Jérôme Boateng bei Olympique Lyon: Und plötzlich wieder Hoffnung

Jerome Boateng, Olympique Lyon
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Jérôme Boateng galt bei Olympique Lyon schon als Fehleinkauf, weil er sportlich nicht die Erwartungen erfüllte und intern Unruhe gestiftet haben soll. Doch einen seltsamer Transfer-Sommer später darf der frühere Spieler des FC Bayern München plötzlich wieder hoffen - sogar auf die Nationalmannschaft?

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In den letzten 20 Jahren gab es gerade mal 35 Spieler, die mehr als 300 Bundesliga-Spiele zusammenbekommen haben. Wenn alles gut läuft, werden Matthias Ginter und Jonathan Schmid (jeweils 296 Bundesliga-Spiele) vom SC Freiburg sowie Maximilian Arnold (291) vom VfL Wolfsburg noch in dieser Saison dazustoßen.

Nicht mehr lange und sie haben auch die Marke von Jérôme Boateng (314) erreicht. Der inzwischen 34-jährige Innenverteidiger, der in der Bundesliga für Hertha BSC, den Hamburger SV und den FC Bayern München spielte, ist es eigentlich seit seiner ersten Saison als Fußball-Profi vor 16 Jahren gewohnt, fast immer auf dem Platz zu stehen. Hätte er nicht zwischendurch den Ausflug zu Manchester City und Olympique Lyon gewagt, wäre Boateng möglicherweise irgendwo in den Top 10 der Bundesliga-Rekordspieler gelandet.

Weil man es gewohnt ist, Boateng auf dem Platz zu sehen, hat es einen Nachrichtenwert, wenn man ihn da nicht mehr so häufig sieht. Als im vergangenen Frühjahr die Einsatzzeiten des Innenverteidigers in Lyon abgenommen hatten, wurde das hierzulande registriert.

Damals wurde aus Frankreich übermittelt, dass Boateng wiederholt Stress mit seinen Kollegen hatte. Mit Ex-Kapitän Leo Dubois während eines Spiels. Die Rede war von einem heftigen Wortgefecht. Mit Wunderkind Rayan Cherki (18) soll Boateng in einer Trainingseinheit Kopf an Kopf gestanden haben. "Für wen hältst du dich? Du hast noch nichts gemacht! Du musst mich respektieren!", schrie Boateng demnach auf Englisch.

Jérôme Boateng: Anfangs noch bejubelt

Dieser Respekt verschwand zunehmend auch in der französischen Öffentlichkeit, die anfangs noch die Ankunft eines Spielers, der vor gar nicht allzu langer Zeit maßgeblich an einem Champions-League-Sieg des FC Bayern beteiligt war, bejubelt hatte. Zunehmend wurde Boateng zum Problemprofi degradiert, die offizielle Ausbootung von Trainer Peter Bosz tat ihr Übriges.

"Ich kann nicht viel sagen", sagte Bosz damals: "Ich habe viele falsche Dinge in den Zeitungen gesehen. Für mich war er nicht bereit, heute zu spielen." Aussagen, die eine Flut von Spekulationen auslösten und weil Boateng dann immer seltener spielte, ging man davon aus, dass die Tage Boatengs in Lyon gezählt sein würden.

Die L'Equipe berichtete im Sommer mehrmals, dass OL nicht abgeneigt wäre, Boateng gehen zu lassen. Den Grund nannte Lyon-Experte Vincent Duluc im Sportbuzzer: "Es ist für ihn besonders schwierig, bei seinen Kollegen glaubwürdig zu wirken, wenn er schon nicht in der Lage ist, sich sportlich durchzusetzen."

Lose Interessenten gab es wohl aus der Türkei, vor allem das Gerücht um Trabzonspor hielt sich hartnäckig, doch Boateng lehnte dies wohl ab. Das oft zitierte Interesse Galatasarays, das aufgrund der Ablehnung von Trainer Okan Buruk erloschen sein soll, gab es in Wirklichkeit überhaupt nicht. Auch der öffentliche Flirt ("kein No-Go") mit einer Bundesliga-Rückkehr in einem kicker-Interview aus dem Juli blieb in Deutschland unerhört.

