Frage: Gehen wir weg vom Achtelfinale und der Bewertung des Spiels. Wie sehen Sie das große Ganze bei diesem Turnier?
Müller: Nach dem 4:0 gegen Portugal haben alle 'hurra' geschrien, aber das Spiel ist auch super gelaufen. Elfmeter und Tor, Standardsituation und Tor, Rote Karte für Portugal. Dann haben wir noch ein paar Konter gesetzt und alles schaut viel besser aus. Das Ghana-Spiel war unser schwächstes bezüglich Zuordnung und Offensivspiel. Das USA-Spiel war ein Schritt nach vorne. Die erste Halbzeit gegen Algerien war ein Rückschritt. Wir müssen an einigen Schrauben drehen, um mal ein richtig gutes Spiel auf den Platz zu bringen. Wir wollen insgesamt eine bessere Performance abliefern. Aber Frankreich wird wieder ein ganz anders Spiel. Die Franzosen werden uns den Ball auch nicht einfach so hinlegen.
Frage: Ein Problem war bisher auch die Chancenverwertung. Wie kann die Mannschaft das in den Griff kriegen?
Müller: Wenn du viele Chancen hast, hast du auch die Möglichkeit, viele zu vergeben. Nehmen wir als Beispiel meine Kopfballchance gegen Algerien. Wenn die Flanke im Training fünf Mal so kommt, mache ich sie dreieinhalb Mal rein. Ich habe den Kopfball nicht schlecht erwischt, nur ging er halt nicht links oder rechts unten rein.
Frage: In welchem körperlichen Zustand sehen Sie die Mannschaft nach vier Spielen?
Müller: Das Portugal-Spiel war das anstrengendste, weil die Hitze noch ungewohnt war. Nach Ghana hatte keiner mehr Beschwerden. Und die 120 Minuten jetzt waren nicht so fordernd wie das Pokalfinale. Bis auf Bastian Schweinsteiger hatte keiner Probleme, wir konnten Gas geben bis zum Schluss.
Frage: Wie gut ist die aktuelle Mannschaft im Vergleich mit der von 2010?
Müller: Wir haben eine viel bessere Mannschaft als 2010. Wir konnten vor vier Jahren das Spiel nicht von hinten aufziehen wie jetzt, wir mussten kontern. Das war gegen England so, als wir Glück hatten, dass das zweite Tor nicht gegeben wurde und wir dann noch zwei Gegenstöße fahren konnten. Und beim 4:0 gegen Argentinien war es noch krasser. Da ging es nur darum, die Offensivkraft des Gegners auszuschalten. Mit drei Mann haben wir Messi verfolgt, mit selten gesehener Leidenschaft. Deshalb haben wir gewonnen. Jetzt sind die Spieler in ihrer Entwicklung weiter und wir haben andere Spieler dazubekommen. Ich finde unsere Auftritte bei dieser WM souveräner als 2010. Da waren wir vor dem letzten Gruppenspiel gegen Ghana vor dem Ausscheiden.
Frage: Was passiert, wenn Sie am Freitag gegen Frankreich im Viertelfinale ausscheiden?
Müller: Das wäre für mich unbefriedigend. Doch ich möchte nicht, dass einige Jungs, die alles gegeben haben, dastehen wie die letzten Deppen. Als Bayern-Spieler kann ich, wenn ich im Finale verliere, nicht "hurra" rufen. Im Nachhinein könnte ich sagen, dass wir eine gute WM gespielt haben, doch ich würde sicher nicht mit einem lachenden Auge im Flieger sitzen. Wir werden am Freitag alles raushauen und versuchen, die Fehler abzustellen.
Frage: Zeigen Sie wieder Ihren Freistoßtrick aus dem Algerien-Spiel, den Sturz beim Anlauf?
Müller: Ich finde es ist ein guter Trick. Wenn man sich die Bilder anschaut, hat er auch funktioniert. Die Verteidigung hat kein bisschen reagiert, und wenn der Lupfer 30 Zentimeter höher kommt, stehe ich alleine vorm Tor.
Frage: Und warum sind Sie derjenige, der sich hinlegen muss?
Müller: Ich bin halt prädestiniert für solche Sachen.