Bei den Anhängern von Borussia Dortmund wächst mit jeder Woche die Ungeduld. Was ist jetzt mit den heiß gehandelten Pascal Groß, Rayan Cherki und Yan Couto - wann wird der nächste Neuzugang vorgestellt? Die Antwort ist wie immer in dieser Frage simpel: Das regelt der Transfermarkt, könnte man frei nach BVB-Fan Christian Lindner sagen.
Ein neuer Alter, den die Westfalen nicht mehr vorstellen werden, hat nun am Mittwoch beim Testspiel gegen Cerezo Osaka (3:2) sein Comeback gegeben: Julien Duranville. Die Leidenszeit des 18-Jährigen scheint für den Moment vorüber, er kann durchaus als Neuzugang angesehen werden. Wie schon im vergangenen Jahr.
Da startete der im Januar 2023 für stolze 8,5 Millionen Euro (plus etwaiger Bonuszahlungen) verpflichtete Belgier auch mit großen Hoffnungen in die Saison. Beim dramatisch vergeigten Saisonfinale im Mai gegen Mainz feierte Duranville sein Debüt für den BVB, weil damals die Verzweiflung so groß war, dass man sich von ihm vom Fleck weg dringend nötige Impulse erhoffte.
Duranville zeigte in seinen etwas mehr als 30 Minuten beachtliche Ansätze und mehrere starke Dribblings. An diesen Qualitäten hat sich bis heute nichts geändert - allerdings, zumindest bis zuletzt, auch nichts an seiner Verletzungsanfälligkeit. Bei einem Testspiel gegen San Diego auf der USA-Reise im vergangenen Sommer rissen seine Muskelfasern. Kaum schien die Reha beendet, fing er sich einen bösen Infekt ein.
BVB: Julien Duranville und ein Jahr voller Rückschläge
Erst Ende September stand Duranville wieder auf dem Platz. Im U19-Heimspiel gegen Gladbach genügten jedoch 45 Minuten Einsatzzeit, dann war schon wieder etwas kaputt. "Er hat eine Reaktion gezeigt. Wir wollen ihn jetzt erst einmal stabil bekommen. Das kann noch etwas dauern", sagte der damalige Trainer Edin Terzic.
In diese Phase fiel auch ein Wachstumsschub beim einmaligen belgischen U21-Nationalspieler. Um fünf Zentimeter soll der mit 1,73 Metern weiterhin relativ kleine Duranville gewachsen sein. Diese körperlichen Veränderungen wirken sich besonders auf die Muskulatur aus, die grundsätzliche Belastungsfähigkeit ist minimiert. Per Mertesacker fiel in einem ähnlichen Alter einst mit Wachstumsstörungen ein ganzes Jahr lang aus.
Nach und nach führte der BVB seinen Youngster in der Folge wieder an höhere Belastungen heran. Nach der Winterpause trainierte Duranville bis zu dreimal wöchentlich bei den Profis mit, die anderen Einheiten bestritt er bei der U19. Ende Februar reichte es dann erstmals seit dem Mai 2023 wieder zu einem dreiminütigen Bundesligaeinsatz.
Julien Duranville beim BVB: "Juju ist ein spezieller Fall"
Dreimal stand Duranville in den darauf folgenden vier Bundesligapartien im Kader, am 30. Spieltag kam er gegen Leverkusen zu sieben weiteren Minuten. Der Weg zur Genesung "war deutlich zu lang", sagte Terzic damals und gab Einblicke. "Extrem viele Analysen" habe man mit und von Duranville gemacht, dabei wurde "alles hinterfragt, nicht nur sportlich, sondern auch privat". Sehr behutsam habe man vorgehen müssen, "besonders bei Entwicklung der Muskulatur, der Sehnen und der ganzen Strukturen".
Dann kam das Abschlusstraining vor dem Spiel in Leipzig und Duranvilles Muskeln machten erneut schlapp. Von dieser Blessur ist er nun jedoch genesen, wenngleich man Duranville angesichts der Tragik der vergangenen zwölf Monate weiterhin in sprichwörtliche Watte packen muss. Bei den ersten Trainingseinheiten Anfang Juli mischte er zwar mit, Zweikämpfe waren für ihn jedoch noch tabu.
