Bei Dinamo pendelte Vidovic zuletzt zwischen Startelf und Bank, am Sonntag gelangen ihm beim 5:2-Sieg gegen Slaven Belupo ein Tor und ein Assist. Nach 28 Pflichtspieleinsätzen steht er bei neun Scorerpunkten. In der Tabelle ist der kroatische Serienmeister Dinamo aktuell nur Dritter, mischt dafür aber noch in der Conference League mit.
Herr Vidovic, wie man hört, mussten Sie Ihre neuen Kollegen von Dinamo Zagreb schon mehrmals im großen Stil einladen. Was war da los?
Gabriel Vidovic: Bei besonderen Anlässen ist das hier Tradition. Mich hat es hart erwischt: Beim Debüt habe ich direkt ein Tor gemacht, das waren zwei Caterings für die gesamte Mannschaft. Dann hatte ich im Dezember Geburtstag. Damit ich beim dritten Mal innerhalb kürzester Zeit ein bisschen günstiger wegkomme, musste ich nur Kaltgetränke kaufen. (lacht)
Wie läuft es abgesehen von diesem finanziellen Mehraufwand für Sie in Zagreb?
Vidovic: Sehr gut. Ich hatte einen super Start und habe insgesamt viel gespielt. Meistens komme ich auf dem linken Flügel zum Einsatz, habe dort aber viele Freiheiten und darf auch in die Mitte ziehen. Im zentralen offensiven Mittelfeld fühle ich mich am wohlsten.
Im Herbst gab es einen kleinen Schlagabtausch mit kroatischen Journalisten. "Sollen sie doch schreiben, was sie wollen", haben Sie unter anderem gesagt.
Vidovic: Nach meinem starken Start mit zwei Toren und zwei Assists in den ersten beiden Spielen ist mir ein paar Wochen lang kein Scorerpunkt gelungen. Dafür bekam ich viel Kritik - teilweise gerechtfertigt, teilweise persönlich. Als ich dann in der 90. Minute ein Siegtor geschossen hatte, habe ich mir unmittelbar nach Abpfiff etwas Luft verschafft. Mein Kopf war aber auch noch voller Adrenalin, das sollte man nicht überbewerten.
Dinamo ist bekannt für seine fanatischen Fans. Wie erleben Sie die Stimmung im Maksimir-Stadion?
Vidovic: Unglaublich, ganz große Klasse. Bei Dinamo sind die Fans der 12. Mann, immer voll dabei. Sie geben ihr ganzes Leben für den Verein. Das ist wirklich sehr besonders.
Auch Ihr Vater ist großer Dinamo-Fan. Was bedeutet es Ihnen, für seinen Lieblingsklub zu spielen?
Vidovic: Das ist etwas Großes für mich und meine ganze Familie. Ich habe früher immer vor dem Fernseher mitgefiebert, wenn Dinamo gespielt hat. Ich hatte auch viele Dinamo-Trikots, unter anderem von Luka Modric.
Ist er Ihr Vorbild?
Vidovic: Auf jeden Fall. Von ihm kann man sich fußballerisch und menschlich viel abschauen.
Haben Sie ihn schon mal persönlich getroffen?
Vidovic: Bisher leider nicht, aber hoffentlich bald.
Bei der Nationalmannschaft?
Vidovic: Es wäre wunderschön, wenn ich eines Tages für Kroatiens A-Nationalmannschaft spielen dürfte. Bisher hatte ich noch keinen persönlichen Kontakt mit Nationaltrainer Zlatko Dalic. Aber ich hoffe, das kommt bald.
Sie haben kroatische Wurzeln, leben jetzt aber erstmals in Kroatien. Entdecken Sie neue Seiten am Herkunftsland Ihrer Eltern?
Vidovic: Nein. Ich war davor schon sehr oft in Kroatien und auch in Zagreb. Ich fühle mich nicht wie jemand, der in ein fremdes Land gekommen ist.
Wie für viele Kroaten spielt auch für Sie Religion eine wichtige Rolle. Wie leben Sie das aus?
Vidovic: Mein Glaube verleiht mir Kraft. Ich besuche sehr regelmäßig die Kirche. Im Stadion von Dinamo gibt es eine eigene Kapelle, in der extra für die Vereinsmitglieder Messen abgehalten werden. Da bin ich immer dabei. Ansonsten gehe ich oft am Donnerstag und Sonntag in die Kirche.
