Hummels: "Ich habe mich bei allen bedankt"

Von Für SPOX in Dortmund: Jochen Tittmar
Mats Hummels (l.) bei seinem wichtigen Tackling in der letzten Minute der Nachspielzeit gegen Varane
© getty

Zur Pause sah Mats Hummels im Spiel gegen Real Madrid noch wie der tragische Held aus. Am Ende stand ein 4:1 und Borussia Dortmund damit schon fast im Finale? Im Interview zeigt sich Hummels selbstkritisch und warnt vor zu großer Euphorie.

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Als die erste Halbzeit beim 4:1 von Borussia Dortmund gegen Real Madrid abgepfiffen wurde, war Mats Hummels der Spielverderber.

Doch sein Fehlpass vor dem Treffer von Cristiano Ronaldo wurde von den vier Lewandowski-Toren zum Glück überstrahlt.

Im Interview spricht Hummels über die Auswirkungen des Wechsels von Mario Götze auf die Mannschaft, die Gründe für die starke zweite Hälfte des BVB und bremst zugleich die Euphorie.

Frage: Herr Hummels, Ihr Fehlpass schenkte Real Madrid das 1:1. Haben Sie sich schon bei Robert Lewandowski für die vier Tore bedankt?

Mats Hummels: Ich habe mich bei allen bedankt. Wie die Jungs mit mir in der Pause umgegangen sind, war wirklich richtig stark. Sie wissen, dass mich so etwas durchaus beschäftigt (lacht). Das hat man mir auch in der zweiten Halbzeit angemerkt: Ich habe nicht die Sicherheit gefunden, die ich von mir gewohnt bin. Es gilt jetzt für mich persönlich, dies bis Samstag zu ändern.

Frage: Was ist denn in der Halbzeitpause passiert, dass der BVB so bärenstark aus der Kabine kam?

Hummels: Wir waren einfach nicht zufrieden mit dem, wie wir ab der 20., 25. Minute agiert haben. Da wurden wir schwächer, vor allem mit dem Ball. Das mündete dann in diesem Ausgleich durch meinen Fehlpass. Wir wussten einfach, dass wir an diesem Punkt wieder ansetzen müssen und generell mehr Aggressivität im Defensivverhalten sowie mehr Mut mit dem Ball am Fuß zeigen müssen. Das haben wir dann besser umgesetzt. Wir haben pure Leidenschaft an den Tag gelegt, die auch belohnt wurde, wobei das 3:1 sicherlich auch ein bisschen Zufall war. Ich weiß nicht, ob Schmelle wirklich passen wollte - aber wenn, dann hat er es genial gemacht (lacht).

Frage: Hatten Sie auch das Gefühl, dass Real geschockt war, wie Dortmund in der zweiten Halbzeit losgelegt hat?

Hummels: Man hatte schon den Eindruck. Wir haben nicht mehr viel zugelassen, auch wenn sie natürlich immer wieder im Ansatz gefährliche Situationen hatten. Wir haben sie aber eine große Zeit lang sehr weit weg von unserem Tor gehalten. Das war in dieser Phase der Schlüssel zu unseren Treffern und vor allem auch der Überlegenheit.

Frage: Wie sehr war der Wechsel von Mario Götze zu den Bayern ein Thema vor dem Spiel?

Hummels: Am Dienstag war das schon in unseren Köpfen. Zum Glück kam es aber einen Tag früher heraus. Wenn es am Spieltag passiert wäre, hätte es uns wahrscheinlich schon viel mehr beeinträchtigt.

Frage: Jürgen Klopp hat die Fans eingeschworen, die negativen Gefühle zu Hause zu lassen. Wie ist er mit der Mannschaft umgegangen?

Hummels: Er hat uns das natürlich auch so mit auf den Weg gegeben. Wir waren in den ersten Minuten und Stunden, als die Nachricht draußen war, nicht unbedingt hoch erfreut. Da wir Mario aber alle als Person sehr schätzen, haben wir das irgendwann auch einfach akzeptiert. Niemand in unserem Mannschaftskreis hat ein Problem mit ihm, daher war der Umgang mit ihm auch ganz normal.

Frage: Der Umgang der Fans mit Götze war aber sicherlich nicht selbstverständlich, oder?

Hummels: Das stimmt, da muss man ihnen auch Anerkennung zollen. Der Trainer und viele Spieler haben im Vorfeld versucht klar zu machen, dass es wichtiger ist, uns auf das Champions-League-Halbfinale zu konzentrieren, als dass Mario gehen wird. Ich glaube, dass der Transfer so aus dem Nichts kam war das, was den Fans und auch uns als Mannschaft am meisten wehgetan hat - weil wir eben das Gefühl hatten und auch immer noch haben, dass er sehr gerne bei uns spielt und nicht jetzt schon wechselt.

Frage: Am Ende steht ein beeindruckendes 4:1 gegen Real Madrid. Haben Sie das eigentlich schon realisiert?

Hummels: Realisiert schon. Da wir aber noch nicht durch sind, werden wir jetzt auch nicht überschwänglich. Wir haben für das, was heute machbar und möglich war, fast alles herausgeholt. Vor allem auch für mich persönlich nach dem, wie der Ausgleich zustande gekommen ist. Da war die zweite Halbzeit genau die richtige Antwort.

Frage: Jetzt sieht es richtig gut aus mit einem rein deutschen Finale.

Hummels: Ich hoffe es sehr. Die Bayern werden sich das nicht nehmen lassen. Wenn das Finale dann nicht rein deutsch wird, heißt das ja, dass wir es nicht geschafft haben (lacht).

Frage: Denken Sie, der Vorsprung könnte nicht groß genug sein?

Hummels: Erst einmal sollten wir noch das Rückspiel spielen, bevor wir weiter über ein mögliches Finale reden.

Frage: Aber ein 4:1 muss doch reichen!?

Hummels: Wenn man nach Madrid fährt und behauptet, man könnte nicht 0:3 verlieren, dann wäre man sehr überheblich. Real hat eine unglaubliche Qualität. Dennoch haben wir uns jetzt natürlich schon eine super Position erarbeitet, klar. Wir sind aber nicht mit einem oder anderthalb Beinen im Finale, sondern haben vielleicht einen kleinen Zeh hineingestreckt. Mehr aber auch nicht.

Frage: Die Fans sangen bereits vom Finale.

Hummels: Auch sie wissen, dass wir noch lange nicht durch sind. Wir haben uns eine bessere Ausgangsposition erarbeitet, als viele wohl erwartet haben. Wir wissen, dass uns in Madrid ein 90-minütiges Feuerwerk von Real erwartet. Unsere Aufgabe ist es, das zu verhindern.

Frage: Die Atmosphäre war einmal mehr gigantisch. Haben Sie es jemals so laut im Stadion erlebt?

Hummels: In einigen Momenten wie beim 3:2 gegen Malaga, der ersten Meisterschaft 2011 oder dem 4:3 gegen Stuttgart bei diesem 4:4 war es vielleicht schon einmal lauter. Dass es aber über 90 Minuten so laut war, gab es nicht nur hier noch nie, sondern wahrscheinlich überhaupt auch in relativ wenigen Stadien auf der Welt.

Frage: Was würde ein möglicher Triumph in der Champions League bedeuten?

Hummels: Das wäre auf die Erfolge, die wir hier zuletzt gefeiert haben, die absolute Krönung. Der Titel muss jetzt unser Ziel sein.

Borussia Dortmund - Real Madrid: Daten zum Spiel