BVB und FC Bayern liefern sich packendes Topspiel: Spektakel für mehr Länder, als es gibt

Nagelsmann, FC Bayern
© getty

Beim Topspiel zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München glänzten die Offensivreihen um Erling Haaland und Robert Lewandowski, während hinten reihenweise gepatzt wurde. Das Resümee lautet: Aktuell gibt es nirgendwo mehr Spektakel als an der Bundesligaspitze.

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Das Bundesliga-Topspiel zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München hat einige große Geschichten geschrieben, sie handeln unter anderem von einer auf vier Punkte ausgebauten Tabellenführung des FC Bayern und Betrugsvorwürfen von Borussia Dortmund.

Zu bieten hatte es aber auch ein paar kleine Geschichten: Zum Beispiel Julian Nagelsmanns Problem mit Zahlen. Es ging schon bei der Vorab-Pressekonferenz los, als der Trainer des FC Bayern die Einsatzchancen seines Spielers Leon Goretzka mit 60:50 Prozent bezifferte. Anschließend gab er unumwunden zu, "ohne mathematische Begabung" zu sein.

Letztlich setzten sich die 60 Prozent durch: Goretzka stand in der Startelf und zeigte eine ordentliche Leistung in diesem Spiel, das laut Nagelsmann "Werbung für die Bundesliga in 250 Ländern" war. Durchaus erstaunlich, bekannt sind schließlich nur 193 UNO-Mitgliedstaaten, der Vatikan sowie zwölf Staaten, Nationen, Länder oder Territorien, bei denen die Staatseigenschaft umstritten ist oder die sich in freier Assoziierung zu anderen Staaten befinden.

Marco Rose: "Es war ein klasse Fußballspiel"

Wo auch immer das Spiel abgesehen von diesen maximal 206 Ländern noch übertragen wurde - und da hatte Nagelsmann absolut recht -: Den Fans wurde bestes Spektakel geboten. Wechselnde Führungen, fünf Tore, etliche weitere Chancen, zwei ausgewachsene Elfmeter-Diskussionen, ein Platzverweis für Dortmunds Trainer Marco Rose. "Es war ein klasse Fußballspiel von zwei richtig guten Mannschaften mit offenem Visier", lobte Rose im Anschluss. Sein Kapitän Marco Reus sprach von einem "unfassbar wilden und geilen Spiel für die Zuschauer".

Wirklich überraschend kam all das selbstredend nicht: Während Fußball-Spitzenspiele an sich traditionell gemeinerweise nicht das halten, was sie versprechen, steht das Duell zwischen dem FC Bayern und Dortmund in der jüngeren Vergangenheit neben Münchner Siegen vor allem für Spektakel. In den vergangenen fünf Aufeinandertreffen fielen im Schnitt fünf Tore.

Das Duell zwischen Erling Haaland und Robert Lewandowski

Entscheidend verantwortlich dafür sind natürlich die beiden Stürmer Robert Lewandowski und Erling Haaland, die sich in der Bundesliga aktuell ähnlich duellieren wie einst Cristiano Ronaldo und Lionel Messi bei ihren Ex-Klubs Real Madrid und FC Barcelona in Spanien.

Haaland erzielte bei seinem Startelf-Comeback in seinem 51. Bundesligaspiel für Dortmund sein 51. Tor. Lewandowski schraubte sein Torkonto gegen seinen Ex-Klub auf 25 in 25 Spielen. Nicht ablenken ließ er sich dabei von den hämischen "Messi! Messi!"-Rufen der Dortmunder Fans. Am Montag hatte bekanntlich nicht Lewandowski sondern der mittlerweile bei Paris Saint-Germain kickende Messi den prestigeträchtigen Ballon d'Or verliehen bekommen. Haaland wurde Elfter, gilt aber als potenzieller Sieger der Zukunft.

Der bis heute letzte Titelträger aus der Bundesliga war 1996 Dortmunds Matthias Sammer. Ein Defensivkünstler, bekannt für seine Führungsstärke und abgeklärte Spielweise. Stand die Bundesliga zu Sammers Zeit noch für Spieler wie ihn, stehen heute zumindest die beiden Spitzenklubs Dortmund und FC Bayern für Offensivspektakel. Die Münchner setzen dabei auf gepflegten Ballbesitzfußball, die Dortmunder auf rasanten Umschaltfußball. Beides geht aber bisweilen auf Kosten der Absicherung, was sich beim direkten Aufeinandertreffen am Samstag wunderbar bestätigte.

Alphonso Davies' Rolle steht sinnbildlich für Nagelsmanns Idee

Fünf geschossene Tore bedeuten nämlich gleichzeitig auch fünf kassierte Tore. Das dürfte trotz fehlender mathematischer Begabung auch Nagelsmann aufgefallen sein. Das Zustandekommen dieser Gegentore war teilweise wild, eines Topspiels vor allem in dieser Dichte eigentlich unwürdig.

