Das Klischee des raubeinigen und trinkenden Profis haftet dem britischen Fußball seit jeher an. Zu präsent sind in der Zeit der jungen "Three Lions" weiterhin die wilden Saufgeschichten der alten Haudegen. Craig Bellamy ist einer von ihnen: anders als die anderen, geradlinig und um keinen Zweikampf verlegen. Attribute, die einem in der englischen Fanszene zum Kultstatus verhelfen.
Für den zwar als talentierten, aber mehr als schwierigen Charakter bekannten Waliser galt der Wechsel im Sommer 2006 zum FC Liverpool als letzte Chance, auf internationaler Bühne Spuren zu hinterlassen. Doch bereits in den ersten Monaten eckte Bellamy innerhalb der Mannschaft an. Im Trainingslager in Portugal vor dem Achtelfinal-Hinspiel gegen den FC Barcelona kam es zum Eklat.
Während eines Saufgelages forderte der angeheiterte Bellamy seinen Mitspieler John Arne Riise in der Karaoke-Bar lauthals auf, ebenfalls ein Lied zu singen. Doch dieser weigerte sich und verließ die Party. Bellamy blieb, trank weiter und stattete dem Norweger in der Nacht im Hotelzimmer einen Besuch ab - mit einem Golfschläger im Gepäck.
Mit einem 7er-Eisen klopfte der inzwischen sturzbetrunkene Waliser mehrmals auf den schlafenden Riise ein. "Ich habe ihn mit der Rückseite des Schlägers geschlagen. Aber ich habe nicht voll durchgezogen. Es war vielmehr ein Hieb, ehrlich", verriet Bellamy, der vom Verein eine Strafe in Höhe von 120.000 Euro kassierte.
Im Achtelfinale gegen den Titelverteidiger
Liverpool-Coach Rafa Benitez nahm den Streit zwischen beiden Spielern wahr, verwies in der Öffentlichkeit aber stets auf die enorme Bedeutung des Trainingslagers für das Team und die anstehenden Aufgaben.
Schließlich hatte man sich in einer machbaren Gruppe mit Eindhoven, Bordeaux und Galatasaray zwar souverän als Gruppenerster qualifiziert, mit Barcelona wartete im Achtelfinale aber der Titelverteidiger. Dieser zeigte in der Gruppenphase ungewohnt Schwäche. Vor Bremen und hinter Chelsea qualifizierte man sich nur als Zweiter für die nächste Runde.
Dennoch gingen die Spanier als Favoriten ins Rennen. Vor allem im Hinspiel im heimischen Camp Nou erwarteten viele eine Machtdemonstration der Katalanen, die in 17 CL-Heimspielen nicht besiegt worden waren. Doch Reds-Coach Benitez überraschte bereits vor dem Spiel. Die beiden Streithähne Bellamy und Riise fanden sich trotz des Golfschläger-Zwischenfalls in der Startelf wieder.
Barca wurde vor allem in der Anfangsphase seinem Favoritenstatus gerecht. Die Spanier schnürten Liverpool in der eigenen Hälfte ein und trafen bereits nach 14 Minuten durch ein Kopfballtor des Portugiesen Deco. Erst nach einer halben Stunde kamen die Engländer besser in die Partie und erarbeiteten sich selbst vereinzelt Chancen.
Bellamy trifft mit dem Kopf
Kurz vor der Halbzeit brachte Finnan eine Flanke aus dem Halbfeld in den Strafraum. Belletti und Marquez segelten in der Mitte unter dem Ball durch, sodass Bellamy am zweiten Pfosten frei zum Kopfball kam und die Kugel unter Mithilfe von Keeper Valdes über die Linie drückte. Der Auftritt des Walisers folgte eigentlich jedoch erst nach dem Tor.
Der Stürmer sprintete die Torauslinie entlang, hielt auf halber Strecke zur Eckfahne an und imitierte in Anspielung an den Eklat im Hotelzimmer einen abschlagenden Golfer. Eine Aktion zwischen Selbstironie und Selbstverherrlichung, schließlich bekam die englische Presse bereits vor dem CL-Spiel von dem Zwischenfall im Hotelzimmer Wind und taufte den Waliser kurzerhand "the nutter with the putter", der Irre mit dem Golfschläger.
Doch die Geschichte nahm im Verlauf der zweiten Halbzeit weiter ihren abstrusen Verlauf. Barcelona kontrollierte die Partie und kam zu den deutlich besseren Möglichkeiten. Doch durch die zahlreichen Offensivaktionen der Katalanen ergaben sich Räume für die Reds. Zunächst parierte Valdes einen indirekten Freistoß von Gerrard, doch knapp 15 Minuten vor Schluss ging Liverpool tatsächlich in Führung.
Co-Produktion der Streithähne
Nach einem Pass von Gerrard tauchte Kuyt alleine vor Keeper Valdes auf, brachte die Kugel allerdings zunächst nicht im Tor unter. Über Umwege landete der Ball bei Riise, der auf Höhe des Elfmeterpunktes stand und den Ball zum 2:1-Enstand knapp unter die Latte jagte.Liverpool ist somit weiterhin das letzte Team von der Insel, das im Camp Nou einen Sieg landen konnte. Nach Manchester United, Chelsea und Arsenal bietet sich Manchester City (ab 20.45 Uhr im LIVE-TICKER) erneut die Chance, diesen Bann zu brechen. Um weiterzukommen sind allerdings mindestens zwei Tore für City Pflicht. Den Reds hingegen reichte 2007 im Rückspiel gegen die Katalanen eine 0:1-Pleite, um ins Viertelfinale einzuziehen - den Streithähnen Bellamy und Riise sei Dank.
"Wenn ich an die Nacht im Hotelzimmer zurückdenke, erschrecke ich immer wieder selbst. Es war armselig, dumm und einfach nur betrunkenes Getue", so Bellamy Jahre nach dem Trainingslager. Eine kleine Randnotiz sorgte für das Sahnehäubchen der hollywoodreifen Geschichte. Die Vorarbeit für das Tor von Riise kam - wie sollte es anders sein - von Craig Bellamy. "Es war vom Schicksal für uns beide bestimmt", so Riise nach der Partie lachend.
Craig Bellamy im Steckbrief