In der 54. Minute des Champions-League-Spiels zwischen Schalke 04 und Galatasaray zuckten die 54.740 Zuschauer in der Veltins Arena zusammen. Als Mark Uth zu Boden sank und klarmachte, dass er ärztliche Hilfe benötigt, war von den zuvor so lauten und wilden Fangesängen nichts mehr zu hören.
Erst als der Sommer-Neuzugang der Schalker selbstständig den ramponierten Gelsenkirchener Rasen verlassen konnte, schallten die langgezogenen Uth-Rufe durch das Rund der Arena. Nicht zum ersten Mal am Dienstagabend. Nur rund fünf Minuten zuvor brachte Uth das Stadion zum Explodieren, als er nach kluger Vorlage von Guido Burgstaller zum 2:0 für Königsblau einschoss.
Spätestens mit diesem Treffer - seinem ersten in der Champions League überhaupt - ist der gebürtige Kölner endgültig auf Schalke angekommen. Und vielleicht noch wichtiger: Er hat sich durch seinen Einsatz und seine wiedergefundene Kaltschnäuzigkeit einen Platz in den Herzen der Anhänger erarbeitet.
Nach Torflaute: Tedesco machte Uth zum Spielmacher
Dass man Uth auf Schalke am Abend des 6. Novembers mit Sprechchören feiert, war noch vor wenigen Wochen alles andere als selbstverständlich, schließlich präsentierte sich der Offensivmann bei seinen ersten Auftritten für Königsblau nicht von seiner besten Seite. Mit den Vorschusslorbeeren des erfolgreichsten deutschen Stürmers der Bundesligasaison 2017/18 verpflichtet, erwartete man auch im Ruhrgebiet vor allem eins von ihm: Tore. Diese blieben allerdings zunächst aus.
Hauptgrund für die neuerliche Fan-Liebe ist in erster Linie sein Trainer Domenico Tedesco, beziehungsweise dessen taktischer Kniff, Uth seit rund zwei Wochen nicht mehr in der Sturmspitze aufzustellen. Statt als klassischer Neuner agiert er seit dem 0:0 bei Galatasaray als zentraler Mittelfeldspieler, der das Spiel machen soll - mit Erfolg.
"Er ist ballsicher, gibt eine richtig gute Kopplung zwischen Mittelfeld und Sturm und hat in Istanbul und in der Liga schon ein paar gute Bälle durchgesteckt. Er presst intelligent und füllt diese Rolle wirklich sehr gut aus", erklärte Tedesco Uths Transformation vom Mittelstürmer zum Achter auf Nachfrage von SPOX und Goal.
Mark Uth sieht sich weiter als Stürmer
Selbst Schalkes Sportvorstand Christian Heidel, der Uth im Sommer aus Hoffenheim nach Gelsenkirchen holte, ahnte nichts von der Flexibilität. "Ich wusste gar nicht, dass er dort überhaupt spielen kann. Eigentlich habe ich ihn als klassischen Stürmer gesehen", verriet er auf Nachfrage. "Aber, wenn er im Mittelfeld spielt, eine Leistung zeigt wie heute und sogar noch Tore erzielt, ist natürlich alles gut. Er hat es sehr gut gemacht."
Schon beim 3:1-Sieg gegen Hannover 96 am vergangenen Wochenende zeigte Uth in neuer Rolle eine überragende Leistung und avancierte dank seines ersten Bundesligatreffers für S04 zum Matchwinner. Auch aufgrund dieser Serie mit zwei Treffern in zwei Partien kann sich der Linksfuß immer mehr mit seiner neuen Rolle anfreunden: "Ich fühle mich ganz wohl auf der Acht, kann Dinge kreieren und habe das Spiel vor mir."
Komplett wohl fühlt er sich im zentralen Mittelfeld allerdings noch nicht, wie er zugibt: "Ich spiele lieber in der Spitze, wenn ich aber auf der Acht meinen Platz finde und trotzdem torgefährlich sein kann, ist es für mich gut. Wenn das meine neue Position ist, nehme ich sie an."
Schalke hofft, dass der "Uth-Lauf" noch lange anhält
Denn während es für Uth mit zwei Treffern in vier Tagen offensiv gut läuft und Heidel bereits auf einen "Uth-Lauf" hofft, wie er ihn aus Hoffenheim kannte, musste sich der Nationalspieler in den letzten Wochen vor allem defensiv umstellen. "Auf der Acht hat man Pflichten, denn man muss mit nach hinten arbeiten. Der Trainer geht mit (Amine) Harit und mir schon ein bisschen Risiko", beschreibt er die Veränderungen in seinem Aufgabenbereich.
Dass diese vielen Zweikämpfe und Tacklings Spuren hinterlassen, musste er gegen Galatasaray spätestens in der 54. Spielminute feststellen, als er mit schmerzverzerrtem Gesicht zu Boden sank. "Ich hatte leichte Schmerzen im Oberschenkel. Wir haben schwere Wochen hinter uns und irgendwann ist die Luft am Ende", erklärte er, machte aber gleichzeitig klar, dass er fest damit rechne, am Wochenende gegen Eintracht Frankfurt wieder einsatzfähig zu sein.
Geht es nach Sportvorstand Heidel, darf der Offensivmann seinen "Uth-Lauf" auch gegen den DFB-Pokal-Sieger fortsetzen und beim Gastspiel in Hessen erneut einnetzen: "Ich hoffe, dieser Lauf hält noch lange an." Aus Schalker Sicht hätte mit Sicherheit niemand etwas dagegen. Schon gar nicht die leidgeprüften Anhänger, die nur darauf warten, erneut die langgezogenen Uth-Sprechchöre durchs Stadion schallen zu lassen.