Die Baustelle Bundestrainer ist geschlossen, doch die Arbeiten für Joachim Löw sind mit seiner Vertragsverlängerung noch lange nicht beendet. Der 50-Jährige muss die hochbrisante Kapitänsfrage beantworten und die Arbeitsteilung mit DFB-Sportdirektor Matthias Sammer genau regeln.
Außerdem ist der Verbleib von Chefscout Urs Siegenthaler sowie Mediendirektor Harald Stenger noch offen. Und über allem schwebt die ungewisse Zukunft des amtsmüden DFB-Präsidenten Theo Zwanziger.
Zwanziger-Zukunft fraglich
Für Franz Beckenbauer ist allerdings klar, dass Zwanziger sich beim DFB-Bundestag im Oktober in Essen zur Wiederwahl stellen wird. "Er wird schon weiter machen. Er ist ja auch ein guter Präsident", sagte der Kaiser in mehreren Interviews. Zwanziger will sich vor der DFB-Präsidiumssitzung am 30. Juli zu seiner Zukunft äußern, bis dahin aber "in Ruhe" überlegen.
Gedanken muss sich auch Löw hinsichtlich seines künftigen Kapitäns machen. Entweder der Coach erklärt seinem Team vor dem nächsten Länderspiel am 11. August in Kopenhagen gegen Dänemark, dass der alte Leitwolf Michael Ballack wieder der Chef ist und Philipp Lahm abdanken muss.
Oder Löw muss Ballack mitteilen, dass seine Dienste nur als "normaler" Nationalspieler gebraucht werden - wenn überhaupt.
Lahm und Ballack streiten um das Kapitänsamt
Im Vorfeld dieser Entscheidung scheinen die Fronten verhärtet. Lahm hat seinen Führungsanspruch formuliert und betreibt weiter Werbung in eigener Sache. "Ich stehe für Kommunikation. Das ist ein Punkt, der mir unheimlich wichtig ist. Reden schafft Verständnis und kann Fehlern vorbeugen", sagte der Außenverteidiger der "Sport Bild". Für Ballack dagegen stellt sich die Kapitänsfrage gar nicht: "Ich bin Kapitän der Nationalmannschaft. Philipp Lahm hat Ansprüche zu einem Zeitpunkt gestellt, den ich für unpassend halte."
Während Löw bei diesem heiklen Punkt auf Zeit spielt ("Ich werde mit beiden zu gegebener Zeit das Gespräch suchen"), sprach sich Beckenbauer bereits klar für Ballack aus. "Klar ist doch, dass Michael der Kapitän ist und bleibt, wenn er wieder spielt", sagte der Weltmeister von 1974, der erstaunlicherweise die Entscheidung über eine generelle Rückkehr Ballacks ins Nationalteam nicht dem Bundestrainer überlassen will: "Michael ist der Kapitän, er allein entscheidet."
Sammer siegt im internen Machtkampf
Die Entscheidung hinsichtlich der Arbeitsteilung zwischen Löw und Sammer ist dagegen schon gefallen. Sammer übernimmt von Teammanager Oliver Bierhoff die "administrative Zuständigkeit" für die U 21 und darf sich als Sieger des internen Machtkampfs fühlen - auch wenn Zwanziger den Bundestrainer nach wie vor als "Chef" sieht.
"Ich bin sehr zufrieden mit dieser Lösung. Es ist klar zum Ausdruck gekommen, dass die administrative Verantwortung für dieses Team ab sofort beim Sportdirektor liegt", sagte Sammer.
Auch für Beckenbauer ist die Stärkung der Position Sammers ein "ganz wichtiger Schritt". Nach Ansicht des 64-Jährigen ist Sammer der "Garant für die erstklassige Nachwuchsarbeit". Deshalb sei es "nur logisch, dass man ihm auch die Verantwortung für die U21 gibt".
Allerdings muss sich nun in der Praxis erweisen, ob die Zusammenarbeit zwischen Löw und Sammer funktioniert. Schon im Vorfeld des Dänemark-Spiels könnten sich Probleme ergeben, da die U21 einen Tag vor der A-Mannschaft in der EM-Qualifikation auf Island antreten muss.
Die Frage wird sein, für welche Auswahl die Jungstars Thomas Müller, Marko Marin, Holger Badstuber oder Toni Kroos auflaufen werden.
Bundesliga-Klubs kritisieren Terminkalender
Allerdings ist derzeit noch nicht einmal sicher, welche der Spieler überhaupt in Frage kommen. Nach der massiven Kritik aus der Bundesliga an diesem Termin will Löw den Klubs entgegenkommen.
"Vor der Nominierung werde ich mit allen Trainern sprechen. Ich muss mir Gedanken machen, was Sinn ergibt", sagte Löw, dessen Jahresgehalt nach Informationen der Bild-Zeitung von 2,5 auf 2,7 Millionen Euro angehoben wurde.
Auf diese relativ moderate Gehaltserhöhung hätten sich die beiden Parteien nach Ansicht Beckenbauers schon weit früher einigen können. Der Ehrenpräsident des Rekordmeisters Bayern München übte in diesem Zusammenhang heftige Kritik an Oliver Bierhoff.
Dieser sei mit seinen Forderungen zu Beginn der Verhandlungen "über das Ziel hinausgeschossen". Auf Beckenbauer wirkten die Ansprüche Bierhoffs wie "eine Art feindliche Übernahme".