SPOX: Bevor Sie den Schritt nach Krefeld gegangen sind, waren Sie ein halbes Jahr vereinslos. Können Sie konkretisieren, was Sie gemacht haben?
Beister: Ich habe erst einmal ein bisschen Groundhopping betrieben. Ich war viel in England, habe mir Premier League angeschaut und den Fußball aus einer anderen Perspektive gesehen. Neben meinem Training habe ich mir auch die Welt angeguckt. Das bleibt im Alltagsgeschäft auf der Strecke. Außerdem habe ich geschaut, was es neben dem Fußball für Jobs gibt. Für mich war klar, wenn ich bis zum 31. Januar nichts Attraktives finde, möchte ich nicht noch einmal ein halbes Jahr vereinslos sein. Ich möchte etwas haben, wofür ich gerne jeden Morgen aufstehe.
SPOX: Heißt das, Sie hätten Ihre Karriere in dem Fall beendet?
Beister: Wenn mich nichts überzeugt hätte, hätte ich meine Karriere beendet. Ich wollte mich nicht mehr zu Wechseln leiten lassen. Ich wollte nur noch etwas machen, womit ich mich identifizieren kann.
SPOX: Sind Sie in einer Position, in der Sie sich diese Freiheit erlauben können?
Beister: Der Fußball hat sich gewandelt. Für viele geht es nur noch darum, wie viel Geld sie nach ihrer Karriere verdient haben. Aber das halte ich für Blödsinn. Ich habe doch auch nicht mit 14 gesagt, ich muss unbedingt schon in der C-Jugend 5000 Euro verdienen. Für mich stand Geld nie im Mittelpunkt.
SPOX: Aber ist es nicht dennoch ein Privileg, diese Entscheidung ohne finanzielle Sorgen treffen zu können?
Beister: Ich empfinde das als Privileg. Aber ich bin der Meinung, ich habe es mir verdient, mir auch mal eine Auszeit zu nehmen. Ich gebe zu, es gab eine Zeit, in der ich das Fußball-Business verachtet habe.
SPOX: Wieso?
Beister: Ich hatte das Gefühl, es geht nur noch um Zahlen, um Geld, um Bilanzen. Wenn ein Verein letztes Jahr Achter wurde und dieses Jahr Zehnter, gleichzeitig aber vier Millionen Euro mehr Umsatz gemacht hat, klopfen sich alle auf die Schulter und feiern. Da kommt mir das Sportliche zu kurz. Deswegen kam ich an den Punkt, an dem ich damit nichts mehr zu tun haben wollte, nur noch eine Zahl oder ein Produkt zu sein. Deswegen tat die Auszeit gut, um mich nicht in eine Abneigung gegen den Sport, den ich liebe, hineinzusteigern. Als das Angebot von Krefeld kam, habe ich mich bereit gefühlt. Ich möchte meine Karriere wieder positiv gestalten.
SPOX: Nach Ihrem Wechsel in die Regionalliga gab es in den sozialen Medien Spott. Wie gehen Sie damit um?
Beister: Es hat mich ja keiner gezwungen, da hinzugehen. Außerdem habe ich nicht einen einzigen Kommentar auf Facebook gelesen. Das wird mir zwar kein Mensch glauben, aber ich lege meine Hand dafür ins Feuer. Ich habe mir das abgewöhnt. Sicherlich gibt es Leute, die sagen, ich sei abgestürzt. Dann Bitteschön. Aber genauso würden einige liebend gerne mit mir tauschen.
SPOX: Ist es wohltuend an der Regionalliga, dass die Vermarktung des Sports nicht so im Mittelpunkt steht?
Beister: Ich hoffe, dass es so kommen wird. Ich kann nicht beurteilen, wie sich der Verein in den nächsten Jahren strukturell aufstellen wird. Aber momentan ist es hier schon so. Es riecht noch nach Tradition, alles ist sehr alt, sehr ursprünglich. Klar muss einiges renoviert werden. Aber ich hoffe, dass der Grundgedanke immer sein wird, den Fußball zu verbessern und nicht, eine große Marke zu schaffen.
SPOX: Sie betonen, wie viel es Ihnen gebracht hat, mehr von der Welt zu sehen. Ihren Wechsel nach Australien bezeichnen Sie im Nachhinein aber als Fehler. Warum?
Beister: Als ich angekommen bin, hat man mir keine sportliche Perspektive geboten. Nach sechs Wochen hat sich herausgestellt, dass der Trainer nicht wusste, was er mit mir anfangen sollte. Ich war nicht sein Spielertyp. Wenn man dann nur noch über Dritte mit mir kommuniziert, weiß ich, was los ist. Es war eine super Lebenserfahrung, aber rein sportlich war das ein Reinfall.
SPOX: Die Entscheidung über den Wechsel mussten Sie auch sehr kurzfristig treffen.
Beister: Ich hatte gerade einmal zwei Tage Zeit. Das war schon ziemlich mutig. Es haben keine ausführlichen Gespräche stattgefunden, das geht so kurzfristig alles nicht mehr. Aber ich war in Mainz suspendiert und wollte meine Zeit nicht absitzen. Deswegen wollte ich mir dort etwas Neues aufbauen. Aber das funktioniert nur, wenn man die volle Unterstützung des Trainers hat.
SPOX: Wenn Sie über Ihre letzten Jahre nachdenken, gibt es Punkte, an denen Sie selbst Fehler gemacht haben?
Beister: Ich weiß zu 100 Prozent, was ich falsch gemacht habe.
SPOX: Und zwar?
Beister: Ich war rebellisch und bin zu sehr angeeckt. Ich hätte einfach mal meinen Mund halten sollen. Aber ich bin zu emotional und das hat man mir an meiner Körpersprache angesehen. Ich habe immer versucht, Probleme anzusprechen. Sicher hätte ich das ruhiger und sachlicher machen können.
SPOX: Kann man daran arbeiten?
Beister: Die Selbstkritik ist der erste Schritt. Aber komplett will ich mir das auch nicht nehmen lassen. Meiner Meinung nach muss es immer Reibungen geben, wenn man vorankommen will. Ich kann reinen Gewissens in den Spiegel schauen.
SPOX: Gibt es auch sportlich Bereiche, in denen Sie sich nicht so entwickelt haben, wie es Ihr Potenzial zugelassen hätte?
Beister: Es ist schwierig, wenn man so lange verletzt war. Man kämpft sich durch die Reha, steigt wieder ins Mannschaftstraining ein. Aber irgendwann muss man auch die Chance bekommen, sich zu beweisen. Wenn du ein Jahr verletzt bist, muss der Verein wissen, dass es nicht von heute auf morgen geht. Wenn man sich mal ganz brutal die Statistiken anschaut, stellt man fest, dass ich die wirklich faire Chance nie bekommen habe. Das klingt nach Wehleidigkeit, aber es ist die nackte Wahrheit.