Der 1. FC Köln trauert um seine Sturm-Ikone und einstigen Publikumsliebling Hannes Löhr: Der Linksaußen, wegen seines großen Riechorgans in der Domstadt nur "De Nas" gerufen, verstarb am Montag.
Noch am Sonntag hatte er sich in der Lanxess-Arena das DEL-Spiel der Kölner Haie gegen die Eisbären Berlin angeschaut. "Er ist wohl friedlich eingeschlafen. Er war sehr gläubig und hat immer gesagt: Der liebe Gott holt mich, wann er meint", sagte der langjährige Haie-Kapitän Detlef Langemann, ein langjähriger Freund von Löhr. Kölner Lukas Podolski twitterte: "RIP Hannes Löhr!"
Im vergangenen Jahr hatte Löhr eine Lungenentzündung und einen Schlaganfall erlitten. Zum Jahreswechsel hatte er im Interview auf dfb.de von seinen gesundheitlichen Fortschritten berichtet: "Besonders in den vergangenen sechs bis acht Wochen habe ich kleine, aber wichtige Schritte in die richtige Richtung gemacht." Sein Wunsch für 2016 war: "Ich würde mich freuen, wenn ich im kommenden Jahr wieder ein bisschen Golf spielen könnte. Dann wäre ich restlos zufrieden."
381 Bundesliga-Spiele
Der aus Eitorf stammende frühere Stürmerstar Löhr bestritt zwischen 1964 und 1978 381 Bundesliga-Spiele und erzielte dabei 166 Tore. Für Deutschland absolvierte Löhr 20 Länderspiele und war 1970 in Mexiko WM-Teilnehmer. 1968 wurde er mit 27 Treffern Bundesliga-Torschützenkönig.
Nach der aktiven Karriere war Löhr bis 1986 als Trainer und Manager für Köln tätig, anschließend wechselte er zum DFB. Dort war er unter anderem für die U21-Auswahl zuständig. 1988 führte Löhr Jungstars wie Jürgen Klinsmann und Thomas Häßler in Seoul zu Olympiabronze.
Zum FC hatte der ehemalige Torjäger bis zum Schluss eine sehr enge Beziehung. Sie begann 1964, als der schnelle Linksaußen von den Sportfreunden Saarbrücken ein begehrtes Talent war. "Der FC war einfach der beste Verein, deshalb habe ich mich für Köln entschieden", sagte Löhr vor einigen Jahren im SID-Interview rückblickend. Er kam und blieb.
Denkwürdiger Münzwurf
Zu den denkwürdigsten Ereignissen in seiner Laufbahn zählt der berühmte Münzwurf von Rotterdam im Europapokal der Landesmeister gegen den FC Liverpool, als auch das Wiederholungsspiel unentschieden ausging und per Münzentscheid der Sieger ermittelt werden musste. Löhr und seinen Kölner Mitspielern war das Glück nicht hold - Liverpool setzte sich durch, wobei die Münze beim ersten Mal im Stadion De Kuip von Rotterdam senkrecht im Boden steckengeblieben war.
"Ich stand ganz in der Nähe, gleich am Mittelkreis und habe gesehen, wie der erste Wurf senkrecht im Gras stecken blieb. Es war unglaublich", berichtete Löhr einmal: "Im zweiten Versuch fiel dann die Entscheidung für Liverpool."
Bei der WM 1970 in Mexiko war Löhr im denkwürdigen Spiel im Viertelfinale in Leon Vorbereiter des 3:2-Siegtores von Gerd Müller gegen WM-Titelverteidiger England. Mit dem FC holte "De Nas" 1968 und 1977 den DFB-Pokal, 1978 war er als Spieler und Manager am ersten und einzigen Double der Vereinsgeschichte unter Trainer Hennes Weisweiler beteiligt.
