Sie waren etwas mehr als ein Jahr aus Dortmund weg, da geschah der Anschlag auf den Mannschaftsbus des BVB - und auf Ihre ehemaligen Mitspieler. Wie erinnern Sie sich an diesen Abend?
Stenzel: Ich war zu Hause und wollte das BVB-Spiel anschauen. Ich habe es besonders wahrgenommen, weil es wirklich viele getroffen hat, die ich persönlich kannte. Ich hatte an diesem Abend aber keinen persönlichen Kontakt. Ich hätte das zwar machen können, aber das braucht in einer solchen Situation wohl niemand. Ich war einfach nur froh, dass verhältnismäßig wenig passiert ist.
Welche Auswirkungen hatte dieses Ereignis auf Sie?
Stenzel: Ich habe anschließend schon auch mal gedacht: Was, wenn ich in diesem Bus gesessen hätte? Denn ich wusste natürlich immer noch, wie die Abläufe vor einem Spiel sind, wie es am Anschlagsort aussah. Nuri Sahin hat einmal gesagt, dass er das Gesicht von Marcel Schmelzer unmittelbar danach nie mehr vergessen wird. Das konnte ich mir vielleicht auch nochmal etwas besser vorstellen, weil ich selbst schon in diesem Bus saß. In Freiburg wurden wir danach viele Spiele lang von der Polizei eskortiert und unser Bus rund um die Uhr bewacht. Als wir das erste Mal wieder in den Bus stiegen, war das Geschehene präsent in meinem Kopf. Es hat mich in dem, was ich tue, aber nicht beeinflusst.
Ihr Wechsel nach Freiburg hat sich letztlich extrem ausgezahlt. Allerdings verpflichtete der SC nach dem Aufstieg in die Bundesliga für Ihre Position den erfahreneren Aleksandar Ignjovski. Wie haben Sie das aufgenommen?
Stenzel: Ich las die Nachricht bei mir zu Hause. Mein bester Kumpel war gerade da und wir haben dann darüber geredet. Ich wusste nicht wirklich, wie Aleksandar so ist und was er draufhat. Mir war klar, dass es ein relativ gestandener Spieler ist. Ich habe schon darüber nachgedacht, wie das für mich sein wird. Als aber die Vorbereitung losging, war das kein Thema mehr, weil man sich dann eh nur auf das konzentriert, was man selbst beeinflussen kann. Im Grunde waren wir zwei verschiedene Spielertypen. Manchmal war es aufgrund seiner Qualitäten besser, wenn er gespielt hat - und manchmal eben ich.
Letztlich haben Sie Ihren Stammplatz behauptet. Im letzten Spiel der Hinrunde 2016/17 zogen Sie sich dann eine schwere Schulterverletzung zu, schossen am 30. Spieltag im wichtigen Duell gegen Leverkusen Ihr erstes Bundesligator und wurden kurz darauf vom SC fest verpflichtet. Ab wann stand denn für Sie fest, dass Sie in Freiburg bleiben möchten?
Stenzel: Sehr frühzeitig. Ich habe mich in der Mannschaft direkt total wohlgefühlt, auch weil ich selten einen solchen Teamgeist und eine solche Kameradschaft erlebt habe. Davon wollte ich nicht so schnell weg. Es war ja auch nicht so, dass ein Traum von mir geplatzt ist, nur weil ich nicht mehr zum BVB zurückgekehrt bin.
Wie groß war denn für Sie als gebürtiger Ostwestfale der Unterschied im beschaulichen Breisgau?
Stenzel: Der badische Dialekt ist schon nicht von schlechten Eltern. Gerade Christian Günter und unser Trainer machen es einem da nicht immer leicht. (lacht) Die Lebensqualität war aber sofort für mich da: meist gutes Wetter, schöne Plätze, das Dreiländereck, in 20 Minuten ist man auf dem Berg - das sind Dinge, die ich zuvor so geballt nicht kannte. Der Ruhrpott hat zwar definitiv auch etwas, nur ist es dort etwas schwerer, mal in die Berge zu fahren, herauszukommen und einfach abzuschalten.
Und als Mensch reift man in Freiburg unter Christian Streich ja auch noch: Der Coach betont häufig, dass er seine Mannschaft nicht nur individuell als Spieler ausbilden möchte. Wie sieht das konkret aus, über welche Themen redet er mit dem Team?
Stenzel: Zunächst einmal ist das auf jeden Fall so, auch wenn es nicht täglich passiert. Der Trainer möchte uns Denkanstöße mitgeben, damit wir zu Hause nicht nur vor dem Fernseher sitzen, sondern uns auch mit gesellschaftlichen Themen oder der Politik beschäftigen. Er erinnert uns daran, dass wir Vorbilder und mündig sind, um unsere Meinung zu sagen. Ich finde es gut und wichtig, dass man über Dinge redet, die nichts mit dem Fußball zu tun haben.