"Ein massives Problem für die NBA"

Von SPOX
Die Triangle-Runde: Florian Regelmann, Dirk Bauermann, Haruka Gruber, Philipp Dornhegge (v.r.)
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Nutzt Europa den Lockout und macht der NBA echte Konkurrenz? Was unterscheidet Schalke von Bamberg? Und warum ist Ex-DBB-Coach Dirk Bauermann pessimistisch wegen Elias Harris und sauer auf Tibor Pleiß? Der FC-Bayern-Trainer diskutiert mit den SPOX-Redakteuren Philipp Dornhegge, Haruka Gruber und Florian Regelmann über die fünf wichtigsten Thesen im deutschen und internationalen Basketball.

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These: Bamberg ist auf dem Weg zu einem europäischen Topteam.

Dirk Bauermann: Bamberg ist die ohne Zweifel dominierende deutsche Mannschaft. Aber wir wissen aus Erfahrung: Egal ob es Leverkusen, Berlin oder Bamberg von 2005 bis 2007 war, die europäische Spitze ist unglaublich stark. Die happige Niederlage bei ZSKA Moskau hat es gezeigt. Von daher glaube ich, dass sich Bamberg auf einem guten Weg befindet. Aber der Weg ist sehr, sehr lang und ob die Bamberger tatsächlich dort ankommen, wo sie geplant haben, wird man abwarten müssen. Ich bin zurückhaltend.

Florian Regelmann: Ich sehe es optimistischer. Die Bamberger gehören bereits zur erweiterten Spitze, schon in der Vorsaison hätten sie es in die Top 16 schaffen können. Das werden sie aber dieses Jahr nachholen: Das Schlüsselspiel gegen Zagreb hat Brose dominiert, auch Malaga und sogar Kaunas sind schlagbar. Die Niederlage am Donnerstag gegen Malaga war sowas von unnötig, das gibt's nicht. Dennoch: Die Entwicklung geht in die richtige Richtung. Was mich beeindruckt: Das Management macht fast alles richtig, vor allem was Neuverpflichtungen anbelangt: Letzte Saison holen sie aus dem Nichts Kyle Hines aus der zweiten italienischen Liga, diese Saison P.J. Tucker aus Puerto Rico, der perfekt in die Mannschaft passt.

Bauermann: Ich wäre noch vorsichtig. Zagreb ist die schwächste Mannschaft der Gruppe und es war ein Pflichtsieg, außerdem darf man Malaga nicht unterschätzen. Ich sehe Bamberg noch nicht in den Top 16. Wir dürfen eines nicht vergessen: Mit Bamberg 2006 und Alba 2009 haben es erst zwei deutsche Mannschaften überhaupt geschafft, die Vorrunde zu überstehen.

Philipp Dornhegge: Daran kann ich anschließen: Bamberg ist in Europa etabliert und respektiert - doch zum Spitzenteam ist es noch ein ordentlicher Abstand und ich bin skeptisch, ob je ein BBL-Team diese Lücke schließen kann. Allein schon die fehlenden TV-Einnahmen und die ständigen Querelen um die Ausländerregelung sorgen dafür, dass eine mittelfristige Planung nur schwer möglich ist. Das sieht man an den früheren Serienmeistern: Alba hat nachgelassen, Leverkusen ist ganz weg. Es wird für Bamberg schwierig genug, das jetzige Niveau zu halten.

Bauermann: Hier ist die Frage nach der Definition einer Spitzenmannschaft. Wenn die besten 16 Teams dazugehören, ist das Ziel für Bamberg nicht allzu weit entfernt. Doch ab dem Euroleague-Top-16 geht es ganz anders zu. Da legen die richtig Guten einen Gang zu und machen ernst. Dann können die Deutschen nur zuschauen und applaudieren. Wir haben hier einen großen Wettbewerbsnachteil: Die BBL wird immer noch extrem von den Amerikanern geprägt. Auf der anderen Seite gibt es zwischen den anderen europäischen Ligen zwar graduelle Unterschiede, doch sie haben eine Gemeinsamkeit: Egal ob Spanien, Griechenland oder Russland, sie spielen allesamt europäisch mit extrem harter Verteidigung und zeigen offensiv die höchste Qualität im Entscheidungsverhalten. Bamberg erzielt am Wochenende gegen Braunschweig fast 100 Punkte und merkt drei Tage später, dass ZSKA in einer anderen Welt spielt. Wenn wir Deutschen internationalen Erfolg wollen, muss sich die gesamte BBL zum europäischen Basketball hin orientieren. Solange das nicht der Fall ist, bleiben die Top 16 in der Euroleauge ein großer Erfolg.

Haruka Gruber: Eine deutsche Teilnahme am Euroleague-Final-Four halte ich nicht einmal mittelfristig für realistisch. Zieht man einen Vergleich zur Fußball-Champions-League: Schalke hat Titelverteidiger Inter Mailand ausgeschaltet und zog sensationell ins Halbfinale ein. Nur: In Relation zu Manchester United oder FC Barcelona ist Schalke finanziell nicht so unterlegen wie Bamberg zu einem Topteam wie ZSKA Moskau. Schalke macht ein Drittel bis die Hälfte des Umsatzes von ManUnited und Barca und die Gehaltskosten betragen immerhin ein Viertel bis ein Drittel im Vergleich zu den beiden Vereinen. Bamberg hingegen verfügt über einen Etat von circa 7 Millionen Euro - demgegenüber stehen Moskaus 50 bis 60 Millionen. Das ist das Acht- bis Neunfache! Das sind keine Welten, sondern Galaxien. Deswegen: So vorbildlich ich das Teamplay der Bamberger finde, es fehlen einfach die absoluten Einzelkönner, so wie sie Schalke mit Raul oder Manuel Neuer hatte. Partizan Belgrad war 2010 das einzige Überraschungsteam im Final Four seit einer halben Ewigkeit, aber auch nur, weil es EM-Star Bo McCalebb hatte. Bei ZSKA bekommt ein Nenad Krstic, der nur die zweite oder dritte Option ist, pro Jahr drei Millionen Euro. Wenn man dann hört, dass Sharrod Ford bei den Bayern mit 600.000 Euro der mit Abstand bestbezahlte Spieler der gesamten BBL gewesen wäre, kann man abschätzen, was zur Spitze fehlt.

Bauermann: Habe ich mich verhört? Wie viel hätte Ford bei uns verdient?

Gruber: Stimmen die 600.000 Euro nicht, die kursieren? Sind es eher 500.000 Euro?

Bauermann: Das ist total absurd. Wer weiß schon, welche Kräfte da walten, um solche Zahlen in Umlauf zu bringen, aber 600.000 oder 500.000 Euro sind absolut lächerlich. Zwischen uns und den Topteams klafft ein riesiges Loch. Das fängt selbst bei den kleinsten Dingen an wie der Tatsache, dass wir in Deutschland jede Freikarte eines Spielers als geldwerten Vorteil versteuern müssen. Zumal vor allem bei ausländischen Vereinen nie klar ist, wie sich der Etat zusammensetzt und wie viel tatsächlich in die Gehälter fließt. Insofern haben die deutschen Klubs einen gewaltigen Wettbewerbsnachteil.

These 2: Der FC Bayern ist der einzige Rivale für Bamberg.

These 3: BBL-Klubs sollten sich intensiver um NBA-Spieler bemühen.

These 4: Der europäische Basketball ist ein ernsthafter Konkurrent für die NBA.

These 5: Die NBA ist für Elias Harris eine Nummer zu groß.

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