von Lutz Pfannenstiel
1. Der Fisch-Streich
Fußballer und Autos. Selbst Frauen sind manchmal nicht so wichtig wie irgendwelche Luxusschlitten, die man protzend durch die Gegend fahren kann. Ich habe auch nichts gegen einen schönen Wagen, aber einige meiner Ex-Kollegen haben das übertrieben und gingen richtig auf die Nerven. Zum Beispiel Dean H., mein ehemaliger Mitspieler bei Wimbledon. Der hat seinen Range Rover mit schwarzem Speziallack so geliebt, dass er ihn nicht auf dem Klub-Parkplatz abstellen wollte, weil es ihm dort zu staubig und matschig war.
Wir fanden das alle total affig, deswegen hat einer der verletzten Spieler während eines Trainings seinen Schlüssel aus der Hosentasche stibitzt. Dann ab ins Auto, es wie beim Rallye mehrmals durch den Dreck sliden lassen und wieder Zentimeter genau dort abgestellt, wo es vorher geparkt war. Der Range Rover war von oben bis unten eingedreckt, der Lack war zerstört und Dean stand kurz vor einem Ausraster.
Einige Tage später wurde es denkwürdig. Wenn ich lese, dass letztens irgendjemand Mario Balotelli Fische auf der Rückbank seines Maseratis versteckt hat, kann ich nur sagen: Nachmacher! Wir waren damals sogar kreativer. Wir wollten Mick H., auch einer von der Wimbledon-Gang, einen Streich spielen und haben einen toten Fisch an die Kotflügel-Innenseite seines Autos mit einem Tape angeklebt.
Der Fisch stank so schon, aber durch die Hitzeentwicklung beim Fahren wurde es unerträglich. Das Geniale: Über die Lüftung wurde der Geruch in den Innenraum richtig reingepresst. Aber Mick kam partout nicht drauf, woher er kam. Zehn Tage darauf verkaufte er das Auto - mit 5000 Pfund Miese.
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2. Der Wärmecreme-Streich
Noch einmal eine Story aus Wimbledon. Das war aber auch eine wilde Zeit mit Vinnie Jones, Gary Blissett und wie sie alle hießen. Auf jeden Fall ist das eine absolute Überlegende: Eines Tages kam ein Nigerianer zum Probetraining. Es war kalt und er bat unseren fast 90-jährigen Betreuer darum, eine Neoprenhose ausgeliehen zu bekommen - was dieser einfach mal abgelehnt hat. Deswegen musste der Nigerianer einen von uns fragen. Okay, am ersten Tag haben wir ihm eine gegeben. Aber am zweiten Tag wussten wir, dass wir die Steilvorlage nutzen müssen.
Also nahmen wir eine dieser schnellerhitzenden Wärmecremes und schmierten sie richtig schön in die Neoprenhose. Das meiste natürlich in die Leistengegend. Der Nigerianer schnappte sich also die Hose und zog sie wie am ersten Tag ohne Unterhose an. Das Gute war: Am Anfang merkt man ja nichts. Erst wenn man schwitzt, geht es los. Und dann noch das Neopren, das an sich schon aufheizt wie Hölle.
Er ging ganz normal aufs Trainingsfeld, aber nach fünf Minuten Joggen lief er schon komisch. Nach sechs, sieben Minuten steckte er sich erstmals die Hand in die Hose. Nach zehn Minuten hatte er Tränen in den Augen. Nach einer Viertelstunde musste er das Training abbrechen und kehrte zurück in die Kabine, um sich die Creme wegzuwischen. Nach einer Stunde hüpfte er immer noch mit Tränen in den Augen in der Kabine hoch und runter, weil er das Gefühl hatte, dass ihm die Eier wegbrennen. Alle Spieler, auch der Coach, wir lagen bei dem Anblick auf dem Boden und konnten nicht mehr.
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3. Der Schuh-Streich
Der Streich, die Schuhe von Mitspielern zu verstecken, ist wahrscheinlich so alt wie der Fußball an sich. Jeder war schon einmal der Täter oder eben das Opfer und kam zu spät zum Training. Das hier war aber nicht nur ein Streich, es war ein Thriller.
