Das schwierige Verhältnis zwischen dem FC Bayern und TV-Experte Didi Hamann: Wenn der "Märchenerzähler" von "Frechheit" und "Missverständnis" spricht

Von Oliver Maywurm
Dietmar Hamann
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Didi Hamann ist in seiner Rolle als TV-Experte bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen - vor allem dann nicht, wenn es um den FC Bayern München geht. Ein Umstand, der beim deutschen Rekordmeister nun die bisher vielleicht deutlichste Reaktion hervorgerufen hat.

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Am Montag hatte der FC Bayern genug. Genug davon, die ständige Kritik seitens des TV-Experten Didi Hamann zumindest offiziell weiterhin unkommentiert zu lassen.

Der FCB veröffentlichte ein Statement, der Anlass dafür erklärt sich so: Bayern-Trainer Thomas Tuchel hatte bei einem Fanklub-Besuch am Sonntag auf eine entsprechende Frage geantwortet, dass er künftig gerne noch einmal im Ausland arbeiten würde. Zudem betonte er, dass ihn vor allem Spanien dabei reize.

Hamann hatte Tuchels Aussagen genutzt, um den Bayern-Coach heftig zu kritisieren. Der frühere FCB-Profi sprach von einer "Frechheit" und führte aus: "Dann setzt sich der da hin und redet über Xavi, über die Nachfolge (Xavi wird Barcelona am Saisonende verlassen, d. Red.) und dass er gerne mal in Barcelona oder Spanien trainieren würde. Seine Aufmerksamkeit sollte ausschließlich dem FC Bayern München gehören. Er ist ein sehr intelligenter Mann und sowas rutscht ihm nicht einfach so raus."

Zudem nannte Hamann die Zusammenarbeit zwischen Bayern und Tuchel "das größte Missverständnis seit Jürgen Klinsmann." Mittlerweile hat sich Hamann entschuldigt.

In Bayerns Statement stach dann vor allem ein Satz heraus, der möglicherweise explizit an Hamann adressiert war: "Wir werden solche unsachlichen, gegen unseren Trainer gerichteten Aussagen, die immer aus derselben Ecke kommen, nicht mehr akzeptieren", hieß es von Vorstandsboss Jan-Christian Dreesen und Sportdirektor Christoph Freund.

Es war der vorläufige Höhepunkt eines schwierigen Verhältnisses, das zwischen den Bayern und ihrem früheren Spieler Hamann schon seit längerem zu beobachten ist. SPOX hat - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - eine Art Chronologie zu den größten Aufregern in der Saga Hamann vs. FCB zusammengestellt.

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FC Bayern vs. Didi Hamann: Rummenigge wütet gegen den "Märchenerzähler"

Im Mai 2015 sorgte Hamann für mächtig Unruhe bei den Bayern. In seiner Funktion als Sky-Experte enthüllte er nämlich Aussagen einer "gut informierten Quelle", wonach der damalige FCB-Trainer Pep Guardiola möglicherweise vor einem Wechsel zu Manchester City stehe.

Die Reaktion seitens des FCB ließ da natürlich nicht lange auf sich warten und folgte in Person von Karl-Heinz Rummenigge, seinerzeit Vorstandsvorsitzender. "Ich habe absolutes Vertrauen zu Pep Guardiola, und das reicht mir", betonte er und ließ eine klare Spitze gegen Hamann folgen: "Ich muss eines sagen: Didi Hamann ist bei den Märchenerzählern an zweiter Stelle gleich hinter den Gebrüdern Grimm."

Ganz so viel Märchen steckte in Hamanns Informationen dann aber bekanntlich doch nicht. Schließlich verließ Guardiola München ein Jahr später und unterschrieb tatsächlich bei City.

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FC Bayern vs. Didi Hamann: TV-Experte ging FCB-Bosse wegen Niko Kovac an

Schon wenige Monate nach Amtsübernahme hatte Niko Kovac im Herbst 2018 keine leichte Zeit beim FC Bayern. Immer wieder gelangten Interna aus dem Mannschaftskreis an die Öffentlichkeit - und Hamann hätte sich gewünscht, dass Rummenigge, Uli Hoeneß und Co. sich stärker hinter ihren Trainer stellen würden.

"Wenn Interna nach außen kommen, habe ich als Verantwortlicher die Aufgabe, zu sagen: 'Männer, so geht es nicht.' Das muss ich intern ansprechen", sagte Hamann bei Sky in Richtung Bayern-Bosse. "Umso länger das nicht passiert, bekomme ich den Eindruck, dass der Führung das, was im Moment passiert, gar nicht ungelegen ist."

Rund ein Jahr lang blieb Kovac danach noch im Amt, im Herbst 2019 war dann Schluss. Hansi Flick übernahm, der Rest ist Triple-Geschichte.

