Jahreshauptversammlungen von Bayern München (19 Uhr im LIVE-TICKER) haben zuletzt nicht selten Film-Charakter gehabt. Mal platzte Uli Hoeneß der Kragen, mal musste Bastian Schweinsteiger nach heftiger Kritik ganz schön schlucken, Karl-Heinz-Rummenigge trug sogar einst ein Gedicht vor.
An diesem Freitag aber droht den wohl rund 3.000 Vereinsmitgliedern im Münchner "Audi Dome" ein eher langweiliger Abend. Zwar stehen nach der titellosen Vorsaison keine Pokale auf dem Podium - die Stimmung in München aber ist trotzdem vorweihnachtlich harmonisch.
Tabellenführer, fünf Punkte Vorsprung - Grund zum Meckern gibt es am Ende des turbulenten Jahres 2011 nicht. Vielmehr blickt die Bayern-Gemeinde kollektiv auf den eigentlich Höhepunkt des Wochenendes. 23 Stunden nach Beginn der jährlichen Versammlung gastiert Meister Borussia Dortmund in München.
Das Spiel des Jahres, wie Vorstandsvorsitzender Rummenigge sagt: "Es geht darum, die Tabellenführung auszubauen, aber vor allem auch um unser Image". Die Sitzung am Vorabend ist daher nicht mehr als ein Pflichttermin: Die Ruhe vor dem Sturm.
Für die Mannschaft ist Spielvorbereitung wichtiger
"Es wird ein enges Spiel, aber wir haben viel Selbstvertrauen und werden die Partie gewinnen", sagte Bastian Schweinsteiger, der am Samstag aufgrund seines Schlüsselbeinbruchs zum Zuschauen verdammt ist. Wie seine Kollegen wird der Nationalspieler auch am Freitagabend voraussichtlich nicht vor Ort sein - was für den Bayern-Regisseur im Vergleich zu seinem Ausfall im Topspiel ("das tut schon sehr weh") aber leichter zu verkraften sein wird.
Der Rest des Teams wird sich rund 40 Kilometer weiter nördlich im Hotel "Dolce" im Münchner Vorort Unterschleißheim aufhalten. Mario Gomez war am Donnerstag sogar bemüht, ein Log-In für die Live-Übertragung auf der Vereinshomepage zu erhalten. "Ihr schaut schön Leverkusen gegen Kaiserslautern", mahnte Mediendirektor Markus Hörwick schmunzelnd. Spielvorbereitung ist wichtiger.
Überhaupt spielte die Jahreshauptversammlung in der Woche vor dem Gipfeltreffen absolut keine Rolle. Nichts erinnert momentan an die Zeiten, als Hoeneß, Rummenigge und Co. aufgebrachte Fans und unermüdliche Kritiker fürchten mussten. Die Bayern-Anhänger feierten ihre Mannschaft nach zuletzt neun siegreichen Heimspielen frenetisch - und auch finanziell stimmt es beim Krösus der Liga.
"Nach einem sportlich herausragenden Jahr mit Meisterschaft, DFB-Pokalsieg und Champions-League-Finale hatten wir letzte Saison leider keinen Erfolg zu verzeichnen. Trotzdem kann ich sagen, dass wir nach wie vor wirtschaftlich sehr gut dastehen", kündigte Rummenigge schon an.
Umsatz wohl etwas rückläufig - "sind trotzdem kerngesund"
350,2 Millionen Umsatz verzeichnete der wohl gesündeste europäische Fußball-Klub im Vorjahr und knackte damit zum ersten Mal die 300-Millionen-Euro-Marke. Nach Abzug von Steuern blieb der AG ein Gewinn von 2,9 Millionen Euro. Auch wenn sich die rund 44 Millionen Euro teuere Einkaufstour nach der titellosen Vorsaison bemerkbar machen wird, das siebte erfolgreiche Geschäftsjahr in Folge ist zu erwarten.
"Und auch ohne Gewinn rutschen wir nicht gleich in die Verschuldung", hatte Finanzchef Karl Hopfner mit Blick auf 206 Millionen Euro Eigenkapital jüngst betont. Die 64 Millionen Euro auf dem berühmten Festgeldkonto sind ja auch noch da.
Präsident und Moderator Hoeneß, der zum zweiten Mal durch den Abend führt, mag es nur recht sein, dass die Plattform für Kritiker bereits vor dem Topspiel wieder geschlossen sein wird. Debatten über die Unersetzbarkeit von Schweinsteiger bleiben ihm so wohl erspart.Hoffnung macht vor allem aber der Blick auf das Vorjahr: Trotz des mäßigen fünften Tabellenplatz und alarmierenden 14 Punkten Rückstand auf den damaligen Spitzenreiter Dortmund gab es nur zwölf eher milde Wortmeldungen aus dem Auditorium. Der Pflichttermin am Freitagabend könnte also schnell gegessen sein - damit das Wochenende richtig beginnen kann.
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