Dennoch kam es am Ende auch zu einem Bruch zwischen Kovac und einem Großteil der Mannschaft.
Pranjic: Ich war nicht dabei und kann nicht bewerten, was in der Kabine ablief. Ich kann nur sagen, dass Niko ein Wahnsinnstrainer ist, der sehr detailbesessen und diszipliniert arbeitet. In dieser Hinsicht kann man ihn fast schon mit van Gaal vergleichen, er ist besessen von Erfolg und will nichts dem Zufall überlassen. Gut möglich, dass der ein oder andere Spieler nicht mit dieser Arbeitsweise zurechtgekommen ist. Ich glaube aber, dass der mediale Druck entscheidend für seine Entlassung war. Wenn die Verantwortlichen ein wenig geduldiger gewesen wären, hätte er vermutlich mehr Erfolg gehabt.
Auch Sie wurden in München häufig kritisiert. Die einen haben sie als zuverlässigen Spieler in Erinnerung, die anderen als Fehleinkauf. Wie bewerten Sie Ihre Bayern-Zeit?
Pranjic: Wer das erreichen will, was ich erreicht habe, muss viele Opfer bringen. Ich habe meiner Heimat, einem Teil meiner Familie und manchen Freunden den Rücken kehren müssen, um meinen Traum zu verfolgen, eines Tages bei einem großen Verein zu spielen. Rückblickend kann natürlich auch ich sagen: Den oder den Pass hätte ich genauer spielen können, oder hier und da wäre ein Sprint vielleicht hilfreicher für meine Kollegen gewesen. Aber ich war kein Blinder. Der FC Bayern ist wie die Spitze des Mount Everest und ich war drei Jahre lang an dieser Spitze. Wer also meint, ich sei zu Unrecht beim FC Bayern gewesen, hat keine Ahnung von Fußball. Ich bin sehr stolz auf das, was ich in meiner Karriere erreicht habe.
Pranjic: "Sporting? Ich wollte direkt wieder weg"
Sie waren außer in Kroatien, den Niederlanden und in Deutschland auch in Portugal, Spanien, Slowenien, Griechenland und Zypern aktiv. Wo haben Sie Ihre schlechtesten Erfahrungen gemacht?
Pranjic: Bei Sporting Lissabon, meiner ersten Station nach dem FC Bayern. Ich wollte direkt schon wieder weg, als ich dort ankam. Die Umstellung war riesig und der Verein leider nicht so geführt, wie man das von einem Verein erwartet, der von seiner Historie und seiner Fangemeinde her eigentlich zu den größten in Europa zählen sollte.
Wie meinen Sie das?
Pranjic: Die Leute, die mich verpflichtet hatten, waren bei meiner Ankunft schon gar nicht mehr da. Der neue Präsident und der neue Sportdirektor versuchten dann mit allen Mitteln, meinen Vertrag aufzulösen, weil ich einen sehr guten Vertrag hatte und der Verein offensichtlich Geld brauchte. Das ging so weit, dass mir eines Tages nachgesagt wurde, dem Sportdirektor einen Faustschlag ins Gesicht verpasst zu haben. Wer mich kennt, weiß, dass derartige Anschuldigungen erstunken und erlogen sind. Es war eine sehr traurige, aber auch sehr lehrreiche Zeit. In Lissabon habe ich erst verstanden, was für falsche Leute eigentlich in diesem Geschäft am Werk sind. Leute, die nicht einmal Ahnung vom Fußball haben, nur das Geld sehen und zur Not auch dumme Geschichten erfinden, um einen wegzuekeln. Zum Glück ist nicht jeder so.
Pranjic: "Das Geld interessiert einen nicht mehr"
Wo haben Sie außer in München Ihre besten Momente erlebt?
Pranjic: Bei Panathinaikos. Zum einen ist das Leben in Griechenland fantastisch, zum anderen gefällt mir die Art und Weise des Fußballs. Auf dem Rasen geht es ein wenig wild zu, man weiß eigentlich nie, was einen erwartet. Das gilt auch für die Zuschauer auf den Rängen, die herumhüpfen und dich mit ihren Gesängen anstacheln. Ich liebe das.
Aktuell stehen Sie auf Zypern bei Agia Napa, einem Zweitligisten, unter Vertrag. Wie ist es dort?
Pranjic: Ähnlich. Die positive Mentalität der Leute steckt einen an, sonst hätte ich mit 38 wohl kaum noch Lust zu spielen. Ich kann jedem älteren Spieler empfehlen hierherzukommen. Man verdient zwar nicht das große Geld, aber das interessiert einen nicht mehr, wenn man jeden Morgen von der Sonne geweckt wird und anschließend in Strandnähe frühstückt. Diese Ruhe und dieser Frieden zaubern einem automatisch ein Lächeln ins Gesicht. Ich kann mir vorstellen, auch nach meiner Karriere als Spieler hierzubleiben.
Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?
Pranjic: Ich bin fit und möchte noch ein bisschen spielen. Da ich nicht ohne Fußball kann, würde ich anschließend gerne Trainer werden. Aktuell mache ich die B-Lizenz und engagiere mich nebenbei für talentierte Spieler aus Kroatien.
Pranjic: "Ein Trainer muss auch eine Art Psychologe sein"
Inwiefern?
Pranjic: Ich bin Miteigentümer der kroatischen Fußballsendung "Utakmica života" (auf Deutsch: "Spiel des Lebens"). Es handelt sich um ein Projekt, bei dem wir junge und vertragslose Spieler suchen und in ein Trainingscamp einladen, wo sie die Chance bekommen, sich einen Platz bei einem Partnerverein zu erarbeiten. Der Sieger des Projekts erhält einen Einjahresvertrag bei dem teilnehmenden Partnerverein. Wir haben das erste Pilotprojekt in Kroatien absolviert und bereiten das nächste vor, das vor der EURO 2021 stattfinden soll.
Welcher Typ Trainer wären Sie gerne? Der nächste Louis van Gaal?
Pranjic: Nein, gewiss nicht. (lacht) Ich würde zwar schon Wert auf sauberes Kurzpassspiel legen, meinen Spielern aber mehr Freiheiten lassen. Ein Trainer muss heutzutage auch eine Art Psychologe sein, er muss sich in seine Spieler hineinversetzen können. Und wer selbst Spieler war, weiß, wie wichtig Freiheiten sind. Mir gefällt in dieser Hinsicht Jürgen Klopp. Der reißt seine Spieler mit, weil er knallharte Disziplin mit einer gesunden Spur Lockerheit vereint.
Die Karriere-Stationen von Danijel Pranjic
NK Belisce | Kroatien | 2001 - 2002 |
NK Osijek | Kroatien | 2002 - 2004 |
Dinamo Zagreb | Kroatien | 2004 - 2005 |
SC Heerenveen | Niederlande | 2005 - 2009 |
FC Bayern | Deutschland | 2009 - 2012 |
Sporting Lissabon | Portugal | 2012 - 2013 |
Celta Vigo | Spanien | 2013 |
Panathinaikos Athen | Griechenland | 2013 - 2016 |
FC Koper | Slowenien | 2016 - 2017 |
Anorthosis Famagusta | Zypern | 2017 - 2019 |
AO Agia Napa | Zypern | seit 2019 |