FC Bayern München gewinnt souverän bei Union Berlin: Ein kleines Stück vom alten Selbstverständnis

Von Oliver Maywurm
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Sieg gegen Köln, Weiterkommen gegen Arsenal, Sieg bei Union: Der FC Bayern hat mit dem 5:1-Erfolg in Berlin am Samstagabend eine sehr erfolgreiche Woche perfekt gemacht. Und dabei ein zuweilen verloren geglaubtes Selbstverständnis gezeigt, das dazu beitragen könnte, dass die Ära Thomas Tuchel doch noch glückselig endet.

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Nun lieferte Union fürwahr nicht gerade viel Gegenwehr. Aber auch an der Alten Försterei gab es sie, die Momente, in denen der FC Bayern hätte wackeln können. Die Momente, in denen der Gegner trotz deutlicher fußballerischer Unterlegenheit beginnt, dem FCB den Schneid abzukaufen. In denen sich der Rekordmeister von aufkeimender Euphorie im Auswärtsstadion beeindrucken lässt. Eben so, wie man es in dieser Saison schon mehrfach erlebt hat, zum Beispiel in Bochum oder Heidenheim. Als man sich doch sehr wunderte, weil man das von einem FC Bayern eigentlich nicht gewohnt ist.

Doch diesmal war es anders. Diesmal war das Selbstverständnis zurück, mit dem die Münchener ein solches Bundesligaspiel nach einem rauschenden Champions-League-Abend schon so häufig souverän runterspielten.

Die Volley-Chance durch Robin Gosens in der 42. Minute war zum Beispiel eine jener wenigen Szenen, die Potenzial für eine Wende im Spiel mitbrachten. Doch über ein sehr kleines Feuerchen ging dieses Potenzial am Samstagabend in Berlin nie hinaus. Auch, weil Bayern mit deutlich mehr Selbstvertrauen, mit deutlich mehr Sicherheit auftrat als schon so häufig in dieser Saison.

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"Es gab schon auch Aktionen, in denen Union vielleicht ein Tor hätte machen können", sagte Thomas Müller nach dem klaren 5:1-Sieg bei Sky. Der Routinier schob nach: "Aber wir haben es nicht zugelassen, dass sie ein einfaches Tor machen."

Stattdessen machte Bayern vor dem gegnerischen Tor das, was als "Bayern-like" salonfähig gemacht wurde. Vier Minuten nach besagter Gosens-Chance war es Harry Kane, der den Sieg des FCB mit seinem Freistoßtor zum 2:0 schon kurz vor der Pause gefühlt sicherstellte.

FC Bayern hat aus Negativerlebnissen gelernt: "Haben an das Spiel in Heidenheim erinnert"

Der FCB zeigte gegen Union die Effektivität, die traditionell mit dem Münchener Selbstverständnis einhergeht. Und legte zudem nahe, dass man offenbar aus Negativerlebnissen der jüngeren Vergangenheit die richtigen Schlüsse ziehen konnte. "Wir haben in der Halbzeit an das Spiel in Heidenheim erinnert. Heute hat es so ausgesehen, als ob wir daraus gelernt haben", sagte der überragende Leon Goretzka nach der Partie.

Der Mittelfeldmann war qua seiner Leistung eine der Geschichten dieses Abends in Köpenick. Sehenswert eröffnete Goretzka mit seinem 1:0 den Torreigen, war später an der Entstehung dreier weiterer Treffer beteiligt und zeigte extrem viel Spielfreude. "Wir wissen genau, wie schwierig es in diesem Stadion sein kann", betonte er hinterher. "Wir haben den Kampf gut angenommen und den Unionern mit den Toren relativ schnell den Glauben genommen."

Dabei konnte sich Trainer Thomas Tuchel auch auf jene Akteure verlassen, die zuletzt gegen Arsenal noch außen vor gewesen waren und vielleicht auch in den beiden Champions-League-Halbfinals gegen Real Madrid nur die zweite Geige spielen werden. Sechs Personalwechsel hatte Tuchel im Vergleich zum 1:0 gegen die Gunners am Mittwoch vorgenommen: Matthijs de Ligt, Noussair Mazraoui, Konrad Laimer, Leroy Sané, Jamal Musiala und Raphael Guerreiro rotierten raus. Und alle, die stattdessen ins Team rückten, nutzten ihre Chance, Selbstvertrauen zu tanken, sich zu empfehlen und ein positives Erlebnis für sich zu verbuchen.

Thomas Tuchel
© getty

Min-Jae Kim präsentierte sich in der Innenverteidigung extrem aufmerksam und wirkte deutlich sicherer als zuweilen in jüngerer Vergangenheit. Aleksandar Pavlovic holte den Freistoß zum 2:0 mit einer mutigen Aktion heraus, gefiel mit vielen klugen Pässen. Mathys Tel gelangen Assist und Tor, Eric Maxim Choupo-Moting lieferte eine Vorarbeit und verbreitete viel Lust an offensivem Risiko.

Und dann wäre da noch Thomas Müller. Gegen Arsenal insgesamt 180 Minuten auf der Bank stand er sinnbildlich für einen Geist des bedingungslosen Miteinanders, der Bayern in der Spielzeit 2023/24 mitunter verloren gegangen schien. Und der für die kommenden Wochen und den Traum vom Champions-League-Titel noch entscheidend werden könnte.

Thomas Müller bei Union vs. FC Bayern: Nur selten, aber entscheidend gut

Müller war gegen Union zwar weit davon entfernt, eine perfekte Leistung abzuliefern. Ja, er hatte sogar deutlich mehr unglückliche als gelungene Aktionen. Doch die wenigen Dinge, die ihm gelangen, hatten entscheidenden Einfluss.

So hatte er vor dem 1:0 einen Geistesblitz, als er Tels Pass auf Torschütze Goretzka durchließ. Und in Halbzeit zwei traf er per sehenswerter Volley-Abnahme zum vorentscheidenden 3:0, später war er mit klugem Kopfball dann auch für das 5:0 verantwortlich. "Tolle Tore", lobte er sich in typischer Müller-Manier bei Sky selbst. Und kurz zuvor, als er in der 84. Minute ausgewechselt wurde, konnte er selbstironisch mit Tuchel über seine abgesehen von Toren und Assist nicht sonderlich gute Leistung lachen. "Herausragendes Spiel, nicht nur wegen der zwei Tore", habe Tuchel Müller gesagt, verriet Bayerns Trainer und fügte an: "Mit Augenzwinkern."

Dabei wirkte Tuchel so gelöst wie nur sehr selten in seiner bald endenden Zeit beim FCB. Und genau zwei Monate nach Bekanntwerden der Trennung im Sommer ist die Hoffnung darauf, dass ein versöhnliches Ende doch noch möglich ist, größer denn je.

FC Bayern München: Die nächsten Spiele des FCB

DatumWettbewerbGegner
27. April, 15.30 UhrBundesligaEintracht Frankfurt (H)
30. April, 21 UhrChampions LeagueReal Madrid (H)
4. Mai, 15.30 UhrBundesligaVfB Stuttgart (A)
8. Mai, 21 UhrChampions LeagueReal Madrid (A)
12. Mai, 17.30 UhrBundesligaVfL Wolfsburg (H)
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