Sie sind einst im Alter von zwölf Jahren zum FC Bayern gewechselt und wurden dort später zum Profi. Welcher Trainer hat Sie am meisten geprägt?
Vidovic: Julian Nagelsmann hat mich mit 17 Jahren zu den Profis geholt, ihm habe ich viel zu verdanken. Mein wichtigster Trainer war aber Martin Demichelis. Er ist menschlich top und sein Fußball-Wissen ist beeindruckend. Ich habe es genossen, unter ihm zu spielen.
Wer war beim FC Bayern Ihr härtester Gegenspieler im Profi-Training?
Vidovic: Upa (Dayot Upamecano)! Er ist sehr aggressiv, verteidigt aber immer sauber.
Joshua Kimmich gilt als extrem verbissen. Wie haben Sie ihn im Training erlebt?
Vidovic: Er gibt in jedem Training 120 Prozent, will immer gewinnen. Er ist eine Person, zu der ich aufschaue.
Wer hat in der Kabine am meisten gute Laune verbreitet?
Vidovic: Thomas (Müller) und Leroy (Sané), die sind beide sehr lustig.
Nach vier Pflichtspiel-Einsätzen für die Profis des FC Bayern ließen Sie sich in der vergangenen Saison zu Vitesse Arnheim verleihen. Wie haben Sie die Zeit in Erinnerung?
Vidovic: Es war meine erste Station, bei der ich von zuhause weg war. Ich habe mich dort gut entwickelt und ein paar Tore geschossen. Ich blicke positiv zurück.
Stimmt es, dass Sie in Arnheim regelmäßig den Zoo besucht haben?
Vidovic: Ja, der war nicht mal 100 Meter von meiner Wohnung entfernt. Im Zoo konnte ich super entspannen. Am coolsten fand ich das große Aquarium mit den Haien, aber nicht nur die. Die Mischung macht's, es gab immer wieder Neues zu entdecken.
Vergangenes Jahr haben Sie zweimal den Berater gewechselt: von Roman Rummenigges Agentur zu Volker Struths Sports 360 und nach nur wenigen Wochen zurück zu Rummenigge. Was war da los?
Vidovic: Das stimmt, ich bin zu Roman zurückgekehrt. Ich war damals der Meinung, dass mir ein Berater-Wechsel helfen würde. Ich habe dann aber festgestellt, dass es für mich bei Roman Rummenigge besser passt. Dankenswerterweise war er bereit, nochmal mit mir zusammenzuarbeiten.
Ihre Leihe zu Dinamo wurde erst kurz vor Ende der Transferphase fixiert. Wie blicken Sie auf den vergangenen Sommer zurück?
Vidovic: Ich war bei der Asien-Reise dabei, das war eine super Erfahrung, leider habe ich mich dort aber verletzt und war deshalb zwei Wochen raus. Dann habe ich ein paar gute Angebote bekommen, Dinamo war das beste. Am wichtigsten war mir viel Spielzeit.
Haben Sie zum Abschied mit Trainer Thomas Tuchel gesprochen, hat er Ihnen etwas mitgegeben?
Vidovic: Nein, leider nicht. Dazu ist es nicht mehr gekommen.
Ihre Leihe läuft im Sommer aus. Was haben Sie vor?
Vidovic: Ich schaue nur auf das Hier und Jetzt. Natürlich traue ich mir zu, mich bei Bayern langfristig durchzusetzen. Ich glaube an mich und meine Qualitäten.
Mit Aleksandar Pavlovic ist in dieser Saison einem Eigengewächs der Durchbruch bei den Profis gelungen. Wie beurteilen Sie seinen Werdegang?
Vidovic: Ich kenne Aleks noch gut von früher. Top Junge, super Spieler. Es freut mich sehr für ihn. Er konnte schon immer sehr gut mit dem Ball umgehen. Deswegen überrascht mich seine Entwicklung nicht.
Gabriel Vidovic: Seine Karriere-Stationen
Zeitraum | Klub | Pflichtspiele | Tore | Assists |
2021 bis 2022 | FC Bayern II | 33 | 21 | 10 |
2022 | FC Bayern | 4 | - | 1 |
2022 bis 2023 | Vitesse Arnheim | 25 | 4 | - |
seit 2023 | Dinamo Zagreb | 28 | 6 | 3 |