Zuletzt wieder Bewegung in den Gesprächen: Jerome Boateng und Peter Posz
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Zuletzt wieder Bewegung in den Gesprächen: Jerome Boateng und Peter Posz

Olympique Lyon: Der neue Investor investiert noch nicht

Es gab letztlich keinen Klub, der sich so ernsthaft für Boateng interessierte, dass Verhandlungen öffentlich wurden. Die Perspektive für Boateng in Lyon wurde aber immer schlechter. Gerade nach dem Einstieg von John Textor, der den Klub für 800 Millionen Euro übernahm und Investitionen in die Mannschaft versprach, schien für viele klar, dass Lyon genug Geld haben dürfte, um noch bessere Optionen für die Position zu finden.

Doch weder gab es eine teure Transferoffensive, noch kam ein einziger Spieler für die Innenverteidigung. Ganz im Gegenteil: Mit Jason Denayer ging sogar ein Innenverteidiger, der seit 2018 140 Spiele für Lyon machte, aber wie Boateng zuletzt nicht mehr nominiert wurde und nun vereinslos ist. So weit ist es bei Boateng noch nicht und dass Lyon in einer Saison ohne Europapokal nicht investieren wollte, könnte dem Deutschen in die Karten spielen.

Denn plötzlich sind aus Lyon andere Töne über Boateng zu hören. "Er ist Teil der Gruppe, ich verlasse mich auf die Spieler, die da sind und er ist da", sagte Trainer Bosz in der vergangenen Woche. Der Niederländer berichtete von muskulären Problemen, die Boateng seit drei Wochen außer Gefecht setzen würden. Diese sind nun ausgestanden - und nun kann Boateng angreifen, denn Bosz sagt klipp und klar: "Wenn er in dieser Saison zeigt, dass er seinen Platz in der Gruppe hat, kann er spielen. Ich habe mit ihm gesprochen: Er ist voll im Projekt."

Hat sich die Hartnäckigkeit von Boateng, in Lyon zu bleiben, also ausgezahlt oder ist es einfach nur der Versuch von Bosz, Ruhe in die Thematik zu bekommen, weil ständig Fragen über die Situation des Weltmeisters von 2014 gestellt werden und er keine Lust mehr hat, darauf ständig eingehen zu müssen? Richtig ist, dass Bosz Alternativen braucht. Mit Thiago Mendes spielt ein etatmäßiger Mittelfeldspieler im Abwehrzentrum neben Castillo Lukeba.

Jérôme Boateng: Leistungsdaten nach Verein

VereinSpieleToreVorlagen
Hertha BSC (2005 - 2007)1100
HSV (2007 - 2010)11329
Manchester City (2010 - 2011)2400
FC Bayern München (2011 - 2021)3631028
Olympique Lyon (seit 2021)2702

Jérôme Boatengs Gruß an Hansi Flick

Mendes macht seine Sache gut und dennoch wäre er im Mittelfeld besser aufgehoben. Ein Problem, das kurzfristig Boateng lösen könnte, wenn er wieder körperlich dazu in der Lage ist und doch noch den Ruf als Fehlverpflichtung loswerden will. Wenn die Gemütslage Boatengs tatsächlich so rosig ist, wie es seine Instagram-Aktivitäten vermuten lassen, könnte er bald wieder auf dem Platz stehen und sich zumindest für einen Vertrag ab Sommer empfehlen.

Doch vorher ist noch die WM in Katar. Als Weltmeister weiß er, wie es ist, den goldenen Pokal in die Höhe zu halten und ganz vergessen ist das DFB-Trikot nicht. "Ich habe die Nationalelf nicht abgehakt. Ich habe weiterhin guten Kontakt zu Hansi, wir sind im Austausch. In unserem Sport ist alles möglich. Hansi kennt meine Qualitäten", sagte Boateng im März im Interview mit der Welt am Sonntag.

Aktuell steht er bei 76 Länderspielen. Würde er noch einmal spielen, würde er in den Top 30 der deutschen Rekord-Nationalspieler landen. Weit vor Ginter und Co.

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