Sie haben in Dassendorf einen Vertrag bis 2023 unterschrieben. Warum so lange?
Harnik: Wir haben intern kommuniziert, dass die Laufzeit keine Rolle spielt und wir einfach mal irgendeine Jahreszahl in den Vertrag schreiben. Ich werde von Jahr zu Jahr schauen, ob es körperlich noch geht.
Streben Sie anschließend eine Trainer- oder Managerkarriere an?
Harnik: Ich sehe mich künftig zu nullkommanull Prozent im Profifußball. Ich will mich als Unternehmer in der freien Wirtschaft probieren und meine bereits bestehenden Projekte intensiver begleiten.
Seit 2015 sind Sie Gesellschafter der Firma "Party Helden", mit der Sie in mehreren Filialen Kostüme, Luftballons und Dekoartikel vertreiben. Wie kam das zustande?
Harnik: Wir haben damals als Familie eine neue Herausforderung gesucht und sind zufällig auf das Franchise-Model mit diesen Partyartikeln gestoßen. Die Idee kommt ursprünglich aus den USA und sollte nach Europa gebracht werden. Uns hat das Konzept gefallen und deshalb entschlossen wir uns dazu, das zu probieren. Am Anfang haben wir das wie geplant als Franchise gemacht. Doch nach kurzer Zeit kam es zu Unstimmigkeiten mit der Mutterfirma, also haben wir uns getrennt und das Projekt selbstständig weitergeführt.
Warum sind Sie in den Bereich Partyartikeln gegangen?
Harnik: Das hat keinen besonderen Hintergrund, ist purer Zufall. Kostüme sind keine große Leidenschaft oder ein kurioses Hobby von mir.
Aber Sie haben sicher schon mal ein Kostüm aus Ihrem Sortiment selbst getragen.
Harnik: Das bleibt jetzt mal besser mein Geheimnis. Was ich aber sagen kann: Ich habe bereits einige perfekt dekortierte Kindergeburtstagsfeiern organisiert - und auch schon viele Fußballkollegen mit Luftballons, Deko und Kostümen für deren Partys ausgestattet.
Wie aktiv sind Sie in die Firma involviert?
Harnik: Bisher war ich ins operative Geschäft nicht eingebunden, weil ich als Profifußballer Termine nicht verlässlich planen und wahrnehmen konnte. Bei großen strategischen Entscheidungen war ich aber immer involviert. Künftig will ich die internen Abläufe Schritt für Schritt kennenlernen und Aufgaben übernehmen.
Welcher Bereich interessiert Sie am meisten?
Harnik: Das Thema Expansion. Neue Standorte aufzubauen und groß zu machen, finde ich schon ganz spannend.
Ein weiteres Projekt von Ihnen ist der sogenannte "Meat Club", ein Qualitätsfleischgeschäft in Stuttgart, das Sie seit 2018 gemeinsam mit Ihrem ehemaligen VfB-Mitspieler Daniel Ginczek betreiben. Wie kam es dazu?
Harnik: Während meiner Zeit in Stuttgart bin ich oft mit einem guten Freund zusammengesessen. Wir haben überlegt und überlegt, was wir unternehmerisch gemeinsam machen könnten. Da er aus dem Lebensmittelbereich kommt und über entsprechende Expertise verfügt, haben wir uns letztlich dazu entschieden, einen Laden für hochwertiges Fleisch aufzumachen. Das habe ich Daniel erzählt und er war direkt begeistert und ist mit eingestiegen.
Wie oft sind Sie vor Ort?
Harnik: Zuletzt war ich wegen der Distanz noch weniger involviert als bei "Party Helden". Demnächst will ich aber eine zweite Filiale in Hamburg eröffnen. Da werde ich präsenter sein.
Gemeinsam mit Ihrer Frau betreiben Sie auch eine Pferdezucht.
Harnik: Pferde sind die große Leidenschaft meiner Frau. Sie kennt eine Züchterin, die neulich einige Stuten abgeben wollte, die in der Vergangenheit erfolgsversprechende Fohlen zur Welt brachte. Da haben wir zugeschlagen. Mittlerweile besitzen wir 14 Pferde. Drei davon sind tragende Stuten, nächstes Jahr werden wir also weitere Fohlen bekommen. Aktuell ist das noch mehr Hobby als Beruf. Ich sehe aber auch Potenzial, dass daraus eine fixe Einkommenssäule werden könnte.
Wie läuft das ab?