Der 1. FC Köln würdigt Löhr mit dem Tragen des Trauerflors im Ligaspiel am Dienstag beim FC Ingolstadt. Zudem wird der FC den erfolgreichsten Bundesligatorschützen des Vereins am Samstag vor der Heimpartie gegen Schalke 04 mit einem Ehrenapplaus feiern. Das kündigte FC-Präsident Werner Spinner an.
Anteilnahmen von Löw und Co.:
Joachim Löw (Bundestrainer): "Mich macht die Nachricht vom plötzlichen Tod von Hannes Löhr sehr traurig. Nicht nur in Köln war er eine Fußball-Institution, auch beim DFB hat er Spuren hinterlassen, besonders bei der U21 und im gesamten Nachwuchsbereich. Er war immer auf dem aktuellen Stand, die Gespräche mit ihm über Fußball waren ein Genuss, wie zuletzt am Rande der Eröffnung des Deutschen Fußball-Museums im Herbst letzten Jahres in Dortmund. Unsere Gedanken sind bei seinen Angehörigen und seiner Familie."
Reinhard Rauball (Ligapräsident): "Mit Hannes Löhr verbinden unzählige Fans großartige Fußballmomente, ob in der Nationalmannschaft oder in der Bundesliga. Mit ihm verlieren wir einen untadeligen Sportsmann, der sich mit seiner freundlichen, angenehmen Art gerade auch bei den Fans große Sympathien erworben hat und trotz seiner vielen Erfolge immer bescheiden geblieben ist. So war er auch als Manager und Trainer ein Vorbild für die nächsten Generationen, insbesondere in vielen Jahren als Coach der U21-Auswahl des DFB."
Jürgen Klinsmann (Ex-Bundestrainer im Express): "Diese Nachricht macht mich sehr traurig. Hannes Löhr war ein großartiger Trainer mit herausragenden menschlichen Fähigkeiten. Sein Umgang mit uns Spielern, den ich vor allem während der Olympischen Spiele in Seoul erleben durfte, war beispielhaft. Immer menschlich, sehr sozial, stets freundlich. Er war ausgeglichen und auch ausgleichend. Nie laut und auch nie vorlaut. Er hatte eine Art, wie man sie im Fußball gerne öfter finden würde."
Rainer Koch (DFB-Interims-Präsident): "Die Nachricht kam für uns alle unerwartet und hat im DFB tiefe Trauer und Betroffenheit ausgelöst. Hannes Löhr war nicht nur ein herausragender Fußball-Fachmann, sondern auch eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Dass er 1988 als Trainer mit der deutschen Olympiaauswahl Bronze gewonnen hat, bleibt ebenso für immer fester Bestandteil der DFB-Chroniken wie seine 20 Länderspiele oder seine WM-Teilnahme 1970. Hannes Löhr wird dem Fußball fehlen, unsere Gedanken sind bei seiner Familie und Freunden."
Werner Spinner (Präsident 1. FC Köln): "Hannes Löhr war über seine Zeit als Spieler, Trainer und Funktionär hinaus dem FC immer eng verbunden, ohne sich je in den Vordergrund zu drängen. Er ist eine Ikone des 1. FC Köln, hat viel geleistet für den Verein und auch mich persönlich nach unserer Wahl im Jahr 2012 in jedem Belang unterstützt. Ich bin persönlich sehr betroffen, weil ich einen Freund verliere. Wir werden in Ingolstadt mit Trauerflor spielen und wir werden am Samstag einen Ehrenapplaus machen."
Toni Schumacher (Vize-Präsident des 1. FC Köln): "Der Tod von Hannes Löhr trifft mich sehr. Er gehörte ohne Zweifel zu den größten Persönlichkeiten des 1. FC Köln, die ich kennenlernen durfte. Er war mein Mitspieler, Trainer und Manager. Zu Beginn meiner Profi-Karriere gehörte Hannes zu den absoluten Führungsspielern beim 1. FC Köln. Als junger Spieler habe ich viel von ihm lernen können."