Ein Opfer der Großen

Oriol Romeu ist vom FC Chelsea an den VfB Stuttgart ausgeliehen
© getty

Oriol Romeu macht mit dem VfB Stuttgart einen Schritt zurück, um in seiner Entwicklung wieder nach vorne zu kommen. Das große Talent, das den Weg in die Bundesliga über den FC Barcelona und den FC Chelsea fand hofft, dort endlich zu den Großen zu gehören, die ihm sonst im Weg standen.

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Abergläubisch ist er schon mal nicht. Oriol Romeu startet mit der Nummer 13 in seine Zeit in Deutschland. Bevor er aber für den VfB Stuttgart in der Bundesliga auflaufen wird, führte ihn sein erster Weg nach Österreich. Im Zillertal bereitet sich der VfB gerade auf die neue Saison vor und Romeu ist schon mitten drin im Trainingsbetrieb der Schwaben.

Mit der Verpflichtung von Romeu haben Sportdirektor Fredi Bobic und Trainer Armin Veh einen kleinen Coup gelandet, der vielleicht erst auf den zweiten Blick klar wird.

"Ihn habe ich schon länger im Auge", sagte Veh. "Er hat trotz seines jungen Alters schon einige Erfahrungen in zwei Topligen Europas gesammelt."

Bobic glaubt, dass er "die Qualität unseres Kaders nochmals deutlich erhöhen" wird. Er habe eine gewisse Robustheit und sei zweikampfstark.

Antwort auf Yaya Toure

Zu Beginn seiner Karriere waren die Einschätzungen nicht ganz so konservativ. Die katalanische Tageszeitung "Sport" bezeichnete ihn einst als "die Antwort auf Yaya Toure". Mit 18 Jahren galt der Katalane als eines der größten Talente des FC Barcelona, wurde aber Opfer der goldenen Generation Barcas und der eigenen Verletzungsanfälligkeit.

Mit 13 Jahren wurde er noch bei Espanyol Barcelona aussortiert. Zu klein, hieß es dort. Eine Tatsache, die beim Lokalrivalen niemanden störte. Romeu zog nach La Masia und wurde zu einem klassischen Spieler der Barca-Jugendschule. Die typische Nummer vier, deren vielleicht bekanntester Vertreter inzwischen die Nummer fünf, die langjährige Rückennummer von Carles Puyol trägt: Sergio Busquets.

Immer mit einem Auge auf dem Ball und einem auf den Raum halten die defensiven Mittelfeldspieler die Balance aus Defensive und Offensive. Romeu selbst gab zu: "Ich versuche, mein Spiel auf Busquets aufzubauen. Der Schlüssel des Spiels ist zu antizipieren. Er weiß zwei Sekunden vor allen anderen, wohin der Ball gehen wird. Das ist das, was ich auch können will."

Stolperstein Sergio Busquets

Ausgerechnet sein großes Vorbild wurde allerdings auch sein Stolperstein . Der Abgang von Yaya Toure sollte Romeu den Weg in die erste Mannschaft freimachen. "Romeu lässt seine Teamkameraden nie im Stich. Er stopft jede Ecke und jede Lücke. Er gibt die Balance in der Mitte, erlaubt seinen Mitspielern alle Freiheiten und erobert die Bälle entschlossen zurück", sagte Marti Perarnau, Assistent Guardiolas.

Aber der Katalane wurde Opfer der eigenen Ansprüche, sowie der Qualität der Mannschaft, die Pep Guardiola inzwischen aufgebaut hatte. Er teilte das Schicksal von vielen talentierten Spielern aus La Masia, die mit der Zeit ihre Zelte in Barcelona abbrachen, weil sie keine Chance sahen, jemals Xavi oder Andres Iniesta verdrängen zu können. In seinem Fall hießen die unüberwindbaren Hürden Busquets und Javier Mascherano.

Wie gesucht und gefunden

In der Folgezeit verlor Romeu den Faden. Auch bei Barcelona B war die Konkurrenz im Team von Luis Enrique groß, Romeu verpasste den Anschluss nach oben und entschied sich für einen neuen Weg: "Ich musste öfter spielen und wenn man die Chance hat, von Barcelona B zu Chelsea zu wechseln, sollte man das tun."

