Halbweltergewicht: Lewis Rees (GBR - 9-0-1) - Renald Garrido (FRAU - 11-7-1) endete Unterschieden
Mit einem Löwenkostüm enterte Renald Garrido den Ring. Und genau so agierte der Franzose über die komplette Kampfdauer. Wie ein Löwe ging er immer wieder in die Offensive, nicht immer technisch ganz sauber, aber dafür mit viel Herz.
Trotzdem schien sich die boxerische Überlegenheit von Lewis Rees zu Beginn durchzusetzen. Der Brite agierte schlicht präziser, verpasste es aber, Garrido den Gnadenstoß zu verpassen.
Die Folge: Der Franzose bekam die zweite Luft und lieferte sich in den letzten beiden Runden des Fights einen offenen Schlagabtausch mit Rees. Am Ende wurde Garrido für sein Kämpferherz mit dem Remis belohnt. Für Rees wurde es also nichts mit dem zehnten Sieg im zehnten Kampf.
Mittelgewicht: Soufiene Ouerghi (TUN - 7-3-0) besiegte Dominik Britsch (28-2-1) nach Punkten (Mehrheitsentscheidung)
Eigentlich wollte sich Dominik Britsch für das erste Duell mit Soufiene Ouerghi rehabilitieren. Im Dezember 2013 verließ der Deutsche den Ring zwar als Sieger, allerdings war sein Punkterfolg höchst umstritten. Diesmal lief es genau andersherum ab.Britsch zeigte sich gerade in der Deckungsarbeit stark verbessert, auch die Führhand setzte er überlegter ein, auch wenn ein wenig die Präzision fehlte. Trotzdem gab der 26-Jährige den Ton an.
Ab der Mitte des Kampfes wachte der Tunesier jedoch langsam auf und setzte Britsch mit seinen wilden Schwingern unter Druck. Der Sauerland-Boxer verließ sich in dieser Phase zu sehr auf Einzelhände, Kombinationen waren Mangelware.
Trotzdem schien es so, als hätte Britsch das bessere Ende auf seiner Seite, auch wenn Ouerghi einen starken Schlussspurt hinlegte und immer wieder überfallartig in den Mann sprang. Es war also kein Wunder, dass Britsch das Urteil der Punktrichter nicht nachvollziehen konnte. Auf zwei Zetteln lag Ouerghi vorne, der dritte Punktrichter wertete den Kampf unentschieden.
"Das kann ich überhaupt nicht verstehen. Ich habe mich heute auf nichts eingelassen, weil ich wusste, wie gefährlich der Gegner ist. Der erste Kampf war aus meiner Sicht knapper als dieser heute. Vielleicht hat einer der Punktrichter die Zettel vertauscht", so der Geschlagene. Ein Sieg Britsch, ein Sieg Ouerghi - es riecht nach einem dritten und entscheidenden Aufeinandertreffen.
Halbmittelgewicht: Liam Williams (GBR - 9-0-1) besiegte Yuri Pompilio (ESP - 5-9-2) nach TKO (8. Runde)
Klare Angelegenheit für Liam Williams! Der Brite ließ von Anfang an keine Zweifel ankommen, wer mit einem Sieg im Gepäck aus Rostock abreisen sollte. Dabei machte es ihm Yuri Pompilio aber auch nicht sonderlich schwer.
Der Spanier offenbarte große Lücken in seiner Deckung, die Williams immer wieder mit seinem harten Jab zu Kopf und Körper ausnutzte. Dass der Mann aus dem Lager von Promoter Frank Warren zudem die Reichweitennachteile mit seiner Schnelligkeit wettmachte, trug sein Übriges zu einem einseitigen Kampf bei.
In der achten und letzten Runde hatte die Lehrstunde für Pompilio vorzeitig ein Ende. Williams ging - nach einigen ausgelassenen Chancen zuvor - endlich mal entschlossen nach und schickte seinen Gegner mit einer Rechten ans Kinn zu Boden. Pompilio kam zwar noch mal auf die sichtlich wackligen Beine, der Ringrichter brach den Kampf aber folgerichtig ab. Williams feierte damit ein mehr als überzeugendes Debüt im Halbmittelgewicht, zuvor war der 21-Jährige im Mittelgewicht aktiv gewesen.
Halbschwergewicht: Enrico Kölling (GER - 13-0-0) besiegte Mirzet Bajrektarevic (CRO - 8-2-0) nach Punkten
Abergläubisch scheint Enrico Kölling nicht zu sein. Zumindest ließ er sich auch in seinem 13. Profikampf nicht großartig aus der Ruhe bringen. Der Olympia-Teilnehmer von London 2012 dominierte sein Duell mit Mirzet Bajrektarevic und konnte vor allem mit seiner Flexibilität überzeugen.
Ob Jab, Haken oder Pendelbewegungen in der Defensive - Kölling stellte phasenweise sein ganzes Repertoire unter Beweis. Einzig in der Mitte des Kampfes ließ er sich ein wenig von seinem Gegner einschläfern.
