Die Eintracht lieferte in der Vorsaison teils spektakuläre wie torreiche Partien ab und erreichte damit Rang neun. Eigentlich ein ordentliches Zeugnis für die SGE, doch Trainer Thomas Schaaf kam weder mit der kritisch bohrenden Medienlandschaft, noch mit den großen Persönlichkeiten innerhalb der Mannschaft klar.
Damit alles wieder so glänzend wird wie vor zwei Jahren, als die Eintracht mit ausbalanciertem Offensivfußball in den Europapokal einzog und dort stimmungsvolle Abende verbrachte, holte man den damaligen Erfolgscoach Armin Veh zurück.
Unter dem neuen Alten steht somit wie bereits im Vorjahr der nächste Neustart an. Das Personal hat sich ein wenig verändert und auch der Fußball wird unter Veh ein anderer sein als während Schaafs Amtszeit.
Das ist neu:
Neun Millionen Euro - so viel Geld haben die Frankfurter noch nie für einen Spieler eingenommen. Doch durch den Abgang von Stammkeeper Kevin Trapp nach Paris ist auch ein Vakuum entstanden, ein gestandener Führungsspieler brach aus der Hierarchie des Teams weg. Die Kapitänsbinde übernimmt der noch verletzte Platzhirsch Alex Meier.
Um Trapps Wechsel aufzufangen, holte Manager Bruno Hübner auch dank des auf 38 Millionen Euro aufgestockten Budgets gleich zwei Keeper an den Main. Heinz Lindner kam von Austria Wien, erhielt von Veh allerdings nicht viele Vorschusslorbeeren und patzte im Testspiel gegen Tokio gleich doppelt.
Daher wird in Lukas Hradecky von Bröndby IF künftig der finnische Nationaltorhüter zwischen den Pfosten stehen. Mit dem 25-Jährigen war sich die Eintracht längst einig, doch Hradecky sollte für die Dänen noch das Europa-League-Rückspiel bei Omonia Nikosia bestreiten. Am Tag darauf wurde der Deal verkündet.
In den restlichen Mannschaftsteilen gibt es jeweils eine Verstärkung: Stefan Reinartz (Leverkusen) wird Vehs neuer Quarterback im defensiven Mittelfeld, der schnelle David Abraham (Hoffenheim) eine ernst zu nehmende Alternative für die Innenverteidigung um Carlos Zambrano und Ersatzkapitän Marco Russ und Stürmer Luc Castaignos (Enschede), der sich überraschend zügig von einem Muskelfaserriss erholte, hat aufgrund von Meiers Ausfall ebenfalls gute Chancen, gleich zum Start in der Anfangsformation zu stehen.
Kommen soll noch Linksaußen Mijat Gacinovic (FK Vojvodina Novi Sad), der mit der U20 Serbiens erst kürzlich Weltmeister geworden ist. Einigkeit mit dem 20-Jährigen besteht schon lange, auch den Medizincheck hat er schon bestanden. Doch der Transfer eines Nicht-EU-Bürgers ist bürokratisch nicht unkompliziert. Gacinovic tingelt derzeit noch von Amt zu Amt, bis er die Arbeitserlaubnis für Deutschland endgültig in der Tasche hat.
Veh hat sich zudem die Talentförderung auf die Fahne geschrieben. Dafür war der Coach bislang nicht berüchtigt, doch in Keeper Yannick Zummack (19), Mittelfeldspieler Joel Gerezgiher (19) sowie den Angreifern Luca Waldschmidt (19) und Enis Bunjaki (17) gehören nun vier Youngster aus dem eigenen Nachwuchs fest zum Profikader.
Besonders Gerezgiher konnte in der Vorbereitung Pluspunkte sammeln, Waldschmidt traf beim Pokalsieg über den Bremer SV. Veh lobte die Jungen bereits für ihren Ehrgeiz und die Aufnahmefähigkeit, körperlich müssen sie jedoch noch eine Schippe drauflegen, um im Liga-Alltag eine Option darstellen zu können.
Die Taktik:
Veh legt Wert auf Ballbesitz und die dafür notwendigen Parameter Passsicherheit und sauberes Kombinationsspiel. Er bindet die Außenverteidiger sehr hochstehend ein und möchte durch ein Mehr an Anspielstationen im Mittelfeld die Kontrolle über den Kontrahenten gewinnen.
