Der Kampf um Anerkennung: Kolumbiens kleine Riesen

Von Laura Romano
Kolumbien gegen die USA: Der körperliche Unterschied ist deutlich sichtbar
© Getty

Jung, unerfahren und zierlich: Gegen die übermächtigen Amerikanerinnen wirkten Kolumbiens Frauen fast wie Kinder. Doch ihr Stolz und ihr Kampfgeist bleiben trotz der Niederlage ungebrochen. Sie sind es gewohnt, gegen Widerstände anzurennen. In ihrer Heimat regiert der Machismo.

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"Wir werden jetzt keineswegs in Depressionen verfallen, sondern weiter darum kämpfen, dass Frauenfußball in Kolumbien groß wird!" Trainer Ricardo Rozo gab sich kämpferisch. Dabei hatte seine Mannschaft gerade deutlich mit 0:3 gegen die USA verloren - und damit auch alle Chancen auf das Viertelfinale der WM 2011.

Doch der Kampf der tapferen Kolumbianerinnen geht weiter. Der Kampf um Anerkennung und eine positive Entwicklung des Frauenfußballs in der Heimat.

In Kolumbien gibt es aktuell nur circa 2000 registrierte Spielerinnen, von denen die meisten als Stipendiatinnen in den USA leben und spielen. Zum Vergleich: In Deutschland spielen über eine Millionen Mädchen und Frauen.

Die Weltmeisterschaft 2011 war die erste des noch jungen Teams. Der Altersdurchschnitt liegt bei knapp 20 Jahren. Die meisten kommen direkt aus der U-20-Nationalmannschaft. Es lag auf der Hand, dass es die jungen, unerfahrenen Mädchen schwer haben würden gegen die absolut erfahrenen und gestandenen Spielerinnen aus den USA. Immerhin ging es für den Weltrangligisten 33. gegen den Ersten auf der Liste.

"Wir werden immer nur 1,60 Meter bleiben"

David gegen Goliath. Ein harter Kampf. Ein unmöglicher Kampf. Zumal sich der Unterschied auch in den körperlichen Voraussetzungen deutlich zeigte. Die Kolumbianerinnen wirkten fast wie Kinder neben den großen und breitgebauten Amerikanerinnen.

"Die Statur und die Größe eines Menschen kann man nicht beeinflussen. Damit sind die Amerikanerinnen gesegnet", sagte Carolina Arias, einer der wenigen Stars im kolumbianischen Team. Sie selbst hatte oft genug mit dem Größenunterschied zu kämpfen. Bei Ecken war sie gegen Abby Wambach eingeteilt: ein Weltstar im Frauenfußball - und mit 1,81 Meter auch eine der größten Spielerinnen bei der WM.

Doch auch Arias wollte sich nicht unterkriegen lassen: "Wir werden auch in fünf Jahren nur 1,60 Meter groß sein. Aber Schnelligkeit, Technik und Taktik haben nichts mit der Größe zu tun. Deswegen versuchen wir, uns in den Bereichen zu verbessern und hart daran zu arbeiten."

Während einige ihrer Kolleginnen in der Mixed Zone mit den Tränen zu kämpfen hatte, richtete Arias ihren Blick schon wieder in die Zukunft. "Nach dieser Weltmeisterschaft werden die Menschen in Kolumbien dem Frauenfußball vielleicht mehr Beachtung schenken. Einen Sport in einem Land zu verbreiten und zu vergrößern, ist schwerer als ein Spiel zu gewinnen. Doch es wächst. Und das ist es, was wir wollen!"

Der Nachwuchs kommt

Auch Trainer Rozo bilanzierte stolz: "Wir verabschieden uns erhobenen Hauptes aus dem Turnier. Kolumbien ist nun mal geprägt vom Machismo, der Frauenfußball hat dort noch einen sehr schweren Stand und steht erst ganz am Anfang. Aber wir haben viel für die Entwicklung getan. Vor allem im Nachwuchsbereich."

Tatsächlich besteht der Kern der Mannschaft aus U-20-Spielerinnen, die bei der Junioren-WM 2010 einen sensationellen Platz vier belegten. Sie haben also gute Voraussetzungen, ein erfolgreiches Team zu werden. Kampfgeist und Tapferkeit jedenfalls haben sie zur Genüge. Mit Rozos Worten: "Die Mädchen haben auch gegen die USA um ihr Leben gekämpft. Ich bin stolz auf sie, auch wenn sie jetzt natürlich traurig sind."

Auch Arias ist sich sicher, dass die Phase der Depression schnell vorbei geht. Die Kolumbianerinnen haben trotz der offensichtlichen Chancenlosigkeit ihr Bestes gegeben und haben versucht, sich gegen die Amerikanerinnen zu stemmen. "Ich persönlich bin sehr stolz auf das, was wir in diesem Spiel getan haben", lächelt die junge Frau, die auch von den neutralen Journalisten in der Mixed Zone Komplimente für den Mut ihrer Mannschaft erntete.

Veränderungen brauchen Zeit

Nun reisen sie zurück in ein Land, in dem ihr Job kaum geschätzt wird. Doch sowohl Trainer Rozo als auch die Spielerinnen glauben daran, dass sich die Situation in Kolumbien verbessert und die Menschen dort dem Frauenfußball nach dieser WM mehr Beachtung schenken.

"Man merkt schon eine Veränderung. Es braucht Zeit. Doch ich bin mir sicher, dass diese WM eine große Hilfe war, damit unsere Mitmenschen in Kolumbien unseren Sport würdigen und beachten", so Arias.

Und das wünscht man den Kolumbianerinnen. An den Fans dürfte es nicht scheitern. Denn das ganze Spiel über hörte man kolumbianische Trommeln und Gesänge durchs Stadion hallen, und das obwohl 80 Prozent der Zuschauer USA-Fans waren. Sie stehen zu ihrem Team und sind damit ein gutes Vorbild für ihre Landsleute in Kolumbien.

Laura Romano (18) begleitet als DB Schülerreporterin die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2011. Während der WM berichtet sie vor Ort von den Spielen in Sinsheim.