SPOX: Am 16. März 2011 kündigte Magath bei S04, um nur zwei Tage später nach Wolfsburg zurückzukehren. Diesmal sind Sie nicht mitgegangen, Ihre Zusammenarbeit endete abrupt. Wieso?
Eichkorn: Keine Ahnung, Felix hat mich nicht gefragt. Er hatte sich diesmal anders entschieden. Ich wusste auch vorab nicht, dass er nach Wolfsburg wechseln würde. Wir hatten dann nochmal miteinander telefoniert, als er in Wolfsburg angekommen war. Ich hatte auf Schalke noch vier Jahre Vertrag und da Felix mich nicht gefragt hatte, war es eine Selbstverständlichkeit für mich, dass ich für S04 weiterarbeite.
SPOX: Kam es für Sie überraschend, dass er auf Ihre Dienste verzichtete?
Eichkorn: Nein. Zehn Jahre sind eine lange Zeit, die sehr intensiv und auch anstrengend war. Es hatte sich zudem abgezeichnet, dass es im Vorstand mit Clemens Tönnies, Peter Peters, Manager Horst Heldt und Felix zu einer Konfrontation kommen würde. Mir war klar, dass ich auf Schalke weitermachen möchte, sollte Felix gehen. Dann war es eben vorbei, zumal der Entschluss bei Felix offenbar ähnlich aussah. (lacht)
SPOX: Waren Sie zu diesem Zeitpunkt verstritten?
Eichkorn: Nein, überhaupt nicht. Wenn wir uns heute sehen, sprechen wir ganz normal miteinander. Telefonieren mit Felix war immer schwer, da ich aufgrund seines nicht seltenen Schweigens nie wusste, ob er überhaupt noch in der Leitung war. Er hat einen lieber erzählen lassen, als dass er selbst gesprochen hat. So kurz und bündig, wie wir uns getroffen haben, sind wir eben auch auseinander gegangen.
SPOX: Wie sah Ihr Verhältnis zu Magath denn grundsätzlich aus, Sie werden ja bestimmt mal aneinander gerasselt sein?
Eichkorn: Ja, klar. So sah ich auch meine Aufgabe als Co-Trainer. Ich durfte nicht nur das nachplappern, was der Cheftrainer sagt. Es ging darum, auch mal andere Richtungen zu beleuchten oder neue Möglichkeiten zu diskutieren - auch wenn sie vielleicht gar nicht zu 100 Prozent meiner eigenen Meinung entsprachen. Felix kommt vielleicht nicht besonders lustig herüber, sondern eher grimmig und zurückhaltend. Er kann aber im täglichen Umgang sehr witzig sein und gut flachsen. Ich habe mit ihm gelacht wie selten in meinem Leben, aber wir haben uns auch mal in die Wolle bekommen und eine Weile lang angeschwiegen.
SPOX: Wie kompromissbereit war Magath denn?
Eichkorn: Felix sagte häufig von Beginn an nein, er nahm meist die Opposition ein. Verlieren konnte er überhaupt nicht. Smalltalk nach Niederlagen war unmöglich. Sein Credo war: Wenn wir verlieren, hat die Mannschaft auf jeden Fall eine schwierigere Woche vor sich als nach einem Sieg. Dann wurden für alle, auch für das Team rund um das Team, die Zügel konsequent angezogen. Ich habe das auch während der Zusammenarbeit reflektiert, aber sie war letztlich fast immer erfolgreich.
SPOX: Nachfolger von Magath auf Schalke wurde Ralf Rangnick. Das ist in Sachen Trainingslehre inhaltlich ein Unterschied wie Tag und Nacht. Wie groß war er tatsächlich?
Eichkorn: Dazu war die Zeit zu kurz. Während Felix nicht viel gesprochen hat, war Ralf rhetorisch der beste Trainer, den ich je erlebt habe. Die Mannschaftssitzungen waren super strukturiert, seine Ansprache perfekt - besser kann ich es mir kaum vorstellen. Wie er gerade die taktischen Inhalte vermittelt hat, war außerordentlich und beeindruckend. Das übergeordnete Problem war, dass das Verhältnis zwischen ihm und Raul ein bisschen wie eine dunkle Wolke über uns hing. Mir war nicht klar, woher das kam.
SPOX: Nach einem halben Jahr war die Zusammenarbeit wieder beendet, da Rangnick aufgrund eines Burnouts aufhörte. Haben Sie diese Erkrankung an ihm bemerkt?
Eichkorn: Ich hatte meine Signale eher aus dem Verein erhalten, dass er in dieser Hinsicht ein Problem haben könnte. Während der täglichen Trainingsarbeit habe ich das nicht wahrgenommen. Ich hatte ein bisschen das Gefühl, dass er vor den Spielen besonders angespannt und leicht nervös war, obwohl er schon so viele Bundesligaspiele gecoacht hat. Ich konnte das selbst nicht richtig einordnen. Das war aber im Nachhinein für mich ein kleiner Hinweis.
Seppo Eichkorn: Seine bisherigen Stationen
Verein | Amtszeit |
FC Schalke 04 | seit 2009 |
VfL Wolfsburg | 2007-2009 |
FC Bayern München | 2004-2007 |
VfB Stuttgart | 2001-2004 |
MSV Duisburg | 1994-2001 |
FC St. Pauli | 1987-1994 |
SV Hürth-Kendenich | 1983-1985 |
SPOX: Wie haben Sie letztlich davon erfahren?
Eichkorn: Horst Heldt berief eine Sitzung ein und teilte es uns mit. Es kam schon überraschend, von heute auf morgen war er weg. Für Ralf war es aber natürlich die richtige Entscheidung, er musste die Auszeit einfach nehmen.
SPOX: Für Rangnick kam Huub Stevens, dessen Co-Trainer Sie noch über zwei Jahre lang blieben. Jens Keller arbeitete dann aber lieber mit Peter Hermann zusammen und Sie wurden daraufhin 2013 Chefscout bei den Knappen. Wie sah Ihr Alltag als Chefscout denn aus?
Eichkorn: Die Initiative ging damals von Horst Heldt aus. Ich fand den Wechsel in ein anderes Gebiet verlockend. Ich bin nicht für die Organisation des Scouting verantwortlich - das ist aktuell Axel Schuster -, sondern ich scoute vor allem live vor Ort und erstelle anschließend die Expertisen zu den Spielern. Ich bin also viel mit dem Auto unterwegs. Nicht nur hier in der Region, sondern auch in der Niederlande, in Belgien und in Teilen Frankreichs. Ich war mit dieser Wahl sehr zufrieden. Und wenn ich dann ins Rentenalter komme, höre ich auf.
SPOX: Zunächst geht es nun aber erst einmal zurück auf den Platz: Sie kehren in der Rückrunde der aktuellen Saison als Co-Trainer von Domenico Tedesco zurück. Eigentlich hatten Sie nicht mehr geplant, wieder in dieser Funktion einzusteigen. Wie kam es zum Meinungsumschwung?
Eichkorn: Ich hatte tatsächlich keinen Drang mehr verspürt, in dieser Funktion noch einmal aktiv zu werden. Jetzt aber hat mich der Verein, für den ich seit Sommer 2009 tätig bin, angesprochen. Domenico Tedesco ist mit dem Wunsch auf mich zugekommen, das Trainerteam der Profis zu ergänzen. Dem Ansinnen bin ich gerne nachgekommen. Das hätte ich aber für keinen anderen Klub als Schalke 04 gemacht.