Cruyffs Nummer, Xavis Anruf und der Moneyball-Transfer: Die besondere Geschichte des niederländischen Newcomers Tijjani Reijnders

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Tijjani Reijnders ist einer der Newcomer dieser EM. Der 25-Jährige überzeugt im neuen niederländischen Mittelfeld ohne Frenkie de Jong - und bietet einige interessante Anekdoten.

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Unter Tränen verließ Frenkie de Jong beim Clásico Ende April den Platz, zum bereits dritten Mal in dieser Saison hatte sich der Mittelfeldspieler des FC Barcelona am Knöchel verletzt. Sein Kampf um eine EM-Teilnahme wurde daraufhin zum Wettlauf gegen die Zeit. "Gewisse Risiken" ging de Jong dabei nach eigener Auskunft sogar ein - aber es nutzte alles nichts. Der 27-Jährige schaffte es nicht in den finalen EM-Kader der Niederlande.

Nun muss de Jong aus der Ferne mitansehen, wie seine Mannschaft mit einem neuformierten Mittelfeld schon bis ins Halbfinale marschierte. Erstmals bei einer EM seit 20 Jahren, erstmals bei einem großen Turnier seit der WM 2014. Damals scheiterten die Niederlande erst im Elfmeterschießen an Argentinien. Diesmal soll gegen England der Finaleinzug gelingen.

De Jong fehlt der Elftal tatsächlich aber nicht erst seit April, sondern schon seit vergangenem September. Insgesamt drei Knöchelverletzungen verhinderten Einsätze des wohl besten niederländischen Fußballers bei sämtlichen darauffolgenden Länderspielen. Bondscoach Ronald Koeman blieb also reichlich Zeit zum Experimentieren. Er musste im Zuge der Umbauarbeiten mit der Verletzung von Atalanta Bergamos Teun Koopmeiners aber noch einen weiteren personellen Rückschlag kompensieren.

Als neuer Stammspieler kristallisierte sich dafür Tijjani Reijnders heraus. Spätberufen feierte er sein Nationalmannschaftsdebüt erst im Alter von 25 Jahren, ausgerechnet bei de Jongs bis dato letzter Länderspielphase im September. Seitdem ist er gesetzt.

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Gala gegen Rumänien: Das niederländische Mittelfeld bei der EM

Zunächst gab Reijnders meist den Zehner vor einer Doppelsechs bestehend aus dem PSV-Duo Jerdy Schouten und Joey Veerman. Mit dieser Ausrichtung gingen die Niederlande auch in die EM. Schon im zweiten Gruppenspiel gegen Frankreich und dann ab der K.o.-Runde stellte Koeman aber um: Veerman musste auf die Bank, Reijnders rückte eine Reihe nach hinten neben den absichernden Sechser Schouten, Xavi Simons übernahm die Zehn und Steven Bergwijn rotierte rechts vorne neu in die Startelf.

Mit dieser Formation zeigte die in der Gruppenphase noch eher enttäuschende Elftal beim beeindruckenden 3:0-Sieg gegen Rumänien im Achtelfinale ihre beste Turnierleistung und rang im Viertelfinale die Türkei 2:1 nieder. Auch im Halbfinale gegen England dürfte Koeman der nun eingespielten Startelf vertrauen.

Kein Platz bleibt somit weiterhin für den mittlerweile in Saudi-Arabien tätigen Veteranen Georginio Wijnaldum und für Ryan Gravenberch, vergangenen Sommer vom FC Bayern München zum FC Liverpool gewechselt. Gravenberch ist einer von vier niederländischen Feldspielern, die bei der EM bisher noch keine Einsatzminute bekamen. Kurioserweise haben auch die drei anderen Deutschland-Bezug: Ex-BVB-Leihgabe Ian Maatsen, Bayern-Innenverteidiger Matthijs de Ligt und der ehemalige Leipzig-Stürmer Brian Brobbey.

Im neuen niederländischen Mittelfeld gefällt, abgesehen von Regisseur Xavi, der kurz vor einem Transfer zum FC Bayern stehen soll, bisher vor allem Reijnders. Der 25-Jährige überzeugt nicht nur mit seinem ansteckenden Dauergrinsen, sondern vor allem mit seiner Spielintelligenz und seinem klugen Passspiel - auch mal naar links oder naar rechts, am liebsten aber vertikal naar vorne. Seine Passquote von 93,67 Prozent ist die beste aller Niederländer, zudem kamen 88,75 Prozent seiner Zuspiele ins Angriffsdrittel an.

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Absage an Barca, Moneyball-Wechsel zu Milan: Reijnders interessante Vita

Reijnders ist ein Spätberufener. Mit 22 spielte er noch für die Reserve von AZ Alkmaar, ehe er sich bei den Profis etablierte. Vergangenen Sommer wechselte er schließlich für 19 Millionen Euro zur AC Milan. Eine Rolle spielte bei dem Transfer auch der legendäre Statistik-Guru Billy Beane, bekannt aus dem Film Moneyball. Beane fungiert einerseits als Berater des US-amerikanischen Milan-Eigentümers Gerry Cardinale und hält außerdem eine Minderheitsbeteiligung an Alkmaar.

Für seinen Wechsel nach Mailand sagte Reijnders sogar dem FC Barcelona ab. "Xavi hat mich angerufen, um einen Transfer zu besprechen", erzählte er der Gazzetta dello Sport von der Anfrage des damaligen Barca-Trainers. "Aber das war unmöglich. Ich hatte mich davor schon für Milan entschieden." Dort erkämpfte sich Reijnders direkt einen Stammplatz und avancierte zu einer der Entdeckungen der vergangenen Serie-A-Saison.

Die Vorzeichen für eine große Karriere hätten übrigens kaum besser sein können als bei Reijnders. Da wäre zunächst das Blut: Sein Vater Martin war einst selbst Fußball-Profi. Da wäre der Name: Benannt ist er nach Tijani Babangida, einem nigerianischen Flügelspieler, der um die Jahrtausendwende bei Ajax Amsterdam gespielt hat - offenbar sehr zum Gefallen von Reijnders Senior. Und da wäre noch die Rückennummer 14. Er habe sie "wegen Johan Cruyff genommen", erklärte Reijnders. Immerhin die größte Fußball-Ikone der Niederlande.

Aufgrund der Wurzeln seiner Mutter hätte Reijnders auch für Indonesien spielen dürfen, eine entsprechende Anfrage lehnte er 2022 in Hoffnung auf Berufungen in die Elftal aber ab. In einem Interview wurde der 1998 geborene Reijnders mal gefragt, bei welchem historischen Ereignis er gerne dabei gewesen wäre. "Beim EM-Triumph der Niederlande 1988", erwiderte er. Zwei Siege fehlen noch, um die Geschichte im gleichen Land zumindest nachzuschreiben.

Von Zwolle über Alkmaar nach Mailand: Tijjani Reijnders' bisherige Karriere

ZeitraumKlubPflichtspieleToreAssists
2017PEC Zwolle1--
2017 bis 2021AZ Alkmaar II921913
2017 bis 2023AZ Alkmaar1281315
2020RKC Waalwijk (Leihe)8-1
seit 2023AC Milan5044