"Das war wie eine Selbsthilfegruppe": Julian Nagelsmann spricht über eine dunkle Stunde der Nationalmannschaft

SID
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Julian Nagelsmann hat die DFB-Elf aus dem Jammertal zurück in die Fanherzen geführt - und greift nach den Sternen.

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Die ungeahnte Renaissance der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, davon ist Julian Nagelsmann felsenfest überzeugt, hätte auch seinen größten Fan "stolz" gemacht. Sein viel zu früh verstorbener Vater, erzählte der Bundestrainer vor seinem einjährigen Dienstjubiläum am Sonntag dem Stern, hätte angesichts des erfolgreichen Wirkens seines Sohnes "Freudentränen in den Augen gehabt".

Papa Nagelsmann, einst Mitarbeiter beim Bundesnachrichtendienst, "war ein politisch denkender Mensch", erzählte der Bundestrainer, "ihn hat immer bewegt, wie die Menschen auf ihr Land schauen. Darum hätte es ihn nun sehr gefreut, dass wir als Nationalmannschaft eine positive Dynamik ausgelöst haben."

In der Tat: Nagelsmann hat die DFB-Elf aus dem tiefsten Jammertal zurück in die Fanherzen geführt - in Rekordzeit! Nun ist er wild entschlossen, bei der WM 2026 nach dem fünften Stern zu greifen. Seinen "Masterplan" für das Weltturnier, sagte er in dieser Woche auf der Messe "Digital X" in Köln, habe er bereits in der Tasche: Es gelte, schon "jetzt eine Elf zu finden mit fünf, sechs top Einwechselspielern", die in den USA auf den Gipfel stürmen soll.

Drunter macht es Julian Nagelsmann nicht. Das war bereits bei seinem Start zu spüren, als er ein "Sommermärchen 2.0" bei der Heim-EM als Ziel ausrief. Der mit 36 Jahren jüngste Bundestrainer der Nachkriegsgeschichte, gerade erst beim großen FC Bayern gescheitert, wurde dafür mancherorts belächelt. Viele sahen in ihm den "Projekttrainer", der schneller wieder weg sein würde als alle DFB-Chefcoaches vor ihm - sogar er selbst dachte so. Doch dann verliebte er sich in seine Mannschaft und entwickelte sich zum "Glücksfall", wie Sportdirektor Rudi Völler schwärmte.

15 Spiele mit acht Siegen und drei Niederlagen, darunter das bittere EM-Aus im Viertelfinale gegen Spanien (1:2 n.V.), sowie zehn Debütanten - das ist die nüchterne Bilanz in Zahlen. Doch sie erfasst nicht, wie sehr sich das öffentliche Bild der DFB-Auswahl unter Wachküsser Nagelsmann gewandelt hat. Sogar das mit euphorischen Urteilen oft zurückhaltende Fachblatt kicker titelte am Donnerstag: "Ein Jahr Aufbruch".

Julian Nagelsmann
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Julian Nagelsmann sah bei der DFB-Elf überall "geschlagene Hunde"

Nagelsmann ging es pragmatisch an und zeigte sich nach gescheiterten Experimenten wie mit dem spielmachenden Linksverteidiger Kai Havertz nicht beratungsresistent - im Gegenteil. Ein Tipp von Basketball-Weltmeistertrainer Gordon Herbert zur Rollenverteilung im Kader erwies sich ebenso als golden wie die wagemutige Rückholaktion von Toni Kroos.

Dennoch: Als Nagelsmann im März die heiße EM-Phase einläutete, lag die DFB-Elf am Boden. "Es war furchtbar, ja", erinnerte er sich, "das war wie eine Selbsthilfegruppe", überall nur "geschlagene Hunde". Doch unterstützt von der "Vaterfigur" Völler und mit dem Rückenwind der Siege über Frankreich und die Niederlande schwebte Nagelsmanns punktuell clever veränderte Auswahl "völlig losgelöst" zur EURO.

Dort blieb der große Coup zwar aus, doch Nagelsmann drehte nach drei Turnier-Fehlschlägen die Stimmung, sein tränenreicher Auftritt am Tag nach dem Aus mit der vielbeachteten Rede zur Lage der Nation schlug Wellen weit über den Fußball hinaus. Und für Nagelsmann stand endgültig fest: "Diese Mannschaft ist meine Mannschaft." Er stellt sie zusammen, und er findet: "Du liebst deine Leute und gibst alles für sie."

Mit dieser Art, "geradeheraus und ohne Angst zu scheitern", packt Nagelsmann Spieler wie Fans. Die feiern einen Trainer, der "jedes Mal eine Gänsehaut bei der Hymne" bekommt. Am liebsten im MetLife Stadium von East Rutherford am 19. Juli 2026. "Dafür", sagte Nagelsmann über den WM-Titel, "wollen wir alles geben - und ich bin guter Dinge, dass wir das schaffen können."

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