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FC Bayern vs. Didi Hamann: Lewandowski bei Bayern oder Hamann bei Sky

Im Februar 2019 entstand ein Konflikt zwischen den Bayern und Hamann, bei dem der damalige FCB-Torjäger Robert Lewandowski eine Hauptrolle einnahm.

Hamann hatte bei Sky90 den Verdacht geäußert, dass Lewandowski für den FCB ob seines Standings innerhalb der Mannschaft zum Problem werde: "Seine Theatralik, sein Abwinken, sein zum Teil lustloses Verhalten auf dem Platz. Ich glaube, es ist offensichtlich, dass er ein Einzelgänger ist", sagte er über den Polen, der 2022 nach Barcelona wechselte. Hamann ging sogar so weit, den Bayern zum Verkauf Lewandowskis zu raten.

Aussagen, die beim damaligen Sportdirektor Hasan Salihamidzic natürlich gar nicht gut ankamen. "Ich glaube nicht, dass Robert Lewandowski für Bayern München ein Problem ist, sondern Didi Hamann ist ein Problem für Sky", konterte er und unterstellte Hamann, eine "Kampagne" gegen Lewandowski zu führen.

Ähnlich wie Bayern nun in der Causa Tuchel veröffentlichte seinerzeit Sky ein Statement in der Causa Hamann/Salihamidzic/Lewandowski: Hamanns Urteil werde "allgemein sehr hoch geschätzt, da er auch kontroverse Thesen vertritt, die nicht immer von allen geteilt werden. Daran lässt er sich dann auch messen und darüber darf jederzeit sachlich diskutiert werden", so der TV-Sender. Und auch Hamann selbst verteidigte sich: "Mir eine Kampagne zu unterstellen, ist nicht zu akzeptieren."

Damit war die Sache aber noch nicht erledigt. Denn kurze Zeit später meldete sich auch Hoeneß, damals noch Präsident und heute Ehrenpräsident des FCB, zu Wort: "Didi war Spieler hier und kennt den Verein. Das werfe ich ihm vor", sagte Hoeneß im Doppelpass bei Sport1. "Er spielt sich so auf, als wäre er der Messias der Fußball-Kommentatoren - der Allesbesserwisser. Er hat in seinem Leben noch nicht so viel besser gemacht, dass er alles besser wissen kann."

Und Hoeneß legte noch nach: "Er hat mal in der 5. Liga als Trainer gearbeitet und ist nach kürzester Zeit rausgeflogen. Jetzt meint er, dass er besser ist, als Guardiola und Ancelotti zusammen. Das ist einfach nicht okay."

Auch auf Hoeneß' Vorwürfe gab es dann noch einmal eine Reaktion seitens Hamanns: "Es ist wie auf dem Spielplatz. Hat ein Kind keine Argumente mehr, kommt es mit Schimpfwörtern oder einem Kraftausdruck", sagte er im Interview mit dem Blick in Richtung Hoeneß und FCB. "Mir scheint, dass die Bayern Kritik persönlich nehmen und nicht auf der fachlichen Ebene diskutieren wollen. Ich will mich nicht auf dieses Level begeben."

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FC Bayern vs. Didi Hamann: Vernichtendes Urteil gegen Julian Nagelsmann

Nach einer 2:3-Niederlage in Mönchengladbach im Februar 2023 legte sich Bayerns damaliger Trainer Julian Nagelsmann wegen einer umstrittenen frühen Roten Karte für FCB-Verteidiger Dayot Upamecano mit dem Schiedsrichter-Team an, bezeichnete die Unparteiischen dabei als "weichgespültes Pack".

Aus Hamanns Sicht ein absolutes No-Go für einen Bayern-Coach: "Im Eifer des Gefechts rutschen natürlich mal Sachen raus, aber wenn er nicht will, dass seine Worte auf die Goldwaage gelegt werden, dann muss er in die 3. oder 4. Liga gehen, da interessiert es keinen, was er erzählt. Dieser Verantwortung musst du dir bewusst sein", betonte der Sky-Experte.

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FC Bayern vs. Didi Hamann: Die Sache mit der Disziplin

Nur kurze Zeit später nahm sich Hamann die Einstellung der Bayern-Stars vor. "Die Bayern haben ein Disziplin-Problem", schrieb der Ex-Nationalspieler in seiner Sky-Kolumne und führte aus: "Neuer fährt Ski im Risiko-Gebiet, Gnabry fliegt zur Modenschau, Sané macht sich nichts aus Pünktlichkeit und seit letzter Woche ist der Trainer auch in diesem illustren Kreis der Disziplinlosen."

Von den Bayern-Bossen forderte Hamann dann ein härteres Durchgreifen: "Denn Fußballer merken schnell, wenn sie am Ende alles machen können, was sie wollen und damit quasi durchkommen. Und die vorbildlichen Profis nehmen das wahr und das ist Gift für den Teamgeist."

