Alex King hatte es nicht immer leicht. Ob im täglichen Leben oder beim Basketball - häufig hatte der gebürtige Ansbacher mit Ressentiments, Unwägbarkeiten oder einfach unglücklichen Fügungen zu kämpfen.
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Einschüchtern oder gar unterkriegen ließ sich King von derlei Schwierigkeiten allerdings nie. Nun erntet er die Früchte seiner Arbeit.
Schließlich wechselt der Small Forward zur neuen Saison nach Berlin und hat inzwischen sogar Chancen, bei der anstehenden EuroBasket eine gute Rolle im Team von Bundestrainer Frank Menz zu spielen. Derzeit deutet einiges darauf hin, dass sich das Kapitel DBB für King doch noch zum Guten wendet - wenn auch erst im zweiten Anlauf.
Erste DBB-Schritte mit 19
Erstmals beschnuppert haben sich der inzwischen 28-Jährige und das Nationalteam nämlich bereits 2004. Damals, King war gerade 19, führte allerdings kein Weg an den arrivierten Kräften vorbei. "Ich war der jüngste", sagt er. "Dirk Bauermann (damaliger Bundestrainer, Anm. d. Red) hat in der Zeit dann doch lieber auf die älteren, erfahreneren Spieler gesetzt."
Entsprechend führte eine Einladung ins Trainingslager schlussendlich nicht zum ersten Einsatz für die DBB-Auswahl. Blickt man auf Kings Karriere, eigentlich kein Problem. Schließlich hatte er sechs Jahre zuvor überhaupt erst mit dem Basketball begonnen. Nachdem Familie King direkt nach Alex' Geburt nach Dallas gezogen war, ging es im Alter von fünf Jahren nach München. Und dort tat King, was viele Jugendliche in deutschen Groß- und Kleinstädten tun. Er spielte Fußball.
Basketball statt Fußball
Erst der, für das Spiel mit dem orangenen Leder beinahe obligatorische Wachstumsschub, sorgte für einen Wechsel, "den ich zuerst gar nicht wollte", erzählt King während eines Interviews mit der "Berliner Morgenpost". "Fußball war mein Leben, und ich war riesengroßer Fan von 1860 München."
Begeisterung für seinen neuen Sport klingt anders. Zumal er für den Basketball auch noch ausgerechnet zum FC Bayern wechselte - für einen Löwen-Anhänger sicherlich kein Traumziel. Allerdings hatte King zuvor bereits größere Probleme bewältigt: "In München war ich der einzige Farbige im Kindergarten oder in der Grundschule", sagt er gegenüber der "FAZ". "Das war schwer für mich. Wenn sie mich ‚Neger' genannt oder mit dem Finger auf mich gezeigt haben. Ich habe viele von diesen Ausdrücken das erste Mal gehört, ich wusste doch gar nicht, was sie bedeuten."
Dazu war die Rückkehr nach Deutschland ohnehin nicht geplant gewesen, weshalb King in den USA einsprachig erzogen worden war. Neue Sprache. Andere Hautfarbe. Hänseleien. Keine einfache Situation für ein Kind.
Basketball als Ventil
Doch King erhielt Unterstützung. Natürlich von seinen Eltern, aber auch durch den Basketball. "Beim Basketball wurde ich geschätzt, da habe ich Anerkennung gespürt. Und der Sport hat mich Respekt und Disziplin gelehrt", erzählt er. Zudem hätten Gegenspieler zwar weiter die eine oder andere Beschimpfung auf Lager gehabt, "aber die haben nie auf meine Hautfarbe abgezielt. Das war es, was mich erstaunt hat."
2002 wechselte King schließlich zu den Skyliners nach Frankfurt, wo er noch im selben Jahr sein BBL-Debüt gab. Es folgt eine Finalniederlage gegen Bamberg, das Engagement von Charles Barton als Headcoach, der Aufstieg zur festen Größe, Bartons Entlassung, Murat Didins Rückkehr und mit ihr der schleichende Abgang des Alex King aus Frankfurt.
Didin hatte plötzlich keine Verwendung mehr für den Forward. Kings Spielanteile sanken, auch die Nationalmannschaft verlor er zusehends aus dem Blickfeld.
Ein Wechsel mit positiven Folgen
Erneut musste ein Wechsel her. Diesmal war die Vorfreude jedoch deutlich größer, als noch beim Abschied vom Fußball. "Ich brauchte einfach den Tapetenwechsel. Und Mike Koch hat mich dann, wenn man so will, wieder zum Basketball-Leben erweckt", beschreibt er seine damalige Situation.
