Es war eine besondere Rückkehr für Kai Havertz. Der gebürtige Aachener war beim öffentlichen Training der deutschen Nationalmannschaft am Mittwoch im neuen Tivoli der umjubelte Star.
Vor zehn Jahren wechselte der damals Neunjährige von seinem Heimatklub Alemannia Mariadorf zur großen Alemannia, von wo aus es schon ein Jahr später zu Bayer Leverkusen ging.
Dort hat sich Havertz im letzten Jahrzehnt vom hoffnungsvollen Talent zum potenziellen Weltstar entwickelt. Nach einer herausragenden Saison, in der er unter anderem mit 17 Toren maßgeblichen Anteil an der Qualifikation für die Champions League hatte, haben ihn Berichten zufolge Spitzenklubs wie Real Madrid und der FC Barcelona auf dem Zettel.
Havert sei "ganz sicher einer der am meisten umworbenen Spieler in ganz Europa", sagte Rudi Völler dem kicker.
FC Bayern blitzt offenbar mit konkretem Angebot ab
Der FC Bayern soll laut der Münchner tz sogar mit einem konkreten Angebot über 90 Millionen Euro abgeblitzt sein. Denn die Bayer-Bosse haben eine vorzeitige Freigabe aus Havertz' noch bis 2022 laufendem Vertrag kategorisch ausgeschlossen.
Solche Machtworte haben im Profi-Fußball bekanntlich schon häufig nichts genutzt, wenn die umworbenen Spieler unbedingt wegwollten. Doch in Leverkusen ist man total sicher, dass Havertz weiter mit vollem Elan bei der Sache sein wird.
Rolfes über Havertz: "Normal, vernünftig, geerdet"
"So herausragend sein Handeln schon jetzt auf dem Platz ist, so normal, vernünftig und geerdet ist Kais Verhalten abseits des Fußballs", sagt Sportdirektor Simon Rolfes im Gespräch mit SPOX und Goal: "Er ist ein Familienmensch, bei dem nicht die Gefahr besteht, dass er abhebt. Kai ist bei Bayer 04 groß geworden. Er weiß, was er an uns hat und empfindet eine sehr hohe Identifikation mit dem Verein."
Genauso sieht es auch Völler. Gleichwohl weiß der Leverkusener Geschäftsführer, dass man vermutlich nur noch in der nächsten Saison auf den Shootingstar zählen kann. Völlers Vorgänger Reiner Calmund erklärte sogar bereits, er rechne 2020 fest mit Havertz' Wechsel zum FC Bayern.
Schließlich sind sich die Fachleute einig, dass der offensive Mittelfeldspieler alles mitbringt, um in naher Zukunft zur absoluten Weltklasse zu gehören. "Um das zu erkennen, muss man definitiv kein Experte sein", meint Rolfes.
"Dass Kai eine ganz große Karriere vor sich hat, wenn er verletzungsfrei bleibt, ist in meinen Augen sicher. Natürlich kann und muss auch er sich noch weiterentwickeln. Aber was Kai bereits als 19-Jähriger auf dem Platz abruft, ist schon außergewöhnlich."
Völler: Havertz eine Mischung aus Özil und Ballack
Völler sieht in Havertz eine Mischung aus Mesut Özil und Michael Ballack - die beide in dem gleichen Alter noch lange nicht so weit waren. "Er ist schnell, ausdauernd, kopfballstark, robust, technisch perfekt, sein Spielverständnis ist überragend, und er denkt auch noch defensiv", lobte der frühere DFB-Teamchef. "Er ist ganz klar der deutsche Spieler der kommenden zehn Jahre."
Bitter nur für die Leverkusener, dass sie Havertz' Kumpel Julian Brandt trotz des Erreichens der Königsklasse nicht halten konnten. Der 23-Jährige, in der starken Rückrunde kongenialer Mittelfeldpartner von Havertz, wechselte für rund 25 Millionen Euro zu Borussia Dortmund. Obwohl man beim Werksklub bis zuletzt die Hoffnung auf einen Verbleib hatte, will Simon Rolfes nicht von Enttäuschung sprechen.
"Er war jetzt fünfeinhalb Jahre bei uns, ist schon als 17-Jähriger zu Bayer 04 gewechselt. Da ist es nachvollziehbar, dass Julian auch mal etwas anderes probieren möchte", sagte der Sportchef zu SPOX und Goal. "Julian ist ein toller Spieler, gerade im zurückliegenden halben Jahr unter Peter Bosz hat er noch einmal einen Riesenschritt gemacht. Auf diesem Niveau hat er vorher noch nicht gespielt. Zumal wir schon frühzeitig mit der Verpflichtung von Kerem Demirbay auf einen möglichen Wechsel Julians reagiert haben."
Leverkusens Ziel ist und bleibt die Champions League
Zudem soll noch mindestens ein weiterer offensiver Mittelfeldspieler und ein Außenverteidiger geholt werden. "Unsere Mannschaft bleibt größtenteils zusammen, auf bestimmten Positionen werden wir sie noch verstärken. Und dann haben wir in Peter Bosz einen Trainer, dessen ganz besondere Qualität darin besteht, Spieler besser zu machen, zu entwickeln, sie zu fördern", glaubt Rolfes.
Daher gibt er ungeachtet der Doppelbelastung und des Brandt-Abschieds auch für die neue Spielzeit die Champions-League-Teilnahme als Ziel aus: "Unser Anspruch ist es, in jeder Saison in der Königsklasse vertreten, in jedem Fall international dabei zu sein. Da wird nichts reduziert, im Gegenteil, dafür arbeiten wir jeden Tag."
Im Moment allerdings weilen die Bayer-Profis im verdienten Urlaub - mit Ausnahme der Nationalspieler. Bevor also auch Havertz abschalten kann, stehen noch die Länderspiele am Samstag in Weißrussland und drei Tage später gegen Estland auf dem Programm. Immerhin kann er sich da auf ein Ständchen des Mainzer Heimpublikums freuen, denn am Dienstag feiert er seinen 20. Geburtstag.