Uwe Gensheimer atmete nach der historischen Corona-Absage auf. "Wir sind erleichtert", sagte der DHB-Kapitän und sprach den deutschen Handballern damit aus der Seele. Die Nachricht von der Absetzung des zweiten WM-Vorrundenspiels gegen Kap Verde hatte sich auf den Fluren des deutschen Teamhotels in Gizeh zuvor rasend schnell verbreitet.
Statt sich am Sonntag einer erhöhten Corona-Gefahr auszusetzen, zogen die DHB-Männer von Bundestrainer Alfred Gislason in Ägypten vorzeitig und kampflos in die Hauptrunde ein. "Der Weltverband hat die einzig richtige Entscheidung getroffen. Wir begrüßen das ausdrücklich", sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning.
Die Verbandsspitze informierte die Mannschaft per WhatsApp über ihren spielfreien Abend. Erst sechseinhalb Stunden vor dem geplanten Anwurf gegen Kap Verde hatte der Weltverband IHF über die Absage entschieden - es ist die erste in der 83-jährigen Geschichte der Männer-WM.
Kap Verde standen aufgrund der jüngsten Coronafälle nur neun Spieler zur Verfügung. Laut IHF-Statuten müssen jedoch mindestens zehn Handballer spielfähig sein, damit ein WM-Spiel ausgetragen werden kann.
Die Partie wird am Grünen Tisch mit 10:0 für Deutschland gewertet, das Gislason-Team nimmt somit mindestens zwei Punkte in die nächste Turnierphase mit. Ihr Auftaktmatch hatte die DHB-Auswahl am Freitag gegen WM-Neuling Uruguay deutlich gewonnen (43:14). Für die Vorbereitung auf das Vorrundenfinale am Dienstag (20.30 Uhr) gegen Ungarn bleibt nun mehr Zeit.
Handball-WM: Deutschland spielt am Dienstag um den Gruppensieg
Abschalten wollte Gislason am Sonntag aber nicht - im Gegenteil. "Wir werden den gewonnenen Trainingstag nutzen, um wettkampfspezifische Reize zu setzen und das Zusammenspiel weiter zu stabilisieren", versicherte der Isländer. Anführer Gensheimer sagte: "Jetzt geht der Fokus auf das nächste Spiel gegen Ungarn." Am Dienstag geht es um den Gruppensieg.
Hanning hätte gerne den "Test" gegen den WM-Debütanten Kap Verde als Vorbereitungsspiel genutzt. "Für mich ist die Partie gegen Ungarn ein Schlüsselspiel für den Weg der deutschen Mannschaft. Ich hoffe, dass wir die Fokussierung beibehalten können und wir auch ohne den Test gegen Kap Verde ein gutes Spiel gegen die Ungarn machen können", sagte er.
Die zusätzliche freie Zeit am Sonntag verbrachten Gensheimer und Co. zunächst im Videostudium, dann ging es zur Extraeinheit in die Halle. "Klar, hätte uns das Wettkampfniveau gutgetan. Wir gehen die Trainingseinheit mit ein bisschen mehr Tempo und Gas an, als es bei einer normalen Trainingseinheit bei so einem Turnier der Fall ist", sagte Gensheimer.
Der Weltklasse-Linksaußen und seine Teamkollegen wissen: Das Spiel gegen Ungarn ist aufgrund des WM-Modus von großer Bedeutung. Alle Mannschaften nehmen die in der Vorrunde erspielten Punkte gegen die weiteren Hauptrundenteilnehmer mit in die nächste Turnierphase.
Ein Ende der Corona-Diskussionen, die bislang wie ein Schatten auf dieser Weltmeisterschaft liegen, ist noch nicht in Sicht. Allein schon deshalb, weil Kap Verde weiterhin um den Einzug in die Hauptrunde kämpfen wird. Der Außenseiter lässt weitere Spieler einfliegen, um sein abschließendes Vorrundenspiel gegen Uruguay zu bestreiten. Die Nachrücker müssen mehrere negative PCR-Tests vorlegen.
"Das Thema wird sicher abebben, da bin ich recht sicher und hoffnungsfroh. Allerdings wird es nie ganz zu Ende sein", vermutete DHB-Sportvorstand Axel Kromer. "Allein die Präsenz Kap Verdes auf dem Spielfeld wird das Thema wieder hochschwappen lassen."