SPOX: Sie sind seit einem Jahr Aufsichtsratsmitglied bei Werder. Beim kommenden Gegner HSV war das Gremium in den letzten Wochen immer wieder Bestandteil einiger fragwürdiger Vorkommnisse - in Bremen bleibt dagegen alles ruhig.
Bode: Obwohl unsere sportliche Situation vergleichbar ist, haben wir sicher einen anderen Weg gewählt als die Hamburger. Ob unser Weg der richtige ist? Jedenfalls handeln wir nach unserer Überzeugung. Das allein zählt!
SPOX: Werder proklamiert seit zwei Jahren den Umbruch, vor der Saison war ein Schlagwort die Weiterentwicklung der Mannschaft. Wie kann das jetzt noch gehen, wo es ums bloße Überleben geht?
Bode: Vor der Saison hätte ich gesagt, dass mir eine Entwicklung innerhalb der Mannschaft wichtiger wäre als der Tabellenplatz. Das geht nun nicht mehr, dazu ist die aktuelle Situation zu brisant. Jetzt geht es erst mal darum, den Abstieg zu verhindern.
SPOX: Dafür benötigt es Punkte, egal wie. Und am Ende blickt man auf ein weiteres Jahr, das im Sinne des Umbruchs verschenkt ist?
Bode: Noch bleibt Zeit, die Saison zu einem besseren Ende zu bringen. Wenn wir in den nächsten vier Spielen erfolgreich sind, kann sich die Situation auch schnell zum Positiven verändern.
SPOX: Haben Sie Angst vor einem Abstieg?
Bode: Unser Restprogramm ist ohne Frage schwer, es wäre blauäugig zu behaupten, wir wären sicher durch. Und manchmal erwischt es auch die Traditionsklubs, weil sie es bis zum Schluss nicht wahrhaben wollen. Aber ich bin trotzdem überzeugt, dass Robin Dutt und sein Team die nötigen Punkte holen werden. Das Spiel gegen Hamburg ist auch eine große Chance: mit einem Derbysieg würden wir einen großen Schritt vorwärts machen.
SPOX: Das ist es für den Gegner auch.
Bode: Ich hatte erwartet, dass der Trainereffekt etwas bewirken wird. Dass sie den BVB aber so schlagen, war nicht zu erwarten. Der HSV kann mit einem Sieg an Werder vorbeiziehen. Dann wäre das Feuer so richtig entzündet in Hamburg. Für die Fans beider Lager ist es ohnehin das Spiel des Jahres, dazu das 100. Nordderby. Es wird ein Nervenspiel werden. Aber wir dürfen keine Angst haben vor der Situation und vor Fehlern.
SPOX: Ist die Mannschaft zu verkrampft?
Bode: Manchmal habe ich das Gefühl, dass es so ist. Dass sich einzelne Spieler zu viele Gedanken machen und nicht frei aufspielen. Es muss oft etwas passieren, damit die Mannschaft die Blockade lösen kann: Der Fehler von Lukimya, der Platzverweis gegen Kroos zuletzt. Ich war selbst Spieler, der Kopf lässt sich leider nicht immer abschalten, auch wenn es besser wäre!
SPOX: War der Richtungswechsel der sportlichen Leitung im Spätherbst im Nachhinein der große Fehler der Saison?
Bode: Nein - und ich glaube auch nicht, dass wir damals bewusst eine erfolgreiche Taktik aufgegeben haben. Grundsätzlich ist keine Taktik richtig, die nur auf ein Null zu Null ausgelegt ist. Selbst wenn man eine eher defensivere Grundausrichtung hat, müssen Komponenten des Offensivspiels vorhanden sein. Sicheres Passspiel, schnelles Umschalten. Ich glaube, dass Robin Dutt und das Team auch immer auf der Suche sind, da die richtige Balance zu finden.
SPOX: Die Bayern spielen in ihrer eigenen Liga, ihre Dominanz ist erdrückend. Wird das schon bald zu einem Problem für die Liga?
Bode: Im Moment ist man geneigt, die Langweile als furchtbar anzusehen. Andererseits habe ich die größte Hochachtung und Respekt davor, wie sie spielen. Ich habe nicht die Befürchtung, dass die Bayern auch in den kommenden zehn Jahren so auftreten werden wie im Moment. Diese Mannschaft jetzt hat einen ganz erstaunlichen und beeindruckenden Charakter. Die lassen nicht locker, sie gewöhnen sich nicht an den Erfolg. Die Bayern bleiben hungrig, vielleicht treibt sie auch die Arbeit von Pep Guardiola dahin. Die Nummer eins in Deutschland waren sie schon immer. Jetzt sind sie von allen Klubs in Europa auch am besten aufgestellt. Die Bayern sind die Besten der Welt im Moment.
SPOX: Was erwarten Sie vom Derby am Samstag?
Bode: Ich hoffe auf ein intensives Spiel mit einer stimmigen, aber friedlichen Derbyatmosphäre. Ich würde der Mannschaft sagen wollen, dass das eine Riesen-Chance ist, die Leute hinter uns zu bringen. Das kann für die nächsten Wochen sehr wichtig sein. Also hoffe ich auf einen Werder-Sieg!
Seite 1: Marco Bode über die laufende Saison, Werders Identität und die Fans