Einige Tage später wurde der damalige Sportvorstand Salihamidzic vor einer Partie gegen Union Berlin mit Hamanns Disziplin-Vorwürfen konfrontiert. Seine nüchterne Reaktion: "Ich beschäftige mich nicht mit sowas vor so einem wichtigen Spiel. Hamann ist Experte, die müssen Themen spielen, aber wir wissen, was wir intern sagen und klären und das haben wir alles intern geklärt."

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FC Bayern im Frühjahr 2023: Didi Hamann zählt alles und jeden an

Dass Bayern im April 2023 im Champions-League-Viertelfinale gegen Manchester City ausschied und der Start von Trainer Tuchel nicht wie gewünscht verlief, nachdem man sich überraschend von Nagelsmann getrennt hatte, war für Hamann natürlich ein gefundenes Fressen.

"Ob Hasan Salihamidzic auch in die nächste Saison geht, das hängt meiner Meinung nach davon ab, ob sie Meister werden oder nicht. Sollten sie nicht Meister werden, dann kann ich mir das nur sehr schwer vorstellen", zählte er bei Sky zunächst den Sportvorstand an - und behielt mit seiner Vorhersage bekanntlich mehr als recht, da Salihamidzic trotz gewonnener Meisterschaft gehen musste.

Das gleiche Schicksal ereilte auch Vorstandsboss Oliver Kahn, über den Hamann damals sagte: "Oliver Kahn muss schauen, dass er an Profil gewinnt und dass er so wahrgenommen wird, wie man das von einem Vorstandsvorsitzenden auch erwartet. Ich könnte mir auch vorstellen, dass Oliver Kahn Hasan Salihamidzic opfert, um sich selbst etwas Luft zu verschaffen."

Und dann legte Hamann auch noch Tuchel nahe, sich nur kurz nach Amtsübernahme schon wieder Sorgen um seinen Job zu machen. "Man hat gesagt, dass man die Saisonziele als gefährdet angesehen hatte und sich daher vom alten Trainer getrennt hat. Jetzt hat Thomas Tuchel von sechs Pflichtspielen nur zwei gewonnen und bei den beiden, die sie gewonnen haben, haben sie auch nicht überzeugt", sagte Hamann und ergänzte: "Sollten sie die Meisterschaft an Dortmund verlieren, dann weiß man auch nicht, was das für den neuen Trainer schon wieder im Sommer heißt."

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Didi Hamann und der FC Bayern: Thomas Tuchel gegen das Experten-Duo

Einige Wochen vor dem jüngsten Stress infolge von Tuchels Spanien-Andeutungen kam es zu einem der prominentesten Scharmützel zwischen Hamann und den Bayern. Oder genauer gesagt zwischen dem Duo Hamann/Lothar Matthäus und Tuchel.

Hamann hatte ohnehin schon kritische Worte bezüglich Bayerns Entwicklung unter Tuchel geäußert, dann scheiterte der Rekordmeister Anfang November 2023 auch noch sensationell im DFB-Pokal an Drittligist Saarbrücken.

"Die Entwicklung, seitdem der Trainer hier ist, ist nicht gut", machte Hamann deutlich und äußerte auch Unverständnis für den Umgang Tuchels mit Joshua Kimmich. "Der Junge wurde in acht Monaten demontiert vom Stammspieler in München, vom Spieler, den Guardiola vielleicht im Sommer nach Manchester holen wollte. Jetzt hört man schon Stimmen, dass sie froh sind, dass er nächste Woche nicht spielen kann", sagte er bei Sky90.

Und Matthäus, ebenfalls Sky-Experte, stimmte Hamann in seiner Kritik an den Bayern zu: "Thomas Tuchel hat sich in Saarbrücken verzockt. Ich hätte an seiner Stelle meine beste Elf aufgeboten und nach 50, 60 Minuten rotiert", betonte Matthäus hinsichtlich der Pokal-Blamage.

Tuchels Reaktion auf einer Presskonferenz vor dem Topspiel gegen Borussia Dortmund war trotzig: "Ich sehe bei den beiden auch keine Weiterentwicklung", erklärte er mit einem Lächeln auf den Lippen.

Als Tuchel nach dem 4:0 in Dortmund dann direkt auf Matthäus traf, wurde deutlich, wie sehr ihn die ständige Kritik der Experten stört: "Trotz Zerwürfnis in der Mannschaft mit dem Trainer? Trotz keiner Weiterentwicklung? So eine Überraschung", antwortete der Bayern-Trainer im Sky-Interview sarkastisch auf die erste Frage. "Lothar weiß es bestimmt, und wenn der es nicht weiß, weiß es der Didi."

Kurz darauf brach er das Interview mit dem TV-Sender vorzeitig ab, legte später bei der Pressekonferenz noch einmal nach: "Für keine Weiterentwicklung und ein schlechtes Innenverhältnis zwischen Trainer und Mannschaft sah es ganz okay aus. Den Rest erfahrt ihr von den Experten", meinte er vielsagend.

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