Außerdem erzählt Eichkorn, warum beim Kartenspielen mit Magath die Stimmung oft frostig war.
Herr Eichkorn, wie war Ihre Reaktion, als Sie die Nachricht gelesen haben, dass Felix Magath bei Hertha übernimmt?
Seppo Eichkorn: Er hat ja schon in einem Interview davor gesagt, dass er gerne wieder als Trainer arbeiten möchte. Das hat schnell geklappt. Felix ist ein Kind der Bundesliga. Mich hat es nicht vom Hocker gerissen, dass Hertha ihn geholt hat. Für Hertha ist das eine gute Wahl. Die Wahrscheinlichkeit, die Klasse zu halten, ist auf jeden Fall gestiegen.
Felix "Quälix" Magath steht wie kein anderer für Disziplin und konditionelle Härte. Braucht Hertha im Abstiegskampf jetzt genau das?
Eichkorn: Disziplin und Einstellung auf jeden Fall, aber das hat mit seinem Image als "Quälix" wenig zu tun. Im konditionellen Bereich wird er jetzt wenig Möglichkeiten haben, noch entscheidend einzugreifen. Die Grundlagen werden ja im Winter gelegt. Den "Quälix" wird er in den letzten acht Spielen eher weniger rauslassen können. Er wird der Mannschaft aber schon klarmachen, wie man sich im Abstiegskampf zu verhalten hat. Felix wird den Spielern klare Banden geben, innerhalb derer sie zu agieren haben. Die Aufgabe ist schwierig, aber wenn jemand dafür prädestiniert ist, das zu schaffen, dann er.
Letztmals als Trainer an der Linie stand Magath 2017 in China. Wird er sich beim Comeback schwertun?
Eichkorn: Nein, er hat das notwendige Rüstzeug noch zu 100 Prozent in sich. Felix ist äußerst diszipliniert, fast schon arbeitswütig, investiert unglaublich viel Zeit in die Vorbereitung der Mannschaft auf die Spiele hin. Er wird einen klaren Plan haben und den der Mannschaft auch mitgeben.
Seppo Eichkorn über Magaths Qualitäten als Feuerwehrmann
Zweifler sagen, er sei zu lange raus gewesen aus dem Trainer-Job.
Eichkorn: Zweifler gibt es immer. Ob etwas funktionieren wird oder nicht, weiß man vorher aber natürlich nicht. Ich war nicht überrascht, dass Hertha auf die Idee kam, ihn zu holen. Er hat gezeigt, dass er Mannschaften auch kurzfristig in die Spur bringen kann. Eintracht Frankfurt hat er damals in der Rückrunde mit einstelliger Punktzahl übernommen und die Mission mit dem Klassenerhalt gemeistert. Das war vielleicht die größte Leistung, die je ein "Retter" vollbracht hat.
Hat er das nötige Feuer auch heute noch in sich?
Eichkorn: Davon hat er überhaupt nichts verloren! Er ist ehrgeizig in jeder Beziehung. Beim Kartenspielen war er immer sauer, wenn er verloren hat. Dass er niemals verlieren will, wird die Mannschaft auch schnell spüren. Für jede Mannschaft, die mit ihm gearbeitet hat, war es wesentlich angenehmer, Spiele zu gewinnen, als zu verlieren. Diesen Siegeswillen vermitteln zu können, ist eine große Stärke von ihm.
Wie hat sich das beim Kartenspielen geäußert, wenn er verloren hat?
Eichkorn: (lacht) Wir haben oft "Klammerjass" gespielt, da hatte man beim Zwei-gegen-Zwei einen Partner. Bis zum nächsten Spiel war die Atmosphäre dann schon sehr frostig, wenn er mal durch einen blöden Fehler seines Mitspielers verloren hatte. Aber ich muss zugeben, dass er sehr selten verloren hat. Ich habe dann auch schon mal davon profitiert, dass wir zusammen gespielt und gewonnen haben.
Eichkorn: "Magath wird bei Hertha seine Spuren hinterlassen"
Sie waren zehn Jahre lang sein Co-Trainer. Wie ist ihre Beziehung zu ihm und wie war es, mit ihm zusammenzuarbeiten?
Eichkorn: Wir ticken beide ähnlich. Wir sind nicht die großen Erzähler, machen vieles mit uns selbst aus. In meiner Arbeit als Co-Trainer war ich eher der empathische, ein Ausgleich für Felix' klare Ansagen, die auch notwendig waren. Das hat sehr gut funktioniert. Wir haben zehn Jahre zusammenarbeitet, wurden drei Mal Meister und haben uns jede Saison für einen internationalen Wettbewerb qualifiziert.
Haben Sie heute noch Kontakt?
Eichkorn: Nein, das liegt ein bisschen an unserer Art, ist aber auch für keinen von uns ein Problem. Wir schätzen uns und haben sehr erfolgreich zusammengearbeitet.
Gibt es eine Anekdote von damals, die Sie erzählen können?
Eichkorn: Grundsätzlich: Mit Felix muss man oft schmunzeln. Er ist nicht nur der harte Hund, für den ihn immer alle halten. Er hat einen sehr großen Witz. Es hat immer Spaß gemacht mit ihm, wir hatten wunderbare Momente. Es war ja nicht so, dass die Spieler nur gequält wurden. Dass wir in der Vorbereitung mal ein bisschen härter trainiert haben, ist doch normal. Für mich und die Mannschaften, die mit ihm Erfolg hatten, waren es angenehme Jahre. Klar gab es auch mal kritische Stimmen, aber im Rückblick hat sich das oft geändert. Andrea Barzagli hat seine Zeit in Wolfsburg zum Beispiel im Nachhinein auch als völlig neue Erfahrung bezeichnet, was die Themen Fitness und Arbeitseinstellung betrifft.
Auf was würden Sie setzen, wenn Sie wetten müssten: Schafft Hertha mit Felix Magath den Klassenerhalt oder steigt der Klub ab?
Eichkorn: Es ist eine sehr schwierige Situation für Hertha. Leider ist auch mein Ex-Klub Stuttgart noch im Abstiegskampf involviert, bei dem ich mit Felix einst angefangen habe. Ich drücke beiden die Daumen und würde schon einen kleinen Betrag darauf setzen, dass er mit Hertha die Klasse hält. Die Bundesliga kann sich freuen, dass er zurück ist. Er wird bei Hertha mit Sicherheit seine Spuren hinterlassen.