Vor Dortmunds 1:0 schaltete der FC Bayern generell zu langsam, letztlich ließ sich Alphonso Davies von Julian Brandt ausspielen. Der Linksverteidiger des FC Bayern ist in Nagelsmann Dreienhalberketten-System seit Wochen schon kein Linksverteidiger mehr, sondern eher ein Linksaußen. Davies' Rolle steht gewissermaßen sinnbildlich für Nagelsmanns Idee vom Fußball.

Ob das auf Dauer nicht zu riskant sei, wurde der Trainer nach dem Spiel gefragt. Pah! Diese Maßnahme würde für mehr Ballgewinne sorgen, als für gefährliche Situationen des Gegners! "Ein 5:2 ist mir lieber als ein souveränes 1:0 oder 2:0", sagte Nagelsmann schon vor einigen Wochen, nachdem seine Mannschaft gerade zweimal in Folge mit 5:2 gewonnen hatte. Sätze wie dieser dürften in der Marketingabteilung der Bundesliga für Jubel sorgen, bessere Werbebotschaften kann man sich kaum wünschen.

Mats Hummels und Dayot Upamecano patzen wiederholt

Und damit zurück zu weiteren Toren, respektive Gegentoren vom Samstag: Vor Lewandowskis 1:1 leistete sich Mats Hummels einen ganz üblen Ballverlust. Unglücklich involviert war Hummels auch vor Kingsley Comans 2:1, als er von seinem Teamkollegen Raphael Guerreiro im eigenen Strafraum abgeschossen wurde. Linksverteidiger Guerreiro ist übrigens ähnlich gepolt wie sein bayerisches Pendant Davies, auch er läuft lieber nach vorne als nach hinten.

Haaland profitierte bei seinem 2:2 kurz nach der Pause von einem Patzer Dayot Upamecanos, nicht seinem ersten in dieser Saison. Nagelsmann nahm ihn anschließend aber in Schutz, der Ball hätte "eine eklige Höhe, so eine Brustwarzenhöhe" gehabt: "Da gibt es kein Körperteil, das den Ball gut klären kann." Viel mehr habe Nagelsmann "der selbe taktische Fehler" wie beim ersten Gegentor gestört, mutmaßlich die schlechte Abstimmung zwischen Außen- und Innenverteidiger.

Genau wie Hummels leistete sich auch Upamecano im Laufe des Spiels noch weitere unerklärliche Unkonzentriertheiten. Beide gelten als Abwehrchefs ihrer Mannschaften, beide zeichnet vor allem in dieser Saison aber eher ihr Aufbauspiel als ihr Abwehrverhalten aus. Lucas Hernandez hatte unterdessen etwas Glück, dass sein Einsteigen gegen Marco Reus nicht mit einem Elfmeter geahndet wurde, Hummels' Handspiel führte dagegen zu Lewandowskis entscheidendem Treffer zum 3:2.

Dortmund und der FC Bayern liefern beeindruckende Zahlen

Für Dortmund war das schon das 22 Gegentor im 14 Bundesligaspiel, nur fünf Klubs fingen sich noch mehr. Der FC Bayern steht zwar erst bei 15 Gegentoren, hielt in den vergangenen sieben Pflichtspielen aber nur einmal die Null.

"Die Abwehr ist die große Aufgabe von Julian in den nächsten Wochen, Monaten. Die Abwehr müsste etwas strukturierter und geordneter Fußball spielen", mahnte der ehemalige Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge nach dem Spiel bei der Bild, ehe er die beiden Stürmer Lewandowski und Haaland lobte: "Es sind diese Spieler, weswegen die Zuschauer in die Stadien kommen und den Fernseher anmachen."

In der Bundesliga fielen bei den bisher 14 Spielen mit Beteiligung des FC Bayern insgesamt 60 Tore, Dortmund steht bei 57. Beide Werte sind Stand Sonntagmorgen höher als bei jedem einzelnen Tabellenführer und -zweiten der vier anderen europäischen Top-Ligen, die allesamt sogar schon mehr Spieltage absolviert haben. Eindringen in diese Phalanx können überhaupt nur Greuter Fürth (58, Platz 18 in der Bundesliga), Lazio Rom (58, Platz 9 in der Serie A) und Girondins Bordeaux (61, Platz 18 in der Ligue 1).

Aktuell gibt es nirgendwo mehr Spektakel als an der Bundesligaspitze! Aber gleichzeitig eben auch nirgendwo mehr Langweile, weil am Ende setzt sich bekanntlich immer der FC Bayern durch.

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