Lothar Matthäus ist der Meinung, dass es Trainer Nuri Sahin bisher versäumt hat, sich bei Borussia Dortmund auf eine klare erste Elf festzulegen. Stattdessen wolle der BVB-Coach es zu vielen Spielern recht machen.
Wie Matthäus in seiner Kolumne für Sky schrieb, sei es Sahin bislang nicht gelungen, "seine ersten elf, zwölf, 13 Spieler herauszupicken, die sein Vertrauen bekommen". Deshalb müssten schleunigst "klare, manchmal unpopuläre Entscheidungen" her.
"Du kannst nicht alle gleich behandeln. Jedem Spieler einen Gefallen zu tun, bringt Borussia Dortmund nicht weiter. Die Frage ist: Wen macht der Trainer zum Führungsspieler? Wem stärkt er den Rücken?", ergänzte der Rekordnationalspieler und betonte: "Es jedem rechtzumachen, funktioniert nicht. Der Trainer muss Entscheidungen treffen. Nicht für die Spieler, sondern für die Mannschaft und den Verein."
BVB in der Krise - auch wegen Emre Can?
Der BVB hatte zuletzt zwei Spiele in Folge verloren. Vor allem das 2:5 bei Real Madrid in der Champions League nach einer 2:0-Halbzeit-Führung wurde Sahin angekreidet, nachdem dieser in der zweiten Hälfte sein System grundlegend verändert hatte.
In der Kritik steht derweil auch Kapitän Emre Can, der auch bei der 1:2-Pleite gegen den FC Augsburg am vergangenen Wochenende nicht die beste Figur abgab.
"Wenn er Can die Kapitänsbinde wegnehmen würde, würde das im Moment wieder für Unruhe sorgen, aber es bringt nichts, wenn ein Kapitän ständig kritisiert wird, teilweise auch zu Recht", erklärte Matthäus und schob nach: "Er hat nicht das Standing bei den Fans, wie es ein Kapitän eigentlich haben sollte. Nämlich unantastbar zu sein, wie es zum Beispiel ein Marco Reus war."
Gegen Real habe es dem Defensivspieler zudem an der richtigen Einstellung gefehlt. "Das ist nicht böse gegen Can gemeint, aber wenn ich fünf Minuten vorher reingekommen bin und der andere Spieler steht schon 80 Minuten auf dem Platz, dann muss ich die letzten zehn Meter auch noch marschieren. Das ist eine Einstellungssache und das muss ich Emre vorwerfen."
BVB: Waldemar Anton als neuer Führungsspieler?
In Neuzugang Waldemar Anton hätte der BVB laut Matthäus bereits einen Spieler in den eigenen Reihen, der zum Führungsspieler avancieren könnte. "Anton muss ich beim BVB genauso stark machen, wie er es in Stuttgart war. Dort war er nicht nur Kapitän, sondern auch Anführer. Ihn dorthin zu bekommen, ist Aufgabe der Verantwortlichen, unter anderem auch des Trainers", so der TV-Experte. Der Nationalspieler brauche ähnlich wie Stürmer Serhou Guirassy eine "Unantastbarkeit".
Die Saisonziele des BVB sind trotz der jüngsten Ergebnisse zwar noch nicht in Gefahr, in der Bundesliga beträgt der Rückstand auf das Spitzenduo FC Bayern München und RB Leipzig nach acht Spieltagen aber schon sieben Punkte.
Dabei habe der BVB "eigentlich alles, was für mich eine Mannschaft haben muss", schrieb Matthäus und zählte dahingehend auf: "Führungsspieler, Qualitätsspieler, Torjäger, schnelle Spieler." Nur auf den defensiven Außenbahnen sieht er Verbesserungsbedarf: "Aber auf allen anderen Positionen hat der BVB erstklassige Spieler."
In der Champions League stehen nach drei Spielen sechs Punkte zu Buche. Am kommenden Spieltag (5. November) wartet Sturm Graz.
Bereits am Dienstag will Dortmund zurück in die Erfolgsspur finden, wenn es im DFB-Pokal gegen den VfL Wolfsburg geht. In der Bundesliga kommt es am Samstag zum Duell mit RB Leipzig.