Lange musste der FC Augsburg in der Saison 12/13 um den rettenden Platz 15 kämpfen. Dass es am Ende für den Klassenerhalt reichte, war zu erheblichem Teil zwei Spielern zu verdanken, die den Schwaben eigentlich gar nicht gehörten. Ja-Cheol Koo und Dong-Won Jin waren mitentscheidende Faktoren im Kampf gegen den Abstieg. Beide Südkoreaner, beide Nationalspieler, beide geliehen. Beide verließen den Klub zum Saisonende wieder.
Davon hatte der FCA offenbar genug: Man verpflichtete mit Jeong-Ho Hong abermals einen Südkoreaner, ebenfalls Nationalspieler, nur diesmal nicht auf Leihbasis, sondern stattete ihn gleich mit einem Vier-Jahres-Vertrag aus. Trainer Markus Weinzierl: "Wir haben nichts dagegen, wenn Jeong-Ho Hong eine ähnliche Entwicklung nimmt wie Ja-Cheol Koo und Dong-Won Ji in der letzten Saison."
Wunschtransfer beim FCA
Dass der Neuzugang das nötige Potenzial dafür mitbringt, scheint außer Zweifel. Denn in Südkorea gilt Hong schon lange als eines der größten Innenverteidigertalente des Landes. Bereits 2008 wurde er in die U 20 berufen, wo er sich schnell zum Stammspieler entwickelte. Auch in der U 23 und der A-Mannschaft Südkoreas zeigt der 24-Jährige regelmäßig sein Talent und darf sich berechtigte Hoffnungen auf eine WM-Teilnahme 2014 machen.
Nicht umsonst ist Hong der erste Innenverteidiger aus Südkorea, der in einer europäischen Top-Liga spielt. Auch der FCA wusste ganz genau, warum er gerade diesen Verteidiger wollte und keinen anderen: "Hong verfügt trotz seiner jungen Jahre als koreanischer Nationalspieler bereits über viel Erfahrung", sagte Weinzierl nach dessen Verpflichtung.
Ein Hauch von Dante und Hummels
Darüber hinaus erfüllt Hong die zentralen Anforderungen an einen modernen Innenverteidiger. Während er als Vorbilder Dante und Mats Hummels nennt, scheint er mit Blick auf seine Anlagen selbst eine Mischung aus beiden zu sein - nur eben noch nicht ausgereift. Defensiv tritt er wie der Brasilianer auf: Körperbetont. Hong setzt seinen 1,86 Meter großen Körper geschickt ein, um Gegenspieler vom Ball zu trennen, kopfballstark, aber bei weitem nicht hüftsteif, sondern durchaus wendig und geschickt.
Mit dem Ball am Fuß erinnert der Südkoreaner dagegen an Mats Hummels. Mit seiner sauberen Spieleröffnung und seiner Übersicht bringt er auch die Voraussetzungen mit, um auf der Sechserposition spielen zu können. Dazu ist Hong auch im gegnerischen Strafraum bei Freistößen und Eckbällen immer ein Gefahrenherd.
Zwar ist Hong vom Niveau seiner Vorbilder noch weit entfernt, in der K-League war er dennoch einer der besten Verteidiger und machte schnell von sich reden, weshalb auch die Nationalmannschaft nicht lange auf sich warten ließ. So kam er bereits 2010 zu seinen ersten Einsätzen, als er eigentlich noch für die U 23 spielberechtigt war.
Verpasste Olympia-Teilnahme
Dass diese Fähigkeiten bisher in Europa jedoch unentdeckt blieben, ist auch der Tatsache geschuldet, dass ihn immer wieder Verletzungen stoppten. So verpasste Hong immer wieder mehrere Spiele am Stück und absolvierte in der Saison 12/13 nur elf Pflichtspiele.
Im April 2012 kam es dann knüppeldick: Gegen Gyeongam riss sich der damals 22-Jährige das hintere Kreuzband im linken Knie und verpasste so nicht nur den Rest der Saison in der südkoreanischen K-League, sondern auch die Teilnahme an den Olympischen Spielen in London, bei denen er sein Team sogar als Kapitän auf das Feld geführt hätte.
Während seine Teamkollegen bei Olympia den dritten Platz sicherten, verweilte Hong zur Rehabilitation in Augsburg und verpasste so das erste mögliche internationale Turnier seiner Karriere.
Unumstrittener Stammspieler
Heute hat Hong seinen Platz in der Nationalmannschaft sicher. In seinen letzten vier Einsätzen für Südkorea stand er die volle Spielzeit über auf dem Platz und trug maßgeblich zur sicheren Abwehrleistung seiner Mannschaft bei.
Daran ändert auch die Entlassung des Trainers, der die Südkoreaner zur erfolgreichen Qualifikation führte, nichts. Sowohl unter Choi-Kang Hee, als auch unter dem jetzigen Trainer Myung-Bo Hong ist der Neu-Augsburger unumstrittener Stammspieler.
Mit den Auftritten in der WM-Quali war Hong dennoch nicht zufrieden. Selbstkritisch merkte er an: "Wir konnten unseren Fans nicht das geben, was sie erwartet hatten." Sein oberstes Ziel in dieser Saison lautet: gesund bleiben. "Es ist ein Segen, dass die Verletzung nicht dieses Jahr passiert ist, denn die Weltmeisterschaft ist Traum eines jeden", so Hong.
Dabei geht es ihm bei der Teilnahme an der WM nicht nur darum, für sich selbst eine einzigartige Erfahrung zu machen, sondern er denkt dabei auch an die Talente in seinem Heimatland: "Ich hoffe ich kann mich gut präsentieren und den Leuten zeigen, dass es in Südkorea viele gute Verteidiger gibt. Ich denke, dass das helfen wird, die Türen zu den europäischen Klubs zu öffnen."
Bereits im nächsten Länderspiel gegen Brasilien (Sa., 13 Uhr im LIVE-STREAM FOR FREE) will er dies beweisen. Schließlich gibt es kaum eine bessere Möglichkeit für einen Innenverteidiger, der auf sich aufmerksam machen will, als gegen die übermächtige brasilianische Offensive zu überzeugen.
Dann spielt er auch mit dem Duo zusammen, die einst zur Rettung des FC Augsburg beitrug. Denn Koo und Ji stehen ebenso im Aufgebot der südkoreanischen Auswahl.
Jeong-Ho Hong im Steckbrief