Seitdem hat offensichtlich eine Entwicklung stattgefunden, Duranville ist mit dem Einsatz in Japan das erste Treppchen auf der Leiter zur Stabilität gegangen. "Juju ist ein spezieller Fall. Er ist ein Junge, der mitten in seiner Entwicklung ist. Er macht Fortschritte und ist über den Sommer robuster geworden", sagte der neue Cheftrainer Nuri Sahin kürzlich.
BVB: Julien Duranville von Borussia Dortmund im Steckbrief
Geburtstag: | 5. Mai 2006 |
Größe: | 1,73 Meter |
Position: | Rechtsaußen |
Starker Fuß: | rechts |
Vereine: | RSC Anderlecht (2012-2022), Borussia Dortmund (seit 2022) |
Nationalelf: | Belgien U16 (12 Spiele, 2 Tore), U19 (2 Spiele), U21 (1 Spiel) |
Julien Duranville: Das ist für den BVB ein sehr gutes Zeichen
Duranville hat erst 291 Minuten für den BVB absolviert, aber er hat schon jetzt Dortmunds besten Leumund. Das ist kein Wunder, denn dass er extremes Talent mitbringt, ist jedes Mal offensichtlich, wenn man ihn trainieren oder spielen sieht. Da habe man "ganz große Augen", gestand auch Sahin.
Den Flügelspieler zeichnen vor allem ein enormes Tempo und große Finesse in Eins-gegen-eins-Duellen aus. Seine Beweglichkeit mit dem Ball am Fuß ist wie aus einem Guss. Er strahlt Kreativität und Torgefahr aus. Es ist für den BVB ein sehr gutes Zeichen, dass diese Fähigkeiten nicht unter Duranvilles Verletztenhistorie gelitten haben, sondern er sie auf Anhieb wieder abrufen kann.
Duranville besitzt zweifelsohne das Außergewöhnliche, das in sich weiteres Verbesserungspotenzial birgt. Sollte er nun endlich zu ausreichender Fitness und körperlicher Gesundheit kommen, so glauben sie in Dortmund, wird Duranville auf Anhieb ein Wort um die Startelf mitreden.
Vincent Kompany sieht Julien Duranville als Ballon-d'Or-Gewinner
"So einen Spieler wie Julien sieht man nicht jedes Jahr. Wir haben viele Jungs, die sehr gut mit dem Ball umgehen können. Aber er ist ein unfassbar talentierter Spieler, der über außergewöhnliche Qualitäten verfügt", sagte Duranvilles Entdecker Roel Clement vor ein paar Monaten den Ruhr Nachrichten.
Auch Bayern-Trainer Vincent Kompany, der einst bei RSC Anderlecht mit ihm zusammengearbeitet hat, schwärmte schon überschwänglich von Duranville. Als Kompany im Januar 2023 nach kommenden Ballon d'Or-Gewinnern gefragt wurde und er die üblichen Verdächtigen aufgezählt hatte, sagte er bierernst: "Und noch einen habe ich für euch: Duranville. Kein Druck."
Den wird es beim BVB für Duranville vorerst nicht geben. Stattdessen ist weiterhin Geduld gefragt, sein Aufbau kann nur Schritt für Schritt erfolgen. Der eine oder andere Anhänger wird sicherlich auch ein Stoßgebet zum Himmel senden, damit Duranville endlich stabil bleibt. Denn dann könnte er bei seinem Talent den nächsten Entwicklungsschritt auch schneller gehen als gedacht. "Wir brauchen ihn für die ganze Saison", sagte Sahin.
BVB: Der Sommerfahrplan von Borussia Dortmund
Datum | Ereignis |
1. bis 9. August | Trainingslager in Bad Ragaz, Schweiz |
6. August | Testspiel gegen Villarreal |
10. August | Testspiel gegen Aston Villa |
17. August | Erstrundenspiel im DFB-Pokal gegen Phönix Lübeck |