"Schiedsrichter hat für Spanien gepfiffen": Julian Nagelsmann wählt klare Worte nach nicht gegebenem Handelfmeter für Deutschland gegen Spanien

Von Tim Ursinus
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Das Ausscheiden von Deutschland im EM-Viertelfinale gegen Spanien wurde zum Leid des DFB-Teams von einem nicht gegebenen Handspiel-Elfmeter überschattet. Die Folge waren klare Aussagen von Bundestrainer Julian Nagelsmann und eine hitzige Debatte im TV.

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"Der Schiedsrichter hat auch ein bisschen für Spanien gepfiffen", sagte ein gefasster Nagelsmann bei MagentaTV über die umstrittene Szene.

Jamal Musiala hatte in der 106. Spielminute beim Stand von 1:1 die abgespreizte Hand von Marc Cucurella, der sich im Strafraum befand, angeschossen. Der englische Schiedsrichter Anthony Taylor konnte dem spanischen Verteidiger aber offenbar keine Absicht unterstellen und zeigte nicht auf den Punkt. Nach der aktuellen Regelung muss diese offensichtlich vorliegen, um einen Elfmeter zu rechtfertigen. Videoschiedsrichter Stuart Attwell hatte nicht in die Szene eingegriffen.

Deutschlands Traum vom EM-Titel im eigenen Land platzte letztlich, weil Mikel Merino in der 119. Minute den Siegtreffer für Spanien erzielte.

"Es ist ein Thema, das schwer zu bewerten ist. Es ist halt fußball-like. Wenn man bewertet, ob der Ball in den Mittelrang geht oder in die Stuttgarter Altstadt, sage ich niemals Handelfmeter. Wenn der Ball aber aufs Tor geht und der Torhüter etwas machen muss, dann ist es für mich ein klarer Elfmeter. Das muss man schon bewerten. Wenn ich ein strittiges Handspiel habe und er knallt das Ding auf die Tribüne, dann würde ich auch keinen Elfmeter entscheiden, weil der Schuss ist nicht gut genug. Der Schuss ist aber sehr gut, der geht vielleicht sogar rein. Und die Hand ist schon weit weggestreckt. Da war der Elfmeter gegen die Schweiz weniger einer wie der", ergänzte Nagelsmann.

Handspiel-Regel: Julian Nagelsmann spricht sich für Einsatz von KI aus

Bei der ARD schlug Nagelsmann in eine ähnliche Kerbe: "Ich versuche schon seit Jahren reinzubringen, warum man bei keiner Handspielsituation bewertet, was aus der Situation wird. Wenn der Ball klar aufs Tor geht, stoppt er ihn mit der Hand, das ist Fakt. Er macht es nicht absichtlich, aber das spielt ja auch keine Rolle. (...) Ich kann es nicht nachvollziehen, dass man das nicht rein bekommt in den Fußball."

Auf der anschließenden Pressekonferenz forderte Nagelsmann den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Er wolle "nicht rumjammern", sondern "diese Bühne nutzen, um vielleicht ein bisschen in die Fußballrichtung diese Regel anzupassen, unabhängig von uns, für alle anderen Turniere oder Spiele. Es wäre schön, wenn man irgendwie bewerten würde, was mit dem Ball auch passiert", sagte er und fügte an: "Man kann das nicht isoliert betrachten. Genau wie bei der Schweiz, wenn eine Flanke runterkommt, dann gibt es auch KIs, die berechnen, wo die Flanke runterkommt. Dann gibt es für sowas wie die Schweiz Elfmeter. Wenn die Flanke ins Niemandsland geht und in der Mitte kein Spieler von uns steht, dann gibt es eben keinen Elfmeter. Wenn der Schuss von Jamal aufs Tor geht, dann gibt es Elfmeter. Wenn er auf die Tribüne geht, dann gibts keinen Elfmeter. Relativ simpel."

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Handelfmeter-Szene entfacht hitzige TV-Diskussion

Dieser Meinung waren auch die beiden Experten Michael Ballack und Shkodran Mustafi, die beide von einer "klaren Fehlentscheidung" sprachen.

Schiedsrichter-Experte Patrick Ittrich versuchte sich derweil an einem Erklärungsansatz. "Aus Sicht des Schiedsrichters zieht der Spieler die Hand aus der Schussbahn zurück - und aus diesem Grund hat er ihn nicht rausgeschickt. Welche anderen Bilder soll ihm der Videoschiedsrichter geben? Dann steht er da und sagt, es ist 50/50", sagte er und betonte: "Dieses Handspiel macht das ganze Dilemma dieser Regel sichtbar, dass wir einen Interpretations-Spielraum haben. Und deshalb gibt es eine On-Field-Entscheidung für Weiterspielen. Die Entscheidung wird so oder so nicht zurückgenommen, egal, ob er ihn gibt oder nicht. Ich bin aber eher bei Handspiel. Aber es ist nicht das Handspiel, dass du ihn rausschickst."

Ein Erklärungsansatz, den die Experten und Moderator Johannes B. Kerner nicht gelten ließen, weshalb sich eine hitzige Diskussion entfachte. Dabei drehten sich alle Protagonisten im Kreis und beharrten auf ihren Meinungen.

Thomas Müller: "Die Handregel ist ein ganz verzwicktes Luder"

Thomas Müller lobte derweil die Linie von Taylor. "Er hat versucht, nicht alles hart zu bestrafen. Zwischenzeitlich ging das Spiel in eine harte Richtung, da musste er ein paar Gelbe Karten verteilen. Da hat er sich versucht, zurückzuhalten. Hinten raus wurde es ein bisschen wilder, das ist ganz normal".

Zur Szene des Tages sagte er: "Den Handelfmeter kannst du geben, für uns wäre es super gewesen. Absicht war es nicht. Es gibt Handelfmeter aktuell, die nichts mit einem Torschuss zu tun haben oder in der sich der Gegner nicht einmal einen Vorteil verschafft. Die Handregel ist ein ganz verzwicktes Luder."

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