Mike Koch war damals Trainer der Telekom Baskets Bonn. Und der ehemalige Nationalspieler erkannte Kings Schwäche, die Offense. Denn so sehr der 2,01-Meter-Mann auch unter dem eigenen Brett glänzte, vorne spielte er zu oft kopflos, vergab leichte Korbleger oder traf die falschen Entscheidungen.
Unter den Europameister von 1993 steigerte sich King jedoch. Merklich. Gleich während seiner ersten Saison in Bonn legte er in beinahe allen Kategorien verbesserte Zahlen auf. Drei Jahre verbrachte King bei den Baskets, ehe 2011 schließlich die Vertragsunterschrift in Würzburg folgte. Der nächste Wechsel, die nächste richtige Entscheidung.
Leader in Würzburg
In Unterfranken fand King das richtige Umfeld vor, lebte sich schnell ein und stellte dies auch auf dem Court unter Beweis. Mit 7 Punkten pro Spiel legte er vergangene Saison den höchsten Schnitt seiner BBL-Karriere auf und traf über die Hälfte seine Zweier. Das Problem: Kings Dreier fällt trotz verbessertem Wurf nicht wie gewünscht.
Nur 30 Prozent seiner Versuche fanden zuletzt ihr Ziel. Dennoch drückte er vergangene Saison insgesamt 121-mal von Downtown ab. "Ihm mangelt es manchmal noch an Konstanz", erklärt Matthias Bielek, Hallensprecher der s.Oliver Baskets und SPOX-NBA-Kommentator. "Manchmal trifft er alles, wie damals, als er im Eurocup 7 von 7 Dreiern traf, manchmal überpaced er aber auch."
Die Zahlen scheinen zu verraten, was Kritiker dem 28-Jährigen schon länger vorwerfen. Trotz ausbaufähiger Quoten nimmt er viele, vielleicht zu viele, teils schlechte Würfe. Doch Zahlen verraten nun mal nicht immer die ganze Wahrheit: "Das System funktionierte in Würzburg vergangene Saison nicht optimal", weiß Bielek. "Alex wollte Verantwortung übernehmen und hat deshalb einige schlechte Würfe genommen."
Und genau diese Rolle musste er ihn Würzburg auch ausfüllen. Als erfahrenster Spieler war er es, der die Richtung vorgab, der in den entscheidenden Momenten vorangehen musste - nicht nur auf, auch abseits des Courts. Kurz: Er war Würzburgs Leader.
Dazu legt der eine Einstellung an den Tag, wie sie von jedem Coach nur allzu gern gesehen wird: "Er ist sehr selbstkritisch, trainiert sehr hart, nach einer Niederlage sucht er den Fehler immer zuerst bei sich selbst", erzählt Bielek.
Tragende Rolle bei der EuroBasket?
Nimmt man nun noch seine athletische, bewegliche Defense gepaart mit riesiger Spannweite hinzu, wird deutlich, weshalb er sich ausgerechnet in der Abgeschiedenheit Unterfrankens plötzlich wieder in den Fokus der Nationalmannschaft gespielt hat und im Juli sein Länderspieldebüt gab. Doch nicht nur das, beim Vierländerturnier in Straßburg sammelte King sogar die meisten Minuten aller DBB-Akteure.
Interessanterweise tat er dies auf der Vier. Das lässt durchaus die Vermutung zu, Bundestrainer Frank Menz könnte mit einer kleineren Aufstellung inklusive Alex King als Starting-Power-Forward planen.
Die Intention ist klar. Als gelernter Dreier soll King größere Spieler aus der Zone ziehen, um so Platz für die übrigen Big Men zu schaffen. Was in der Theorie durchaus plausibel klingt, fordert in der Praxis jedoch einen stabilen Distanzwurf. Ob der Neu-Berliner dazu in der Lage ist, muss sich erst noch zeigen.
Mit seiner Erfahrung ist King, so er denn auch tatsächlich die Reise nach Slowenien antreten darf, jedoch ohnehin ein wichtiger Faktor für Menz. Im sehr jungen DBB-Team ist er neben Kapitän und Neu-Bayer Heiko Schaffartzik nämlich der älteste und erfahrenste Spieler, hat am meisten erlebt. Und das nicht nur auf dem Court.
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