Während seiner ersten Amtszeit in Frankfurt ließ der Trainer fast ausnahmslos im 4-2-3-1 spielen, das mit der Zeit starrer und ausrechenbar wurde. Dies will Veh nun von Beginn an vermeiden. Er baute in der Vorbereitung häufig auf ein 4-4-2 mit flacher Vier, das ohne die durch den Ausfall von Meier sowieso vakante Zehnerposition auskommt.
Die Doppelspitze werden Haris Seferovic und Castaignos bilden, wobei wohl dem Niederländer die Rolle zuteil wird, sich immer wieder situativ fallen zu lassen oder durch Ausweichbewegungen auf die Flügel Räume zu öffnen. Veh ist von dieser Konstellation im Angriff angetan, die beiden Stürmer ergänzten sich in den Testspielen bereits mehr als ordentlich.
Neben dem gesetzten Defensivstrategen Reinartz, der in der Spielauslösung für die Ballkontrolle zuständig ist, kann Veh variieren. Stendera wäre der Mann für die offensivere Acht, Johannes Flum oder der derzeit noch als Rechtsverteidiger eingesetzte Makoto Hasebe die Kandidaten für die klassische Doppelsechs.
Systematisch sind neben dem aktuell favorisierten flachen 4-4-2 auch das mit einer Raute sowie das ohnehin bereits verinnerlichte 4-2-3-1 denkbar. Grundsätzlich wird Veh sein Team in jedem Fall offensiv ausrichten und bewusst das Risiko eingehen, anfällig für Konter zu sein. Hier die richtige Balance zu finden, wird für die im Vorjahr drittschlechteste Defensive der Liga die größte Herausforderung sein.
Der Spieler im Fokus:
Lukas Hradecky. Der 25-Jährige feiert erst am Dienstag seine Trainingspremiere bei den Adlern, doch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit steht er vier Tage später beim Auftakt in Wolfsburg gleich zwischen den Pfosten.
"Hradecky verkörpert, was ich gerne sehe: Er spielt gut von hinten raus, ist auch noch ein guter Torhüter. Wenn wir nicht voll überzeugt gewesen wären, hätten wir auch nicht so lange gewartet", sagte Veh über seinen Wunschkandidaten.
Der gebürtige Slowake hat zwar schon neun Pflichtspiele in den Knochen, das Torwarttraining unter Moppes Petz kennt er allerdings noch nicht - genauso wie die Abläufe mit seinem neuen Team.
Hradecky sollte dennoch auf Anhieb funktionieren und tritt nebenbei in große Fußstapfen. Braucht die Umstellung zu viel Zeit, könnte der Eintracht im schlimmsten Fall ein Torwartproblem drohen.
Die Prognose:
43 Punkte sowie ein einstelliger Tabellenplatz standen unter Schaaf zu Buche. Schon jetzt steht fest, dass es für Frankfurt kein Selbstläufer wird, diese Werte zu toppen.
Veh hat dem Umfeld erlaubt, vom Europapokal zu träumen, weiß aber nur zu gut, wie kontraproduktiv es wäre, dahingehend eine feste Zielsetzung zu formulieren. Doch einen Funken Hoffnung, dass in der oberen Tabellenhälfte ein Plätzchen frei wird und Veh die Eintracht erneut dorthin dirigieren kann, hegen sie am Riederwald auch vereinsintern.
Wichtiger ist im ersten Jahr unter der neuen sportlichen Leitung jedoch, zunächst einmal die Unzulänglichkeiten der Vorsaison abzustellen. Damals hagelte es zu viele Gegentore und Niederlagen auf fremden Plätzen (11), zudem verspielte die SGE mehrere Führungen.
Gelingt dies im Zusammenspiel mit Vehs offensiver Grundausrichtung, wäre ein erster wohl auch publikumswirksamer Schritt getan. Zwischen Rang sieben und 13 gibt es in der Tabelle viel Platz für die Eintracht, das Potential für eine ähnliche Überraschung wie 2013 ist jedoch ebenso vorhanden.
"Es ist nicht realistisch, dass wir in den Uefa-Cup kommen", sagt Veh. Am Ende dürfte Platz neun eher die Wirklichkeit abbilden.
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