Als ich in Singapur war, gab es einen 17-Jährigen. Talentiert, aber auch mit Flausen im Kopf. Irgendwann erdreistete er sich, die Fingerkuppen meiner Torwart-Handschuhe abzuschneiden, als ich duschen war. Ich musste mich also rächen und klaute ihm beide Paar Fußball-Schuhe, kurz bevor wir zu einem Auswärtsspiel fuhren. Der 17-Jährige musste im Teambus zum Trainer gehen und kleinlaut gestehen, dass er keine Schuhe hätte. Die Mannschaft lachte sich kaputt.
Der Trainer, ein alter, sehr autoritärer Mann, fand das aber gar nicht lustig und hatte mich sofort unter Verdacht. Er ließ sich den Schlüssel zu meinem Hotelzimmer geben und durchwühlte alles: Die Schränke, das Bett, selbst hinter dem Klo schaute er nach. Ich wurde richtig nervös, aber irgendwann gab er doch auf und ich konnte das Unschuldslamm spielen.
Zum Glück schaute er nicht in das Eisfach des Kühlschranks oder blickte runter vom Balkon. Denn dort versteckte ich die beiden Paare.
4. Der Tattoo-Streich
Ich bin immer noch etwas erschrocken darüber, wie fies ich damals war. Andererseits hat es sich Andrew aber auch verdient. Andrew war ein alter Freund aus London, der mich damals in Singapur besuchen kam. Ich wollte es eigentlich nicht, weil ich wusste, wie gnadenlos er feiern konnte und wie peinlich er einem sein kann. In Singapur setzte er dem die Krone auf.
Er soff, er nervte, er fraß sich durch meinen Kühlschrank und er laberte auf peinlichste Art und Weise andauernd und überall die Frauen an, so dass ich mich nur noch geschämt habe. Meine Mitspieler schauten mich schon schief an. Dann hat Andrew auch noch den Besserwisser raushängen lassen und mir versucht zu erklären, wie ich zu spielen hätte. Dabei war er ein totaler Laie.
Das ging einige Wochen so weiter, bis mir irgendwann der Geduldsfaden riss. Als erstes heuerte ich einen thailändischen Transvestiten namens Gregory an. Andrew kam zu einer Zechtour meiner Mannschaft mit und wurde von Gregory angeflirtet - und er war total geschmeichelt, dass so ein hübsches Mädchen was von ihm will. Schnell knutschten sie rum, bis Andrew auffiel, dass es doch ein Ladyboy war.
Aber weil Andrew sich nicht mal davon abschrecken ließ, griff ich zu härteten Bandagen. Als Andrew davon erzählte, dass er sich ein Tattoo stechen lassen will mit dem chinesischen Zeichen für Kraft und Stärke, bin ich in das Studio und habe den Tätowierer mit 300 Dollar bestochen.
Erst vier Jahre später wurde ich von einem wütenden Andrew angerufen. Bei einem China-Imbiss wurde er lauthals von allen ausgelacht, weil sie das Tattoo sahen: Übersetzt hieß das Tattoo nämlich Cock Sucker. Mittlerweile hat mir Andrew aber wieder vergeben.
5. Der Folien-Streich
Zum Abschluss noch eine Gesichte aus der Wimbledon-Zeit. Nur eine Warnung: Wer gerade etwas isst oder generell etwas sensibler ist, bitte nicht weiterlesen.
Für alle anderen: Gary Blissett, einer meiner besten Freunde, kam früher vor dem Training in die Kabine, stellte seine Tasche hin und ging immer als erstes auf die kleine Toilette und legte eine größere Geschäftssitzung ein. Jeden Tag!
Irgendwann sagten wir uns, dass wir da was machen müssen. Also haben wir den Toilettensitz hochgehoben, eine Klarsichtfolie drübergespannt und den Sitz wieder runtergeklappt. Gary geht also wie immer aufs Klo, setzt sich mit seiner "News of the World" hin, lässt los - und in der Kabine hören wir erst nur ein lautes Schreien und dann wüste Beschimpfungen gegen uns.
An diesen Schrei erinnere ich mich noch heute und muss bei dem Gedanken grinsen. Er ist sofort in die Dusche gehoppelt - mit der besudelten Hose in der Kniekehle. Gott sei Dank hat es mir Gary nicht für immer übel genommen.
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