BVB nach der Europa-League-Blamage gegen die Rangers aus Glasgow: Saisonende Mitte Februar

Marco Rose steht beim BVB unter Druck.
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Borussia Dortmund hat sich nur elf Tage nach dem 2:5 gegen Bayer Leverkusen erneut vor heimischem Publikum blamiert und bei der 2:4-Pleite gegen die Rangers aus Glasgow in der Europa League ein erschreckendes Bild abgegeben. Der Schrei nach einem Trainerwechsel würde aber zu kurz greifen - die Probleme des BVB liegen tiefer.

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Michael Zorc starrte konsterniert auf den Boden und rutschte tief in seinen Sitz auf der Bank von Borussia Dortmund. Den Sportdirektor des BVB, seit über 40 Jahren im Klub und somit Ikone, wenige Monate vor seinem endgültigen Ausscheiden dermaßen frustriert zu sehen - es war ein ähnlich erschütterndes Bild wie jenes, das die Mannschaft der Schwarzgelben in den 90 Minuten zuvor gegen die Rangers aus Glasgow abgab.

Neben Zorc saß sein Nachfolger Sebastian Kehl, mit identischer Gestik und Mimik. Allerspätestens nach dieser Blamage, längst nicht mehr der ersten in der laufenden Saison, wird den beiden Verantwortungsträgern (hoffentlich) bewusst geworden sein: Der BVB befindet sich in einer echten Sinnkrise. Das kann auch der so inkonstant erarbeitete, aber dennoch souveräne zweite Platz in der Bundesliga nicht mehr kaschieren.

Durch das 2:4 gegen die Schotten steht die Borussia Mitte Februar vor dem Aus im dritten Pokalwettbewerb dieser Saison und angesichts der seit Jahren festgefahrenen Tabellensituation als Abo-Zweiter in der Liga wäre die Spielzeit für den BVB bei einem endgültigen K.o. in Glasgow kommende Woche praktisch vorbei.

"Wir sind in Berlin wieder in die Spur gekommen", sagte Marco Rose mit Blick auf den 3:0-Sieg bei Union vor der Partie. "Jetzt geht es darum, einmal eine Serie zu starten." Die Hoffnung auf Konstanz und Nachhaltigkeit, wie er es nannte, hat der Trainer schon mehrere Male fast wortgleich in den vergangenen Wochen und Monaten geäußert. Doch es will nicht im Entferntesten gelingen.

Trainerwechsel? Die BVB-Probleme liegen tiefer

Ist daran also der Coach schuld? Natürlich, aber natürlich auch nicht nur er. Rose ist schließlich nicht der erste Dortmunder Übungsleiter seit der goldenen Ära von Jürgen Klopp, der die teilweise extrem groteske Wankelmütigkeit nicht aus der BVB-Mannschaft, ja aus dem gesamten Verein bekommt. Es würde deutlich zu kurz greifen, in der aktuellen Phase nur nach einem Trainerwechsel als dem einzigen Weg zur Besserung zu schreien.

Denn Dortmunds Probleme liegen tiefer. Die einstige Identität des Klubs - Emotionalität, Gier, Kampfgeist, Bodenständigkeit - ist in den vergangenen Jahren unter den sich zementierenden sportlichen Gegebenheiten immer stärker verblasst. Der Schlussspurt auf Platz drei, der Pokalsieg und das Erreichen des Champions-League-Viertelfinals im Vorjahr waren stark, aber es ist der natürliche Anspruch an den BVB geworden. Um diesem jedoch kontinuierlich gerecht zu werden, klafft im Alltag zu häufig ein riesiges Loch zur Realität.

Individuell sind die Dortmunder zweifelsohne enorm talentiert und auch in einer rumpelnden und spielerisch wenig überzeugenden Saison wie der laufenden in der Lage, gegen andere Teams zu siegen oder wie in der Bundesliga 16 Vereine hinter sich zu lassen. Doch es fällt seit geraumer Zeit schwer zu erkennen, wofür die Mannschaft des BVB als gesamtes Gebilde eigentlich steht. Genau dies ist in einer in Sachen Fußball emotional aufgeladenen Region wie dem Ruhrgebiet jedoch das weitaus größere Übel als das regelmäßige Hin und Her zwischen Sieg und Niederlage.

BVB: Das Gesicht der Mannschaft muss sich verändern

So nämlich geht die Identifikation mit dem Verein immer stärker flöten, die Abstinenz der Zuschauer während der Pandemie hat diesen Prozess ohnehin befeuert. Lautstarke Pfiffe nach Schlusspfiff im Dortmunder Stadion, dem die organisierte Fanszene fehlt und wo wie am Donnerstagabend die durchgängig singenden Gästefans die Partie zu einem Auswärtsspiel machen, sind dafür nur zu symbolhaft.

Sollte sich die Borussia nächste Woche tatsächlich auch aus der Europa League verabschieden, würde sie noch ganze drei Monate sportlich relativ belanglos durch die Gegend dümpeln. Das wäre Gift für den Verein, möglicherweise aber auch eine gute Möglichkeit zur weiteren Selbstreflexion und Analyse.

Was darauf zu folgen hat, ist mittlerweile glasklar: Das Gesicht der Mannschaft muss sich verändern. Die Bosse des BVB sollten genau hinsehen, wer die wirkliche Lust in sich trägt, sich als Spieler stets verbessern zu wollen sowie alles für den Klub zu geben - und nicht erst dann, wenn man wie in der Vorsaison das Messer an der Kehle spürt. Sie sollten die für dieses Niveau und die eigenen Ansprüche fehlende Qualität zahlreicher Akteure schonungslos aufdecken und dann radikaler handeln als zuletzt.

BVB bislang bei 56 Gegentoren in 33 Pflichtspielen

Sie müssen sich aber auch die Frage stellen, ob Rose der Trainer ist, der die Borussia wirklich entscheidend weiterbringt und das Team auf Dauer verbessert. Blickt man auf die bisherige, nackte Bilanz des Coaches, dann spricht sie eher nicht dafür. 56 Gegentore (seit 1991 kassierte man nur 2007/08 mehr) in 33 Pflichtspielen, also 1,6 pro Partie, sind erbärmlich für diesen Klub.

Ist dies allerdings nicht vielmehr einer der Belege für die fehlenden Qualitäten, die der Kader als sportliche Gemeinschaft aufweist? Kassiert der BVB nicht irgendwie ständig ein Tor wie das 0:2 der Rangers, nach einem Eckball auf den kurzen Pfosten, der am langen dann vollendet wird? Kaum Körperspannung, wenig Laufbereitschaft, fehlende Antreiber und Führungspersönlichkeiten, um Widerständen zu trotzen - treffen diese Attribute nicht seit Jahren schon und unabhängig vom Mann an der Seitenlinie auf das Dortmunder Ensemble zu?

Die Vergangenheit hat diese Fragen mehrfach eindeutig beantwortet. Der Kader muss dringend deutlich mehr für Roses Spielidee optimiert werden und dabei Spielerprofile berücksichtigen, die zugleich der DNA des Vereins wieder mehr Leben einhauchen können. Die nachvollziehbare Apathie von Zorc und Kehl nach Spielende sollte also nicht zu lange anhalten.