DFB-Neuling Suat Serdar: Der Akademie-Spieler, der keiner ist

In fünf Bundesligaspielen gelangen Suat Serdar in dieser Saison bereits drei Tore.
© getty

Nach diversen Absagen hat Bundestrainer Joachim Löw Suat Serdar für das Testspiel gegen Argentinien (Mi., 20.45 Uhr im LIVETICKER) und das EM-Qualifikationsspiel in Estland nachnominiert. Der 22-Jährige ist eines der Gesichter des Aufschwungs beim FC Schalke 04 - und ein Akademie-Spieler, der keiner ist.

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Über sieben Jahre, von 2008 bis 2015, spielte Suat Serdar in der Nachwuchsabteilung des FSV Mainz 05, aber austreiben konnten sie ihm den Straßenkicker dort nicht. "Obwohl er bei uns lange in der Akademie ausgebildet wurde, ist er kein klassischer Akademie-Spieler", sagt der Mainzer Sportvorstand Rouven Schröder gegenüber SPOX und Goal. Schröder ist seit 2016 im Verein. Seit der Zeit, als Serdar erstmals regelmäßig für die Mainzer Bundesligamannschaft zum Einsatz kam.

"Er hat das Profil eines Straßenfußballers, ist technisch sehr versiert, stark im Eins-gegen-Eins und kann die Kugel auf engstem Raum behaupten", sagt Schröder. Serdar stürmt auch mal nach vorne, wenn er vielleicht besser hinten bleiben sollte. Er schießt auch mal, wenn die Erfolgsaussichten nur er sieht, oder dribbelt gegen zwei Gegenspieler. Er wagt und riskiert und wenn es klappt, dann sieht es gut aus. "Suat hat das dynamische Wilde im Blut und sich bis heute erhalten", sagt Schröder.

Suat Serdars Weg von der Straße zu Schalke

Aufgesaugt hat Serdar das dynamische Wilde einst auf den Straßen seiner Heimatstadt Bingen. "Mit meinen Freunden und meinem großen Bruder habe ich immer auf der Straße Fußball gespielt", erinnerte sich Serdar vor etwa einem Jahr im Gespräch mit SPOX und Goal an seine Kindheit. "Irgendwann hat mein Vater mich dann bei Hassia Bingen angemeldet. Auch, weil mein Bruder schon dort gespielt hat."

Sofort war er der Beste seiner Mannschaft, bei einem U9-Spiel gegen Mainz beeindruckte er auch den Gegner und wechselte bald darauf die Seiten. Statt um die Ecke war der Trainingsplatz fortan knapp 30 Kilometer im Osten. Weil seine Eltern keine Zeit hatten, ihn zu allen Trainingseinheiten zu bringen, musste er oft alleine mit dem Zug fahren.

Serdar durchlief bei Mainz eine Nachwuchsmannschaft nach der anderen und feierte im September 2015 mit 18 Jahren sein Bundesligadebüt. Unumstrittener Stammspieler über einen längeren Zeitraum wurde er aber erst zweieinhalb Jahre später. Bis dahin spielte er mal, war mal verletzt, spielte wieder, saß auf der Bank oder wurde nur eingewechselt.

"Für sein Spiel als Box-to-Box-Spieler braucht es eine extreme Körperlichkeit. In der Hinsicht war er bei uns zunächst noch nicht ganz auf dem Niveau, über 90 Minuten sein spannendes Profil auf den Platz zu bekommen", erklärt Schröder. "Je älter er wurde, desto mehr hat er sich in diesem Bereich aber weiterentwickelt." So weit, dass der FC Schalke 04 im Sommer 2018 die Ausstiegsklausel in Höhe von 10,5 Millionen Euro zog.

Suat Serdar ist eines der Gesichter des Schalker Aufschwungs

Für Serdar war es nicht nur der Abschied aus Mainz, sondern auch aus Bingen. Es war wohl der größte Einschnitt seines Lebens. "Bei seinem Abschied habe ich richtig gespürt, wie viel ihm sein Umfeld hier bedeutet - und wie schwer es für ihn war, das zurückzulassen. Die Region ist ihm total wichtig", sagt Schröder. "Suat ist ein Mainzer Bub: sehr höflich, bodenständig, teamfähig und heimatverbunden." Sein acht Jahre älterer Bruder Mükerrem spielte noch bis zu diesem Sommer für Hassia Bingen. Als vergangenes Jahr der Aufstieg in die Oberliga gelang, saß Suat auf der Tribüne.

Dessen erstes Jahr bei Schalke resultierte dagegen beinahe im Abstieg. In einer verunsicherten Mannschaft war Serdar einer von vielen - unter dem neuen Trainer David Wagner aber ist er eines der Gesichter des Aufschwungs, der am vergangenen Spieltag beinahe in der Tabellenführung resultierte.

Die ersten beiden Saisonspiele verpasste Serdar noch wegen Knieproblemen, anschließend aber entwickelte er sich zum festen Bestandteil der Startelf. In fünf Einsätzen gelangen ihm bereits drei Tore. Mal spielt er auf der Sechs, mal auf der Acht und mal auf der Zehn. Immer aber spielt er dynamisch und wild und mit Zug zum Tor.

Suat Serdar: 39 Spiele für DFB-U-Nationalmannschaften

Und fortan macht er das auch im Nationaltrikot, das er aber ohnehin schon bestens kennt. Seit der U16 spielte Serdar für alle DFB-Mannschaften, insgesamt machte er 39 Spiele. Im vergangenen Juni war er Teil der U21, die in Italien EM-Zweiter wurde. "Er ist immer begeistert zu den Spielen der deutschen U-Nationalmannschaften gereist", erinnert sich Schröder. "Er wollte gefühlt immer unbedingt für Deutschland spielen."

Genau das aber stellte jüngst der türkische Nationaltrainer Senol Günes in Frage - angeblich habe Serdar ein doppeltes Spiel gespielt. "Es gab Gespräche mit Suat Serdar und seinem Vater. Nur seinetwegen habe ich mir drei Spiele von Schalke im Stadion angesehen. Wir haben auf die Papiere gewartet, aber sie kamen nie an", sagte Günes. Serdar hat türkische Vorfahren, theoretisch hätte er auch für die Türkei spielen können. "Wir respektieren, dass er für Deutschland spielen will, aber er hätte es offen sagen sollen."

Ein Mann der vielen Worte aber war Serdar ohnehin nie. Er gibt nicht viele Interviews und wenn doch, dann spricht er bedacht und zurückhaltend - zumindest außerhalb des Platzes bedient er somit das Bild des klassischen Akademie-Spielers.

Suat Serdars Leistungsdaten in der Bundesliga

SaisonVereinSpieleToreAssists
2015/16FSV Mainz 0512--
2016/17FSV Mainz 058--
2017/18FSV Mainz 05252-
2018/19FC Schalke 042621
2019/20FC Schalke 0453-
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