Die Premier League schien ihm zu liegen. Bei den Blues sammelte Romeu sofort wieder Selbstvertrauen, das physisch betonte Spiel stand ihm gut zu Gesicht. Chelseas damaliger Trainer Andre Villas-Boas versuchte, das ballbesitzorientierte Spiel in England durchzusetzen, in dem 19-jährigen Katalanen fand er die richtige Kombination aus körperlicher Präsenz und Spielintelligenz.

"Vielleicht bin ich eher ein englischer Spieler, als ein typischer Barca-Spieler", mutmaßte er selbst nach einigen Wochen auf der Insel: "Das war einer der Gründe, um hierher zu kommen: Der Kontakt, die längeren Pässe, die Tacklings. In Spanien gibt es das nicht."

Di Matteo stoppt Romeu

22 Einsätze verbuchte Romeu unter Villas-Boas, die meisten von Beginn an. Noch keine 20 Jahre alt, schien er seinen Platz bei einem der Top-Klubs gefunden zu haben, in Barcelona wurden Rufe laut, man solle die Rückkaufoption ziehen. Ein Klub-Sprecher bestätigte: "Wir sind kein bisschen überrascht von seinen guten Leistungen. Er ist ein Spieler mit einer großen Zukunft, wir beobachten seine Entwicklung."

Doch wieder wurde der Mittelfeldspieler Opfer der Alteingesessenen. Mit Roberto Di Matteo kam ein Trainer, der auf Vertrautes setzte. Aus 4-3-3 wurde 4-2-3-1, aus Romeu auf seiner Paradeposition wurde eine Doppelsechs meist mit Raul Meireles und Michael Essien. Auch unter Rafael Benitez fand Romeu nicht mehr zurück. Juan Mata riet ihm letztlich zu einem Wechsel zurück in die Heimat.

Verlorenes Jahr in Valencia

Das Interesse des FC Barcelona war inzwischen verglüht. Spiegelbild Busquets war zu einem der besten Sechser der Welt gereift, in der eigenen Jugend vermutet man inzwischen mit Sergi Samper den nächsten idealen Nachfolger für den erst 26-jährigen Busquets. So wurde es der FC Valencia. Eine Mannschaft, die sich ebenfalls über das Spiel mit dem Ball definiert - eigentlich ein gutes Los.

Die Ches und Romeu fanden jedoch nicht zueinander. An Ever Banega und Javi Fuego war kaum ein Vorbeikommen, die Routiniers Michel und später Seydou Keita drängten den Neuzugang Stück für Stück aus dem Team.

Sein größtes Problem blieben jedoch die Verletzungen. In der Zeit kurz vor Ende der Hinrunde und Start der Rückrunde verbuchte er acht Spiele am Stück über 90 Minuten, bis ihn eine Meniskusverletzung stoppte.

Neue Rolle in Stuttgart?

Die Bundesliga könnte nun das werden, was für Romeu lange Zeit die Premier League war. Eine Liga, die die Mischung aus Spiel mit Ball und körperbetonter Defensivarbeit verlangt, in Stuttgart scheint er als Neuzugang nicht mehr hinten anstehen zu müssen.

Von einem "taktisch bestens ausgebildeten Spieler" spricht Bobic, lässt aber die Position der Neuverpflichtung offen. Der sieht seine Lieblingsposition im defensiven Mittelfeld. Aber auch Busquets spielte einst als Aushilfe in der Innenverteidigung, offenbarte dort allerdings Schnelligkeitsdefizite für eine hoch stehende Abwehr.

Romeu füllte diese Rolle in der zweiten Mannschaft Barcelonas und phasenweise auch beim FC Chelsea aus. Es ist die Chance, sich nicht nur endlich als Stammspieler zu etablieren, sondern auch, sich entscheidend von seinem Idol und einst größten Konkurrenten abzuheben.

Dafür will er sein "Trikot verteidigen", wie er auf der Vereinshomepage ankündigte. "Ich freue mich auf die Herausforderung, auf ein neues Land und neue Leute. Auch das bringt mich weiter."

Oriol Romeu im Steckbrief