Harnik: Pferdezucht ist wie Talente-Ausbildung im Fußball. Wie bei einem jungen Fußballer sieht man recht früh, wie viel Potenzial ein Pferd hat: Ob es für den Amateurbereich reicht, ob es bundesligatauglich ist oder es sogar in die Champions League schaffen könnte. Dann kommt es auf die Ausbildung und das richtige Gespür für den Pferde-Transfermarkt an. Man muss entscheiden, ob man das Potenzial eines Pferdes selbst auszuschöpfen versucht, oder ob man es besser früh verkauft.
Reiten Sie eigentlich auch selbst?
Harnik: Ich bin meiner Frau zuliebe schon mal geritten, aber wirklich mein Fall ist es nicht.
Gepackt haben Sie dagegen offenbar schnelle Autos. Vor einigen Jahren sagten Sie mal: "Ich habe Benzin im Blut und kann mir vorstellen, nach der Karriere irgendetwas mit Motorsport zu machen." Wie ist der Stand?
Harnik: Das ist lange her. Die Leidenschaft zum Motorsport ist geblieben und ich habe weiterhin gerne schnelle Autos in der Garage stehen. Seit der Geburt meiner Kinder kann ich mir aber nicht mehr vorstellen, mit ihnen auf eine Rennstrecke zu fahren.
Warum haben Sie bereits während Ihrer aktiven Karriere so viele Projekte nebenher vorangetrieben?
Harnik: Während der aktiven Karriere hat man als Bundesligaspieler genug Zeit und Geld, um nebenher Projekte zu starten und sich damit eine gewisse Sicherheit und einen Lebensinhalt für die Zeit danach zu schaffen. Ich kann das jedem Profifußballer nur empfehlen. Wenn man mit solchen Projekten erst nach dem Karriereende anfängt, ist der Druck viel größer. Dann gibt es kein regelmäßiges Einkommen und man ist vom Erfolg der Projekte finanziell viel abhängiger.
Abgesehen von Ihren beruflichen Projekten: Wofür werden Sie die neu gewonnene Zeit künftig nutzen?
Harnik: Vor ein paar Monaten habe ich mit dem Golfen angefangen und gemerkt, dass es mir echt Spaß macht. Ich bin bei uns in der Gegend einem Golfclub beigetreten und werde das künftig intensivieren. Mittlerweile habe ich auch schon meine Schwiegerfamilie mit dem Golf-Fieber infiziert.
In der Jugend des SC Vier- und Marschlande und später auch bei Werder spielten Sie mit Max Kruse zusammen. Hat er Sie schon zum Pokern animiert?
Harnik: Ich bin schon oft mit Max gemeinsam am Pokertisch gesessen, einmal waren wir sogar gemeinsam im Casino. Max pokert aber auf einem Niveau, auf dem ich nicht mithalten kann, und bei den großen offiziellen Turnieren in finanziellen Sphären, in denen ich nicht mithalten will. Es macht mir keinen Spaß, wenn es um zu viel Geld geht. Einmal im Monat mache ich mit einigen Freunden aber eine private Pokerrunde, bei der wir um ein paar Cent spielen. Mir geht es beim Pokern nicht um Geld, sondern um die Gemeinschaft.
Wie eng ist Ihre Freundschaft mit Kruse?
Harnik: Max und ich haben ein besonderes Verhältnis. Er ist einer meiner besten und loyalsten Freunde. Ich kenne ihn anders als so ziemlich jeder, der über ihn urteilt. Wenn er bei mir zuhause zu Besuch ist, ist er nicht der machoartige Kruse, als der er in der Öffentlichkeit dargestellt wird. Dann ist er der Max, mit dem ich in die große Fußballwelt aufgebrochen bin.
Wann holen Sie ihn nach Dassendorf?
Harnik: Ich könnte ihn mir tatsächlich sehr, sehr gut in unserer Mannschaft vorstellen. Er ist einer wie ich: Einer, der den Fußball liebt - und auf das Fußballgeschäft dahinter verzichten könnte. Auch wenn wir beide wissen, dass es dazugehört.
Die Karrierestationen von Martin Harnik
Zeitraum | Klub | Pflichtspiele | Tore |
2007 bis 2009 | SV Werder Bremen | 23 | 1 |
2009 bis 2010 | Fortuna Düsseldorf | 30 | 13 |
2010 bis 2016 | VfB Stuttgart | 214 | 68 |
2016 bis 2018 | Hannover 96 | 65 | 32 |
2018 bis 2019 | SV Werder Bremen | 24 | 7 |
2019 bis 2020 | Hamburger SV | 23 | 3 |