Die FIFA müsse für die "verletzten Migranten an den WM-Baustellen, für die Familien der (in Katar, d. Red) verstorbenen Arbeiter sorgen", so Klaveness: "Es gibt keinen Platz für Gastgeber, die nicht die Sicherheit der WM-Arbeiter sicherstellen. Keinen Platz für Führungsfiguren, die keine Frauenspiele ausrichten. Keinen Platz für Ausrichter, die nicht die Sicherheit und den Respekt für die LGBQT-Plus-Bewegung gewährleisten."
Der Weltverband sei die Themen zwar angegangen, aber nur auf Druck von außen und auch nicht ausreichend. "Die Zeit zu handeln - ist jetzt. Die FIFA muss das tun, was sie soll - vorweggehen. Nachhaltige Werte in alle Entscheidungen einbeziehen, Transparenz einführen, null Toleranz in Sachen Korruption und das Spiel für die Frauen fördern", sagte Klaveness. Bei weiterem "Wegschauen" seien die Stadien schon bald leer.
Der norwegische Verband werde "jede Initiative zur Sicherstellung der Kerngedanken des Fußballs, der Menschenrechte und gegen Diskriminierung unterstützen", führte sie aus: "Fußball spricht eine Sprache. Unser Spiel kann Träume inspirieren und Barrieren durchbrechen. Aber nur wenn die Führungsfiguren richtig und auf höchstem Niveau agieren."
DFB-Präsident Neuendorf begrüßt Klaveness' Rede
Der neue DFB-Präsident Bernd Neuendorf reagierte positiv auf die kritische Rede von Klaveness. "Ich finde es gut, dass die Diskussion offen auf der Bühne stattfindet und dass man sich mit diesen Fragen auseinandersetzt. Das kann man so machen," sagte der 61-Jährige.
Er selbst wolle während seiner Reise nach Doha einige Vorort-Termine mit Experten wahrnehmen, sagte Neuendorf weiter: "Ich will erstmal Gespräche führen und versuche, mich frei zu informieren. Das ist genauso wichtig. Wir tauchen nicht ab bei dem Thema, sondern schauen, dass wir uns erst selbst ein seriöses Bild von der Lage beschaffen." Dies sei sein eigener "Anspruch".
FIFA-Präsident Infantino verteidigt WM-Gastgeber Katar
FIFA-Präsident Gianni Infantino hat den WM-Gastgeber Katar beim Thema Menschenrechte hingegen erneut verteidigt und die Fortschritte gelobt. "Die Arbeit ist exemplarisch für viele andere Länder, auch wenn natürlich noch nicht alles perfekt ist", sagte der Boss des Fußball-Weltverbandes: "Es ist noch kein Paradies, aber das ist kein Land auf der Welt. Wir werden weitermachen, aber es ist schon eine Menge erreicht."
Er habe nach seinem Amtsantritt im Jahr 2016 gleich eine seiner ersten Dienstreisen nach Katar angetreten, um das Thema Menschenrechte anzusprechen. Denn er glaube, so der 52-Jährige weiter, "dass man positiven Wandel nur durch Engagement und Dialog erreichen kann. Man muss eine Partnerschaft aufbauen, und das haben wir getan. Wir haben einen sehr engagierten Partner gefunden, der das tut, was nötig ist, um den nötigen Wandel herbeizuführen."
Um die vermeintlichen Fortschritte zu dokumentieren, wurde zusätzlich noch ein fast zehnminütiges Video gezeigt. Zuvor hatte die norwegische Verbandspräsidentin Lise Klaveness die FIFA für den Umgang mit Katar auf dem Kongress in einer bemerkenswerten Wortmeldung kritisiert. Bereits vor der Veranstaltung hatten zum wiederholten Male zahlreiche Menschenrechtsorganisationen den Weltverband und im Speziellen Infantino für den Umgang mit dem Emirat angeprangert.