Dass viele dieser Abläufe einfach noch nicht funktionieren können, ist dem Trainerteam bewusst. Die ständigen Ausfälle und Umstellungen innerhalb der Mannschaft lassen es kaum zu, sich zu finden. Leon Goretzka kehrt zurück, dafür fällt Fährmann aus. Kirchhoff bestreitet einige Spiele und meldet sich direkt wieder mit Problemen an der Achillessehne ab, während ein Schlüsselspieler wie Eric-Maxim Choupo-Moting zum Afrika-Cup reist.
Gemessen an den Umständen hat di Matteo dennoch eine stabile Mannschaft aufstellen können, wie der Sieg über Gladbach (1:0) oder das Unentschieden gegen den FC Bayern München (1:1) nahelegten. Ruhig hat er seinen Plan abgearbeitet und ein grundlegendes Auftreten seiner Mannschaft definieren können.
Dabei wurde er nicht müde zu betonen, was erst möglich sei, wenn die Langzeitverletzten zur Mannschaft stoßen würden. "Alle Spieler, die jetzt langsam wieder zur Mannschaft stoßen oder bereits wieder dabei sind, sind wichtig für uns. Sie bringen eine gewisse Qualität in den Kader und können spielentscheidend sein", hieß es letztlich Ende März.
Neues Personal = neue Sorgen
Mit der Länderspielpause kehrten Sead Kolasinac und Jefferson Farfan zurück, auch Julian Draxler ist inzwischen wieder mit an Bord. Entgegen der allgemeinen Erwartung bringt die neue Personalsituation derzeit aber Sorgenfalten auf die Stirn des sonst so entspannt wirkenden Schalke-Trainers.
Die Herangehensweise seit seiner Umstellung gegen den VfL Wolfsburg ist nicht dafür ausgelegt, mit Farfan oder Draxler, bzw. sogar mit beiden zu spielen. Der Peruaner wurde schmerzlich vermisst und kann das Spiel seines Teams definitiv verbessern, hat aber keinen Platz im 3-5-2.
Als Flügelläufer ist die große Explosivität des inzwischen 30-Jährigen verschenkt, er würde zu stark in die Defensive miteingebunden werden müssen. Arbeiter wie Atsuto Uchida oder zuletzt Tranquillo Barnetta sind für diese Aufgabe besser geeignet. Ähnlich steht es mit Draxler, der sich eigentlich auf der Zehn sieht, dort aber keinen Platz findet.
Umstellung schlägt auf Ergebnisse
Mit den ersten Trainingseinheiten Farfans begann damit auf Schalke erneut die Experimentierphase, die sich derzeit auch in den Ergebnissen niederschlägt. Seit dem 4:3-Sieg bei Real Madrid in der Champions League gelang kein einziger Sieg mehr. Die Viererkette ist zurück, bleibt aber bisher ihre Tauglichkeit schuldig.
Während die Defensive weiterhin steht, bereitet doch die Offensive die Probleme. Tatsächlich ist das der Punkt, an dem di Matteo bisher am wenigsten verändert hat. Ein beweglicherer Stürmer hinter oder um Klaas-Jan Huntelaar herum und einfache Überladungen auf den Flügeln waren bisher der Plan, der allerdings durch seine simple Anlage relativ einfach neutralisierbar war.
Mit Farfan und damit auch mit der Rückkehr zur Viererkette hat sich jedoch viel ändern müssen. Schon nach der Einwechslung des Peruaners gegen Leverkusen wurde klar, dass dieser eine Spiele eine enorme Auswirkung auf die Mannschaft hat.
Viererkette verlangsamt Spiel
Spielt Farfan, steht die Viererkette. Das macht den Spielaufbau der Schalker weniger breit und damit nicht mehr so sicher, wie mit einer Dreierkette. Huntelaar ist Zielspieler für lange Bälle, hat aber nicht mehr die hohe Dichte hinter sich, um auf nachrückende Mitspieler abzulegen.
Dazu ist die Absicherung der Außenverteidiger nicht mehr so gegeben, wie noch mit drei Mann im Rücken. Das Ergebnis ist weniger Risikobereitschaft und damit weniger Gefahr nach vorne. Gleichzeitig müssen die zentralen Mittelfeldspieler in die Mitte rücken, um Außen Platz für zwei Spieler zu schaffen.
Am Beispiel Marco Höger ist schnell zu erkennen, wie sich die Rolle der Achter durch das Spiel mit Farfan verändert. Im 3-5-2 noch als weit nach außen ausweichender Kombinationsspieler unterwegs, sucht er jetzt die Anbindung im Zentrum und lässt den Ball zirkulieren.
Vergleich der Pässe von Marco Höger gegen Hoffenheim und Freiburg: In Zwei Spielen mit ähnlichen Spielanteilen für Schalke füllt Höger zwei verschiedene Rollen aus. Einmal im 3-5-2 ohne Farfan (l.), einmal im 4-2-3-1 mit Farfan (r.).
Fünf Spiele Probezeit
Das verlangsamt das Spiel Schalkes extrem. Das Konterspiel funktioniert nicht mehr so, wie es im 3-5-2 funktionierte und so geht den Königsblauen viel Durschlagskraft ab. Mit Leroy Sane, Farfan und Choupo-Moting versuchte di Matteo zuletzt, auf mehr Tempo zu setzen und die Gegner so in Schwierigkeiten zu bringen.
Das hat seine Wirkung noch nicht voll entfalten können, wenn auch erste Ansätze zu erkennen sind. Das Tor von Sane gegen Wolfsburg, als er nach einer Ecke aus der eigenen Hälfte bis zum Abschluss durchstartete, zeigt das mögliche Potenzial.
Di Matteos Plan ist momentan allerdings nicht wie gewünscht durch die Rückkehr der Verletzten beschleunigt, sondern kurzfristig gestoppt worden. Für den Italiener gilt es jetzt, neue Schritte einzuleiten, um dann in der nächsten Saison das große Ziel Champions League angehen zu können.
Hoffnung Khedira
Schafft er es, sein bevorzugtes 4-2-3-1 an die Mannschaft anzupassen und dabei die richtige Balance zu finden, ist mit Schalke in der nächsten Saison definitiv zu rechnen. Die richtigen Transfers können der jungen Mannschaft zusätzlich Stabilität verleihen, Sami Khedira ist ein Name, der in diesem Zusammenhang fallen muss, geht ein Spieler mit seinen Eigenschaften im Mittelfeld doch noch ab.
Die Zeit dafür hat di Matteo, denn so ganz ist die Saison dann eben noch nicht vorbei. Fünf Spiele stehen noch aus und damit noch eine ganze Menge Zeit, die di Matteo unter Wettkampfbedingungen experimentieren kann - und auch muss, denn die Europa League ist noch nicht gebucht.