Bajrektarevic stand seinerseits in der Defensive zwar meistens kompakt, in Verlegenheit konnte er Kölling aber nie bringen. In der letzte Runde wackelte der Kroate sogar kurzzeitig, zum K.o. reichte es für Kölling aber nicht mehr. Im Endeffekt ein solider Auftritt mit Luft nach oben, wie auch der Sieger zugab: "Die Spritzigkeit hat gefehlt, aber daran arbeiten wir in Zukunft. Rechtsausleger liegen mir eigentlich, aber es hätte etwas mehr Explosivität sein können."
WBA Intercontinental Meisterschaft im Halbschwergewicht: Jack Culcay (GER - 17-1-0) besiegte Salim Larbi (FRA - 19-5-2) nach Punkten (117:111, 117:111, 117:111)
Goldene Handschuhe auf der einen Seite, goldene Handschuhe auf der anderen Seite: Zumindest bei ihren "Werkzeugen" waren sich Jack Culcay und Salim Larbi einig. Das war aber auch schon der einzige gemeinsame Nenner.
Denn während Golden Jack versuchte, Akzente zu setzen, hatte der Algerier gerade in der ersten Hälfte des Kampfes quasi ständig den Rückwärtsgang eingelegt. Aus sicherer Distanz gab Culcay den Ton an, ohne dabei unnötig Risiken zu gehen. Das mag zwar nicht sonderlich spektakulär sein, führt aber bei solch einem defensiven Gegner zum Erfolg.
Was zudem offensichtlich war: Der gebürtige Kolumbianer setzte die Vorgabe von Artur Grigorian, ökonomischer zu boxen, gut um. Der Ex-Weltmeister ist mittlerweile der sechste Trainer in Culcays Profikarriere.
Richtig zufrieden war Grigorian aber nicht. Culcay solle aktiver werden, so seine Forderung. Und sein Schützling setzte die Taktik um. Ab der neunten Runde zog der Champion etwas an und traf Larbi immer wieder mit dem Jab zum Kopf.
Auch Larbi wachte ein wenig auf, mehr als ein kleines Strohfeuer bot er aber nicht an. Das sahen auch alle drei Punktrichter so, der Titel bleibt damit um die Hüften von Golden Jack. "Ich musste das, was ich im Training gelernt habe, umsetzen. Ich habe verdient gewonnen und bin langsam wieder dabei, locker zu werden", so Culcay, der als nächstes einen EM-Kampf anvisiert dürfte.
Schwergewicht: Kubrat Pulev (BUL - 20-0-0) besiegte Ivica Perkovic (CRO - 20-24-0) nach TKO (4. Runde)
Kubrat Pulev gegen - ja gegen wen eigentlich? Drei Gegner haben in der vergangenen Woche das Aufeinandertreffen mit dem Bulgaren abgesagt. Erst am Freitagmittag stand fest, auf wen er treffen sollte.
Sein Name: Ivica Perkovic, der kurz vor dem ersten Gongschlag noch ein kleines Erinnerungsfoto von sich schießen ließ. Nicht ohne Grund, denn im Kampf hatte der Kroate nicht viel zu lachen, obwohl es Pulev ganz locker angehen ließ.
Erst in der 3. Runde machte der Pflichtherausforderer auf Wladimir Klitschkos IBF-Gürtel ernst und schüttelte seinen Gegner mit Jabs zum Kopf und einigen Körpertreffer durch. Offenbar zu viel für den tief schnaufenden Perkovic, dessen Ecke vor der vierten Runde aufgab. Ein nicht unbedingt aussagekräftiger Sieg der Cobra, was Pulev wirklich drauf hat, dürfte sich erst in einem Duell mit Klitschko zeigen.
WBO Youth Meisterschaft im Supermittelgewicht: Tyron Zeuge (GER - 13-0-0) besiegte Gheorghe Sabau (ROM - 10-0-1) nach TKO (9. Runde)
Es mag Boxer geben, die bei der ersten Titelverteidigung der Profi-Karriere Probleme mit Nervosität bekommen. Nach seinem beeindruckenden Auftritt in Rostock kann man sagen: Tyron Zeuge gehört nicht dazu.
Der Röwer-Schützling machte gegen Gheorghe Sabau von Anfang an klar, wer die Hosen im Ring anhat. Besonders bemerkenswert: Zeuge bestrafte nahezu jeden Fehler seines Gegners. Gerade Sabaus überhastete Offensivaktionen nutzte der Deutsche eiskalt aus.
In den ersten zwei Runden fand sich der Herausforderer zweimal am Boden wieder, nachdem ihn Zeuge im Rückwärtsgang jeweils am Kinn getroffen hatte. Auch im weiteren Verlauf des Kampfes waren die Rollen klar verteilt.
Einerseits Sabau, der immer wieder planlos in seinen Gegenüber hineinsprang und dadurch auch zwei Punktabzüge provozierte. Und auf der anderen Seite ein Zeuge, der immer wieder seinen Jab im Ziel unterbrachte.
Es kam, was kommen musste. Nach einem erneuten Niederschlag in Runde sieben kam der Rumäne zwar noch mal auf die Beine. Nach einem Leberhaken in der neunten Runde schmiss die Ecke von Sabau aber endgültig das Handtuch.
"Es war ein geiler Kampf, der mir unheimlich Spaß gemacht hat. Abgesehen von den Kopfstößen, doch der Gegner hat sich dafür entschuldigt. Der K.o. kommt oder nicht, das kann man nicht planen", so Zeuge, auf dessen Zukunft man gespannt sein darf.