletisch vor. Aber bei Ruiz denkst du, er kommt gerade aus der Dönerbude. Doch er hat gezeigt, dass man sich die Athletik - wenn ich das mal so sagen darf - in den Arsch schieben kann. Die bringt dir gar nichts. Und wenn AJ nicht aufpasst, verliert er auch den Rückkampf."
... die Schlüssel zum Sieg: "AJ soll seinen Stil boxen und lang bleiben. Wenn er merkt, dass er Ruiz knacken kann, soll er nach vorne gehen, aber nicht alles auf eine Karte setzen. Wenn er Ruiz zu Fall gebracht hat, muss er wieder zwei Gänge zurückschalten und lieber auf die nächste Runde warten. Ruiz wird AJ hingegen mit Schlägen bombardieren. Wenn Joshua schlau ist, schlägt er da nicht mit, sondern bleibt geschlossen in der Doppeldeckung und versucht, Ruiz müde zu machen."
... seine Siegprognose: "Das wird eine Schlacht und ich denke, AJ macht das. Das Team wird auf einen Punktsieg aus sein. Meiner Meinung nach sieht es auch besser aus, wenn solch ein Athlet im Schwergewichtsboxen oben steht und nicht Ruiz."
... Kritik am Austragungsort Saudi-Arabien: "Das Geschäft dreht sich meistens nur ums Geld. Ginge es ums Boxen, würde der Kampf in Amerika oder im Wembley stattfinden - und dort vor 90.000 Zuschauern explodieren. Aber was macht man? Man denkt an das Finanzielle."
... seine eigenen Ziele: "Ich will erstmal gegen einen guten Namen Eindruck in Amerika hinterlassen. Danach können die großen Kaliber kommen. Viele werden darüber lachen und sagen, dass ich zu viel träume. Aber ich will meinen Traum verwirklichen und Weltmeister im Schwergewicht werden."
... sein anstehendes US-Debüt: "ESPN hat mich nicht persönlich angerufen, der Kontakt kam über Benny Blanko (Box-Promoter; Anm. d. Red.) und meinen Promoter Ulf Steinforth, die die Gespräche schon längere Zeit im Hintergrund geführt hatten. Ich wusste davon nicht viel. Sie wollten mir wenig verraten, damit ich nicht aufgeregt werde und mich auf meine Kämpfe konzentriere. Als ich dann davon erfahren habe, war ich mega baff. Mich auf amerikanischem Boden zu beweisen und gegen die Größten der Welt zu boxen, ist ein Kindheitstraum."
... den Reiz von Amerika: "In Deutschland haben wir aktuell eine schwere Zeit im Boxen, das Niveau ist nicht sehr hoch. Man hat es hier nicht einfach, sich zu etablieren und einen großen Namen aufzubauen. Für die Leute hier wird man unantastbar, wenn man in Amerika boxt. Für mich persönlich macht es keinen Unterschied, wo ich boxe."
... das deutsche Boxen: "Wir gehen nicht mit der Zeit, sondern hängen zehn Jahre hinterher. Wir haben unseren Boxern mit Migrationshintergrund immer deutsche Namen geben wollen. Die Namen hätte man lassen und die Jungs stattdessen supporten sollen - so wie die Engländer das mit Joshua oder Dereck Chisora gemacht haben. Hier bekommt man zu wenig Unterstützung und Aufmerksamkeit von den Medien."
... Sport in Deutschland: "Wir Kampfsportler haben den härtesten Job. Du bereitest dich zwölf Wochen lang auf einen Kampf vor und musst dich jeden Morgen motivieren, obwohl wir in Deutschland eigentlich nur Fußball haben. Fußballer bekommen gleich die großen Gelder, ein Boxer muss ständig kämpfen und verdient nichts mit dem ersten Profikampf. Oder als Schwimmerin zum Beispiel bekommt man für eine Bronze-Medaille 12.500 Euro - und was ist danach? Man hat keine Perspektiven. Das ist schade. In anderen Ländern erhält man für eine Medaille lebenslange Anerkennung."
... Boxen als Chance: "Viele Freunde von mir waren kriminell. Ich habe durchs Boxen einen neuen Freundeskreis gefunden, habe versucht, mein Leben auf die Reihe zu bekommen und bin ein anderer Mensch geworden. Ich bin gottfroh, mit dem Sport angefangen zu haben."
... Rassismus: "Ich komme aus dem Ruhrpott. Da ist eigentlich jeder mit jedem - egal welche Herkunft oder Hautfarbe man hat. Der Rassismus kommt jetzt erst, ich selbst habe das früher nie am eigenen Leib erfahren. Am Ende des Tages sind wir alle Menschen. Wenn man sieht, dass jemand unterdrückt wird, sollte man helfen."
Agit Kabayel im Steckbrief
Geburtstag | 23. September 1992 |
Geburtsort | Leverkusen |
Körpergröße | 1,91 Meter |
Stil | Linksauslage |
Bilanz | 19 Kämpfe - 19 Siege - 13 K.o.-Siege |