Der FC Bayern braucht einen Hierarchie-Architekten
Uli Hoeneß war dran. Nach Kalles Kumpel Carlo kommt jetzt Ulis Busenfreund Jupp zurück zum FC Bayern. Spekulationen, wer Initiator dieser Entscheidung war, kann man sich bei dieser Personalie sparen. Zu offensichtlich ist das Muster, dem der Klub in diesem Moment folgt.
Es ist ein Schritt zurück zur familiären Atmosphäre, die sich Hoeneß schon bei der Vorstellung von Hasan Salihamidzic als Sportdirektor gewünscht hat. Der Präsident, der vom Protokoll her im operativen Geschäft keine Funktion ausübt, schreibt wieder sehr aktiv mit an der Geschichte des FC Bayern.
Die Entscheidung pro Heynckes ist so innovativ wie ein Commodore-Computer, was aber nicht zwangsläufig heißen muss, dass der nicht funktionieren und man mit ihm keinen Spaß haben kann. Zumal mit Julian Nagelsmann das neue Hightech-Gerät schon im Schrank liegt.
Viele Beobachter haben als Ancelottis Nachfolger Thomas Tuchel erwartet. Einen Mann, der das spielerische Erbe Pep Guardiolas in München hätte fortführen können. Einen Mann, der dieser fessellosen Mannschaft wieder ein klares taktisches Korsett verpasst und die vielen losen Enden dieser Ansammlung von Einzelspielern mit Videoanalysen und aktivem Coaching zusammenführt.
Dass dieser Mannschaft ein klarer Plan abhandengekommen ist, ist unstrittig. Aber was dieser Kader im Moment offensichtlich noch mehr braucht, ist eine Führungskraft, die den Riss im Team kittet und wieder eine klare Hackordnung einführt. Der FC Bayern braucht jetzt mehr einen Hierarchie-Architekten als einen Taktik-Tüftler.
An dieser Stelle wird es eng für Tuchel, der sowohl in Mainz als auch in Dortmund mit Teilen der Mannschaft über Kreuz lag. An der Säbener Straße muss der Neue aber die beiden auseinandergedrifteten Gruppen wieder vereinen und in eine gemeinsame Richtung führen.
Diese Stärke haben die Münchner in dieser Saison verloren, weil die beiden Anführer Philipp Lahm und Xabi Alonso ihre Karriere beendet haben. Es ist ja so, dass die Grüppchenbildung beim FC Bayern keine Neuigkeit ist, aber Lahm und Alonso haben das Ganze zusammengehalten, weil sie gut miteinander konnten und viele gemeinsame Ideen und Ideale teilten. Die Mannschaft folgte und funktionierte.
Diesen Richtungsstreit zwischen der deutsch-österreichisch-französisch-niederländischen und der spanisch-südamerikanischen Gruppe muss Heynckes in erster Linie lösen. Er ist aufgrund seiner Erfahrung und Sprachkenntnisse dafür bestens geeignet. Dass auf den Spielerversteher Ancelotti der Spielerversteher Heynckes folgt ist also kein Problem, er muss nur ausgewogener handeln als der Italiener.