Am Ende standen neun Tore für Michel Platini zu Buche, den Dominator der EURO 1984, der Frankreich quasi im Alleingang die europäische Fußball-Krone aufsetzte. Bis heute ein einsamer Rekord, sonst gab es nie mehr als fünf Tore eines Spielers in einem EM-Turnier.
Genauso gelang es nie wieder einer Nation, 14 Tore bei der Endrunde zu erzielen wie der von Platini angeführten Equipe Tricolore bei der Heim-EM 1984. In allen fünf Partien der Franzosen trug sich der in seinem Heimatland als Maestro verehrte Spielmacher in die Torschützenliste ein, ebenfalls eine unerreichte Serie in der EM-Historie.
Platini: Neun Tore in fünf EM-Spielen
Es ist nur schwer vorstellbar, dass ein Spieler eine bessere Offensivleistung bei einer EM-Endrunde zeigen kann als Platini beim Titelgewinn 1984. Am ehesten käme einem hier Cristiano Ronaldo in den Sinn, der seit Jahren Rekord um Rekord in der Champions League pulverisiert und mit seiner Trefferquote den europäischen Vereins-Fußball dominiert.
In der Saison 2014/15 erzielte der Portugiese 61 Tore in 54 Pflichtspielen und war damit bester Torjäger in Europas großen Ligen. In der abgelaufenen Saison war er mit 51 Treffern in 48 Partien hinter dem Uruguayer Luis Suarez zumindest bester Europäer in diesem Ranking.
Rekordtorschütze der Champions League ist Ronaldo bereits (93 Tore), nun könnte er sich diesen Titel auch bei der Europameisterschaft sichern. Denn in der sonst so schillernden Karriere des Fußballers Michel Platini bleibt der Makel bestehen, dass er sich mit Frankreich während seiner aktiven Laufbahn außer für die Europameisterschaft im eigenen Land nie für die EM-Endrunde qualifizieren konnte.
Lupenreiner Hattrick innerhalb von 18 Minuten
So thront Platini mit seinen neun Toren zwar weiterhin an der Spitze der ewigen EM-Torjägerliste, aber schon im Sommer könnte er diesen Rekord verlieren. Hinter dem nicht mehr aktiven Alan Shearer (sieben Tore) liegen Schwedens Zlatan Ibrahimovic und eben Cristiano Ronaldo bei ihrer jeweils vierten Europameisterschaft mit je sechs Toren in Lauerstellung.
Nimmt man die Qualifikation hinzu, konnte der Portugiese Platini bereits hinter sich lassen. Hier ist Ronaldo mit insgesamt 26 Toren Rekordtorjäger bei Europameisterschaften. Nun soll auch der Rekord an Endrunden-Toren fallen.
Im Gegensatz zu Ibra und CR7 in diesem Jahr ging Platini mit Frankreich 1984 als Favorit in das Turnier und hielt diesem Druck auch im Turnierverlauf stand. Nach einem holprigen Start gegen Dänemark, in dem die Franzosen erst durch einen späten Treffer Platinis mit 1:0 gewannen, ließ Platini im zweiten Gruppenspiel beim 5:0 über Belgien aufhorchen.
Neben seinen drei Toren war der Maestro auch der spielerische Taktgeber der Franzosen und brachte es auf 120 Ballaktionen in der Partie - ein Wert, den bis zur EURO 2000 nur zwei weitere Spieler in einer EM-Partie erreichten. Zum Abschluss der Gruppenphase erzielte Platini beim 3:2 über Jugoslawien alle drei Treffer der Franzosen und markierte dabei auch den bis heute einzigen lupenreinen und gleichzeitig schnellsten Hattrick der EM-Geschichte (in 18 Minuten).
Michel Platini (Frankreich) 1984 | Cristiano Ronaldo (Portugal) 2012 | |
Tore | 9 | 3 |
Direkt verwandelte Freistöße | 2 | 0 |
Vorlagen | 1 | 0 |
Torschüsse | 26 | 37 |
Torschussvorlagen | 11 | 10 |
Passgenauigkeit | 80 Prozent | 81.5 Prozent |
Ballaktionen/90 Minuten | 63 | 43 |
Im Halbfinale wartete mit Portugal der erste echte Brocken auf die Franzosen, die sogar in der zweiten Hälfte der Verlängerung in Rückstand lagen, ehe Platini das 2:2 für Jean-François Domergue auflegte und les Bleus nur kurze Zeit später mit dem 3:2-Siegtreffer höchstpersönlich ins Finale schoss.
Dort brachte Platini die Franzosen gegen Spanien mit seinem zweiten direkt verwandelten Freistoß im Turnierverlauf in Front (wenn auch unter gütiger Mithilfe des spanischen Keepers Luis Arconada), ein Kunststück, das sonst einzig Thomas Häßler bei der EM 1992 gelang (ebenfalls zwei Freistoßtore). Frankreich gewann letztlich 2:0 und Platini nahm neben dem EM-Pokal auch die Ehrung als bester Spieler des Turniers entgegen.
CR7 gab die meisten Torschüsse der EM-Historie ab
Und was ist nun von Ronaldo bei der diesjährigen Europameisterschaft zu erwarten? Wie bei Platini, der von 1983 bis 1985 zu Europas Fußballer des Jahres gekürt wurde, ist die individuelle Klasse des dreifachen Weltfußballers (2008, 2013 und 2014) unbestritten.
Doch während Platini bei der EM 1984 mit Jean Tigana, Luis Fernandez und Alain Giresse ein "Magisches Viereck" im Mittelfeld bildete, war dem Portugiesen das Glück eines hochkarätig besetzten Kaders nach dem Abtreten der Goldenen Generation Portugals nach der EM 2004 nicht vergönnt. Dass er Portugal im Alleingang zur EM-Krone führen kann, scheint unwahrscheinlich. Dass er ein Wörtchen um die Torjägerkanone mitreden kann, ist aber kein Geheimnis.
Bei der Europameisterschaft 2012 scheiterte Portugal nur knapp am späteren Europameister Spanien im Halbfinale (2:4 i.E.). Ronaldo gab als vermeintlicher Alleinunterhalter in der portugiesischen Offensive 37 Torschüsse im Turnierverlauf ab, das ist bis heute EM-Rekord vor dem Russen Roman Pavlyuchenko (28 Torschüsse, 2008) und den 26 Versuchen von Platini bei der EM 1984. Auch insgesamt ist Ronaldo mit 77 Torschüssen abschlussfreudigster Spieler seit Datenerfassung bei Europameisterschaften im Jahr 1980.
Ronaldos letzte Chance auf den EM-Rekord?
Behält CR7 seine Tor-Ausbeute von vor vier Jahren bei, würde er also mit Platini als Rekordtorschütze gleichziehen. Schraubt er etwas an seiner Chancenverwertung, könnte er sogar eine neue Bestmarke setzen. Dass er auch im Nationalmannschaftstrikot nichts von seiner Abschlussfreude verloren hat, bewies er bereits in der Qualifikation zur diesjährigen Endrunde, als er fünf Tore in sechs Partien erzielte und durchschnittlich knapp fünf Torschüsse pro Spiel abgab.
Platini war bei der Europameisterschaft 1984 mit 29 Jahren im besten Fußballeralter, das gilt für den mittlerweile 31-jährigen Ronaldo wohl auch noch. Doch allzu viele Endrunden wird der Portugiese vielleicht nicht mehr spielen können. Wenn er Platinis Rekord angreifen will, muss er in diesem Sommer damit anfangen.